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Die Lady mit der Lanze

Die Lady mit der Lanze

Titel: Die Lady mit der Lanze
Autoren: Jocelyn Kelley
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er, ohne sie anzusehen. »Aber sie erklärt eines nicht.«
    »Was denn?«
    »Warum diese Türen keine Schlösser haben.« Er trat von der Tür zurück und schob den Schrank davor. »Ich möchte heute Nacht nicht gestört werden.«
    Sie war so glücklich wie nie zuvor in ihrem Leben, als er ans Bett trat. Er setzte sich neben sie und strich mit den Fingerspitzen über ihre Wange.
    Unwillkürlich zuckte sie zusammen. Er hob die Hand, doch sie griff danach. »Berühre mich. Ich möchte dich hier bei mir haben.«
    »Und ich möchte hier bei dir sein. Ich möchte mehr von diesen Ladys von St. Jude’s Abbey hören.« Er zog ihr die Schuhe aus und stellte sie neben das Bett. »Aber erst am Morgen. Heute Nacht brauchst du Ruhe, damit du gesund wirst.«
    »Bleib bei mir, Tarran.«
    »Ja. Ich werde dasitzen und mit dir reden, bis du einschläfst.«
    »Nein, du sollst nicht sprechen. Vala sagt, du könntest schön singen. Sing mir vor.«
    »Ein Wiegenlied?«
    »Nein, singe mir die Geschichte eines eurer Sagenhelden vor.« Sie lachte. »Aber nichts von Merlin und seinem Zauberstein.«
    Er nickte und zog seine Stiefel aus. Er streckte seine Beine neben ihr aus und zog Elspeth an seine Brust. Sie fragte sich, warum sie gedacht hatte, das Bett wäre für sie beide zu schmal. Er fing an zu singen, von Fürst Pwyll, der als König Arawn verkleidet den schlimmsten Feind des Todes besiegte.
    Sie ließ sich von seiner wundervoll warmen und wohltönenden Stimme in jenes verzauberte Land entführen, in dem alles möglich war … sogar, dass er sie ihr Leben lang liebte.

22
    Der Wind blies Wasser horizontal über die Ebene hinter den Klippen, doch es regnete nicht stark. Die Feuchtigkeit war vor allem Meeresgischt, die einen Nebel schuf, der an allem und jedem haftete. Mit tief gebeugten Schädeln trotteten die Ochsen auf die Klippen zu.
    Elspeth zog ihren Mantel fester um sich. Wassertropfen stachen sie wie Nadelspitzen in die Wangen, weil die Windstöße ihr immer wieder die Kapuze vom Kopf rissen. Sie stützte sich schwerer auf ihren Stock.
    »Langsamer!«, rief Tarran von der anderen Seite des Karrens. Seine Stimme war leise wie ein Geflüster neben dem Donnern der Brandung, die auf das Stück Strand unter den Klippen vom Wind gepeitscht wurde.
    Seine Schultern waren gerade, denn selbst der stärkste Wind vermochte ihn nicht zu beugen. Das Haar vom Wind zurückgeweht, Heliwr auf seinem linken Arm, hätte er ein Held aus einer alten Sage sein können. Ein Mann, ungebeugt von den Prüfungen, die die alten Götter ihm immer wieder auferlegten. Er war nicht ungeschoren davongekommen. Als sie von Pembroke aus nach Süden die spärlich besiedelte, in die Severn Sea ragende Halbinsel durchzogen, hatten ihn keine Albträume heimgesucht, doch fragte sie sich, ob sie ihn jemals für immer verschonen würden, ehe er nicht sein Gelübde eingelöst hatte.
    Als der Karren unweit des Steilhanges anhielt, spannte Seith die Ochsen aus und führte sie fort, während Kei und Gryn die Deichseln an der Vorderseite packten und darangingen, das Gefährt rücklings zum Klippenrand zu schieben.
    Kaum war der Karren an Ort und Stelle, lehnte sie ihren Stock an seine Seite und ging zu Tarran, der ein Stück weiter dastand. Er streckte den Arm aus, um sie aufzuhalten, als sie näherkam. Sie verstand warum, als sie die schroffen Klippen in einem abgezirkelten Halbkreis vor sich sah. Der Boden fiel ab, als hätte ihn jemand mit einem schweren Messer abgeschnitten und dabei Krümel hinterlassen, die ins Meer gefallen waren. Diese Krümel waren Blöcke, neben denen Llech-lafar sich klein ausnahm.
    »Wir sind bereit«, sagte sie.
    »Wir können den Stein jetzt nicht hinunterkippen.« Er deutete auf die Blöcke. »Pilger.«
    Elspeth erspähte Gestalten, die sich auf einem Teilstück des Abhangs hinunterbewegten. Sie konnte nicht unterscheiden, wie viele Menschen knapp unter der flachen Hochfläche versammelt waren, da sie in den Nebelschwaden verschwammen. »Wie lange halten sie sich hier auf?«
    »Ich weiß es nicht, aber der Stein muss im Karren bleiben, bis sie die heilige Quelle verlassen.«
    Sie warf einen Blick hinter sich. »Falls Druces Mann uns folgt, kann er sich überall im Nebel verbergen.«
    Er legte die Hand auf den Griff seines Schwertes. »Wir sind sehr gut vorbereitet.« Während er den anderen Arm um ihre Schultern legte, sagte er: »Was von St. Govan’s Chapel übrig blieb, ist dort.«
    Sie war erstaunt, als sie sah, dass Gras um das wuchs, was
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