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Die Lady mit der Lanze

Die Lady mit der Lanze

Titel: Die Lady mit der Lanze
Autoren: Jocelyn Kelley
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hineinzugelangen.«

3
    Der dunkelhaarige Mann riss erschrocken den Mund auf. Noch nie in ihrem ganzen Leben war Elspeth so enttäuscht gewesen. Ohne die Einmischung Tarran ap Llyrs und seiner Gefährten hätte sie unbemerkt in die Burg und wieder herausgelangen können. Die Erkundigungen, die sie auf Lord Rhys Burg in Cardigan über Llech-lafar eingezogen hatte, ohne den Grund ihres Interesses an diesem besonderen Stein preiszugeben, hatten zu viel Argwohn geweckt. Zwar hielt sie Lord Rhys, der als Fürst Deheubarth Lehensmann des Königs war, für vertrauenswürdig, war sich aber der anderen nicht so sicher. Als schließlich die Fragen der Leute praktisch zu Verhören ausarteten, hatte sie sich mitten in der Nacht davongemacht und gehofft, ihre Abwesenheit würde unbemerkt bleiben, bis es zu spät war, die Verfolgung aufzunehmen.
    Der Auftrag Königin Eleanors war ihr schon absurd erschienen, als sie sich noch innerhalb der Mauern von St. Jude’s befunden hatte, nun aber fragte sie sich, ob er nicht gar unmöglich war. Die Schriftrolle der Königin hatte die Namen jener enthalten, die ihr weiterhelfen konnten. Elspeth hatte alle aufgesucht, niemand aber hatte ihr einen Hinweis geliefert, wie sie den einen Felsstein unter den unzähligen im Land verstreuten finden konnte. Das Problem lag nicht darin, dass der verflixte Stein in Wales etwa unbekannt gewesen wäre. Er war vielmehr zu gut bekannt. Man hatte sie zu Dutzenden von Orten geschickt, an denen der weise Merlin den Stein hinterlassen haben sollte. Und immer hatte sie später erfahren müssen, dass es nicht Llech-lafar war und dass dieser mythische Stein sich anderswo befand.
    Sie setzte ihre Suche also fort und stellte Fragen. Die Zeit, die ihr noch blieb, um den Stein zu finden, wurde immer knapper. In Cardigan hatte sie gehört, dass König Henrys Rückkehr nur durch die Stürme in der Irischen See verzögert wurde. Sollte sich das Wetter bessern, würde er segeln. Sie musste Llech-lafar finden, ehe der König darauftrat und der Fluch seine Wirkung tat.
    Elspeth hatte erfahren, dass es auf Kastell Glyn Niwl eine weise Frau gäbe, die wissen mochte, wo Merlins Stein wirklich zu finden war. Elspeth hatte geplant, sich in die Burg zu schleichen, die Frau zu finden, sie auszufragen und dann wieder unauffällig zu verschwinden. Es war fraglich, ob die Waliser ihre Suche fördern würden, hätten sie geahnt, warum sie Llech-lafar unbedingt finden wollte. Kastell Glyn Niwl gehörte einem Lord der Grenzmark, einem Normannen, der sich einen einst walisischen Besitz angeeignet hatte. In seinem Haus mussten noch Waliser leben, da sich nicht alle Einheimischen in die ihnen verbliebenen Gebiete im Bergland zurückgezogen hatten.
    Alles war gut gegangen … bis Tarran ap Llyr alles verdorben hatte.
    »Ihr habt in die Burg eindringen wollen?«, fragte Tarran und unterbrach damit ihre Gedankengänge.
    »Das sagte ich doch, oder?« Elspeth bückte sich nach der zuoberst liegenden Stange. Als sein Fuß sich nicht von der Stelle rührte, erwog sie, an dem Stock zu zerren. Sie warf einen kurzen Blick auf den Falken, weil sie nicht wollte, dass er verletzt wurde. Seine leuchtenden Augen passten trotz der helleren Farbe zum kalten Blick seines Herrn.
    »Erklärt mir den Grund. Das ist das Mindeste, was Ihr tun könntet, um Eurem Lebensretter zu danken.«
    Elspeth hörte das Sirren, als ein Schwert gezogen wurde. Es juckte sie in den Fingern, den Stock einzusetzen, doch sie blieb reglos stehen. Sie ließ nur ihren Blick wandern. Der Mann, der Tarran den Falken übergeben hatte, hielt nun sein Schwert in der Hand. Würde er sie angreifen? Sie sah wieder zu Tarran, als er seinem Begleiter bedeutete, das Schwert zu senken. Der Mann gehorchte, wenn auch mit langem Gesicht.
    Weitere Fragen drängten sich Elspeth auf. Zwischen den Männern war eine geheime Botschaft ausgetauscht worden, die sie nicht verstand. Der andere schämte sich seines Verhaltens, doch hatte er recht getan, auf eventuelle Schachzüge ihrerseits gefasst zu sein. Sie wollte fragen, wer sie waren, und warum sie eine alte Frau bei sich hatten, hatte aber keine Zeit, ihre Neugierde zu befriedigen.
    Mit verschränkten Armen sagte sie: »Ihr habt mich nicht gerettet, Tarran ap Llyr. Durch Eure Schuld wäre ich fast zu Tode gestürzt.«
    »Glaubt Ihr denn wirklich, Ihr hättet durch diese Öffnung hineinklettern können?« Er musterte sie von Kopf bis Fuß. »Schlank seid Ihr zwar, doch lassen sich Eure weiblichen Formen
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