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Die Lady mit der Lanze

Die Lady mit der Lanze

Titel: Die Lady mit der Lanze
Autoren: Jocelyn Kelley
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sein Pferd an, um an seiner Seite zu reiten. Tarran nickte Seith zu, der mit seiner hellroten Tunika und dem tiefblauen Umhang so farbenfroh wirkte wie die Blumen auf der Wiese. Sogar seine Strümpfe, nach langem Ritt so staubig wie jene Tarrans, prangten noch immer in einem grotesken Grün und ließen seine runden Waden wie Zwiebelknollen aussehen. »Glaubst du, dass wir bei dem Herrn der Burg, die hinter diesen Bäumen sein soll, um Herberge bitten können?« Seith strich mit seiner Hand über seinen ausladenden Leib. »Ich würde ein Mahl, das ich nicht selbst zubereiten muss, sehr zu schätzen wissen.«
    »Bislang hast du aber nichts zurückgewiesen, was wir fingen.«
    »Unsere Fastenspeisen bestanden ausschließlich aus Fisch und etwas Brot, während Heliwr sich Hasen und hin und wieder ein Waldhuhn schmecken ließ.«
    »Beneidest du meinen Falken?«
    »Nein, weil wir vor Aschermittwoch zu oft Wild hatten. Manchmal wünscht ein Mensch sich aber etwas Feineres, etwa Hühnchen am Spieß oder eine Lammkeule.«
    Vala lachte. »Tarran, es sieht aus, als wärest du unter uns der Einzige, der das raue Leben vorzieht.«
    Kopfschüttelnd trieb Tarran sein Pferd an, während er gleichzeitig die Fußriemen seines Falken fester umfasste. Sein Pferd verfiel in Trab.
    Hinter sich hörte er Seith fragen: »Was habe ich nun Falsches gesagt?«
    Tarran schuldete seinem Freund eine Entschuldigung. Später würde er dafür sorgen, dass Seith sie bekam. Seith war ihm treu geblieben, als Tarran einen solchen Freund nicht verdiente. Doch Seith konnte nicht verstehen, weshalb Tarran die Ruhe des Alleinseins und die Gesellschaft einiger weniger Freunde einem großen Haus vorzog, in dem sich immer jemand fand, der etwas sagte, das die Erinnerungen wachrufen würde, die er zu verdrängen versuchte. Bislang war es ihm nicht geglückt, denn das Rot des Sonnenunterganges hatte einen Schmerz in ihm geweckt, so heftig, als wäre er derjenige, der erstochen worden war.
    In den Schatten unter den Bäumen hielt sich noch die Feuchte des vergangenen Winters. Bereit, die Klinge bei Bedarf zu ziehen, befingerte er die Gravuren am Griff. Stellen im dunklen Schatten wie diese lockten Halunken an. Während sie durch den Wald ritten und einen breiten, munter dahinfließenden Fluss überquerten, verstummten hinter ihm die Männer und Vala. Im fernen Westen Cymrus gehorchten den englischen Gesetzen nur jene, die etwas zu gewinnen glaubten, wenn sie sich der Autorität des Königs beugten.
    Tarran atmete auf, als sie Minuten später wieder in den Sonnenschein hinaustraten. Ein Angriff würde nicht ohne Vorwarnung kommen, und er bezweifelte, ob jemand so kühn sein würde, sie in Sichtweite der Burg zu attackieren. Banditen würden Vergeltung von innerhalb der Mauern fürchten, die den viereckigen Turm umgaben. Und der Gebieter der Burg wäre ein Narr, Reisende auf seinem Lehensgebiet anzugreifen, da dieses Vorgehen den Zorn des Königs auf ihn lenken konnte.
    Die Burg auf der Anhöhe wirkte klein im Vergleich zu dem weiten, über ihren Wehrgängen aufragenden Bergpanorama. In einem dunkleren Grau als das nackte Gestein des Gebirges thronte Kastell Glyn Niwl auf einer von Bäumen gerodeten Fläche. Bei näherer Betrachtung sah man, dass die Mauern von scharfem Gestein gesäumt wurden. Kein Grün milderte die Grundfesten, da es leicht brennbar war und Eindringlingen Deckung bot.
    Aus einer engen Maueröffnung hing eine Frau.
    Tarran wollte seinen Augen nicht trauen. Das konnte nicht sein … und doch war es so! Eine Frau hing aus der schmalen Öffnung. Schlanke Beine baumelten an der Wand und traten wild um sich, während die Frau verzweifelt bemüht war, mit den Zehen Halt im Mauerwerk zu finden.
    Er trieb sein Pferd zu einem wilden Lauf bergauf an, während er gleichzeitig die Riemen umfasste, die seinen Falken auf seiner Linken festhielten. Heliwr krächzte und bereitete sich auf den Moment vor, da Tarran ihn in die Höhe entlassen würde. Tarran ließ den Vogel nicht los, als er unter der Frau anhielt. Als er drei Stangen auf den Felsen liegen sah, fragte er sich, wozu sie dienen mochten, wandte aber rasch seine Aufmerksamkeit der über ihm hängenden Frau zu.
    Er streckte seine rechte Hand aus. Ihre Füße befanden sich außerhalb seiner Reichweite. Sich in den Bügeln aufrichtend, presste er die Beine an die Flanken des Pferdes, das prompt scheute und von ihm mit ein paar halblauten Worten beruhigt werden musste. Auch als er hinter sich Hufschlag und
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