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Die Lady mit der Lanze

Die Lady mit der Lanze

Titel: Die Lady mit der Lanze
Autoren: Jocelyn Kelley
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Klatsch war. Hinter der Sorge der Königin um das Wohlergehen ihres Gemahls stand wohl ihr Wunsch, ihrem Lieblingssohn Richard den Thron zu sichern. Der König hatte zwei Jahre zuvor zwar seinen Sohn Henry zum Nachfolger erkoren, doch hatte der junge Thronfolger bislang keinen Sohn gezeugt.
    »Sprecht Ihr Walisisch, Mylady?«, fragte die Königin.
    »Früher hatte ich eine Ahnung davon, da meine Familie durch die walisischen Marken und weiter nördlich nach Wales zog, als ich ein Kind war, doch vergaß ich das Gelernte.«
    »Zweifellos wird Euch alles wieder einfallen.«
    »Zweifellos.« Sie wollte der Königin nicht widersprechen.
    »Könnt Ihr die Worte Llech-lafar übersetzen?«
    Sie kramte in ihrer Erinnerung und war erstaunt, dass sie einen Teil der Antwort wusste. » Llech heißt Stein.«
    »Sehr gut . Llech-lafar heißt ›sprechender Stein‹.« Die Königin blickte nach Westen. »Nach einer alten Weissagung, die angeblich auf den großen Zauberer Merlin zur Zeit König Arthurs zurückgeht, wird ein Mann, den die Waliser als fremden König ansehen, bei seiner Rückkehr von der Eroberung Irlands auf diesen Stein treten und den Tod finden.«
    »Glaubt Ihr, diese Geschichte könnte wahr sein? Es existieren in ganz England und den Marken unzählige Geschichten von Merlin, und viele entbehren jeder Grundlage.« Sie kannte diese Sagen aus ihrer Kindheit und hatte erst mit der Zeit begriffen, dass die meisten nur belehren und unterhalten sollten.
    Anstatt ihr darauf zu antworten, sagte die Königin: »Lady Elspeth, Ihr sollt nach Wales gehen, Llech-lafar suchen und dafür sorgen, dass der König nicht auf den Stein tritt.«
    »Ich soll einen Felsbrocken finden, der vielleicht nur eine Legende ist?«, stieß sie erstickt hervor. Jemanden mit einem so absurden Auftrag zu betrauen, sah der vernunftbetonten Königin gar nicht ähnlich.
    »So ist es.«
    »Wenn aber der König nach England segelt anstatt nach Wales …«
    »Meeresströmungen und Winde werden ihn zurück nach Wales treiben. Ihr stellt viele Fragen, während ich nur eine einzige Antwort brauche. Seid Ihr gewillt zu tun, worum ich Euch bitte, Lady Elspeth?«
    Sie verneigte sich. »Es ist mir eine Ehre zu tun, was immer Ihr fordert.« Die Worte waren leicht auszusprechen, doch hatte sie keine Ahnung, wie diese wahrhaft übermenschliche Aufgabe zu bewältigen war. Wie sollte sie unter den walisischen Klippen und Bergen einen bestimmten Felsblock finden? Sie behielt diese Frage für sich.
    »Ihr dürft nicht versagen.« Die Königin reichte ihr eine Schriftrolle. »Englands Zukunft liegt in Eurer Hand.«

2
    Die See erglühte blutrot unter den Strahlen der untergehenden Sonne, die unter einem Strich dunkler Wolken knapp über dem Horizont hervordrangen.
    »Ist das nicht wundervoll?«, fragte eine gedämpfte Stimme. »Etwas so Schönes sah ich noch nie.«
    »Das glaubst du doch nicht wirklich, Vala.« Tarran ap Llyr spähte zwischen den Bäumen, die sie umgaben, hinaus auf die See. Er hasste die Farbe Rot. Früher hatte er ihr so wenig Beachtung geschenkt wie allen anderen Farben - ehe er gesehen hatte, wie flüssiges Rot auf dem Boden seines Hauses vergossen wurde.
    Als er seinen Blick vom tiefroten Meer losriss, hörte er den Falken krächzen, der auf seiner linken Hand saß. Er hatte Heliwr aufgezogen, seit er aus dem Ei geschlüpft war, und der Vogel schien seine stärksten, dunkelsten Gefühle mit ihm zu teilen. Vielleicht weil auch das Sinnen und Trachten des Raubvogels ausschließlich der Jagd und Beute galt.
    Tarran zügelte sein Pferd, um sich dem Schritt der alten Frau anzupassen. Ihre Brauen waren fast so weiß wie ihr Haar, ihr mondförmiges Gesicht war vom jahrelangen Leben an den Küsten der westlichen See zerfurcht. Obwohl der Nachmittag warm war, trug sie einen voluminösen Umhang aus schwarzer Wolle über einem gleichfarbigen Gewand.
    Vala lachte. Ihre Aufregung war mit jeder Meile, die sie nach Süden und Westen zogen, gewachsen, wie sie nicht verhehlen konnte. Warum auch? Nicht viele Frauen ihres Alters zogen durch ganz Cymru, um bei ihrer Enkeltochter Aufnahme zu finden. Dennoch sah er ihr an, wie jede zurückgelegte Meile schwer auf ihr lastete.
    »Ich glaube es wirklich«, antwortete sie mit ihrer sanften Stimme. »Ich hörte Cymrus Schönheit von jenen preisen, die vor uns das Land durchzogen. Nun möchte ich jedes einzelne Bild auskosten, um mich an den Erinnerungen immer wieder erfreuen zu können.«
    Tarrans Freund Seith ap Mil trieb
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