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Die Lady mit dem Bogen

Die Lady mit dem Bogen

Titel: Die Lady mit dem Bogen
Autoren: Jocelyn Kelley
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Königin. Die Männer äußerten Protest und wandten ein, dass keine mit nur einem Bogen bewaffnete Frau es geschafft hätte, sie zu töten, doch gebot sie ihnen mit einem Winken zu schweigen. »Gebt Antwort, Lady Mallory.«
    »Ich wollte ihnen nur einen Grund liefern zu bereuen, dass sie sich um die Abtei herumtrieben.«
    »Ist das ein Verbrechen, das den Tod verdient?«
    Sie schüttelte den Kopf, war aber nicht sicher, ob die Königin es sehen konnte, und fügte hinzu: »Ich zielte auf seine Mütze.« Sie wies mit der Hand auf den Mann, der sie finster anblickte.
    »Ihr hättet das Ziel verfehlen können.«
    »Das hätte ich, doch ist es selten der Fall.«
    »Ihr brüstet Euch damit?« Die königlichen Brauen hoben sich bis zum Rand des dunklen Schleiers, der ihr Haar bedeckte. »Von den Schwestern dieser Abtei erwarte ich keinen Stolz.«
    »Es ist eine Tatsache.«
    Die Königin lächelte kühl, gebot aber den Männern, unter denen sich Murren erhob, Schweigen. »Eine Tatsache, die des Beweises bedarf, um mich zufriedenzustellen.«
    Mallory schluckte schwer. Welche Probe forderte die Königin?
    »Wenn ich auch sehr erfreut bin, dass Ihr so wachsam und beherzt seid, wie man mir sagte«, fuhr Königin Eleanor fort. Sie drehte den Kopf zur Äbtissin.
    Die Bewegung wurde als Befehl aufgefasst, da die Äbtissin eilig vortrat. Ihre Körperfülle ließ vermuten, dass sie weich und nachgiebig war, in ihrem Falle eine Täuschung. Sie erwartete viel von sich und von allen im Kloster, und sie fühlte sich nur Königin Eleanor und Gott verantwortlich.
    In dieser Reihenfolge. »Diese Lady hat sehr wohl gelernt, auf alles Ungewöhnliche in der Abtei zu achten«, lobte die Königin.
    Die Äbtissin legte sanft eine Hand auf Mallorys Arm. »Die wenigen mit uns verbrachten Jahre nutzte sie, um jedes vorhandene Können zu verfeinern und sich mit Feuereifer alle anderen Disziplinen anzueignen.«
    »Ich nehme an, dass meine vertrauenswürdigsten Begleiter in der Abtei willkommen sind«, sagte die Königin mit vollendeter Höflichkeit.
    In Mallory mischten sich Staunen und Bewunderung darüber, mit welcher Selbstverständlichkeit Königin Eleanor die ungewöhnliche Situation meisterte. Sie benahm sich, als säße sie auf einem Thron in ihrer Halle und würde sie empfangen. Hätte Mallory nur halb so viel Haltung besessen, wäre sie vielleicht imstande gewesen, zu Hause zu bleiben und mit anzusehen, wie ihr Vater seine Geliebte ehelichte, die schon vor dem Tod ihrer Mutter ganz offen sein Lager geteilt hatte. Dann aber wären ihr die Möglichkeiten entgangen, die sich ihr hier in St. Jude’s Abbey boten.
    Wieder schluckte sie schwer. Dass die Königin gekommen war und sie mit ›Lady Mallory‹ anredete, konnte nur bedeuten, dass sich Königin Eleanor einer Aufgabe gegenübersah, die die Mitwirkung einer der Schwestern erforderte … die Mallorys Mitwirkung erforderte.
    »Wir heißen jeden willkommen, der die Abtei in friedlicher Absicht aufsucht«, erwiderte die Äbtissin mit einem Lächeln. »Wenn Euch Hunger oder Durst plagen, Gentlemen, dann sagt es nur, und man wird Euch Essen und Wein bringen.«
    »Ihr seid großzügig wie immer.« Das Lächeln der Königin wirkte nun echter, als sie die im Dunkel verharrenden Männer heranwinkte. »Kommt und stellt Euch der Äbtissin von St. Jude’s Abbey vor.«
    Nacheinander traten die Männer nun ins Licht der Fackel. Die ersten vier waren muskulös und dunkelhaarig und einander äußerlich so ähnlich, wie Landsleute nur sein konnten. Ihre Kleidung, eleganter als die in England übliche, wies sie als Untertanen der Königin aus dem Poitou aus, dem Landstrich neben Aquitanien. Einer nach dem anderen stellte sich vor.
    »Porteclie de Mauzé.«
    »Folques de Matha.«
    »Guillaume Mangot.«
    »Hervé le Pantier.«
    Alle neigten das Haupt vor der Äbtissin. Zugleich warfen sie einen verstohlenen Blick in Mallorys Richtung und beäugten sie, wenn sie sich von der Königin unbeobachtet glaubten.
    Der letzte Mann wartete, bis die anderen mit der Begrüßung fertig waren, ehe er aus dem Dunkel in den Fackelschein trat. Er war derjenige, der vorgetreten war und gesagt hatte, sie solle den Bogen senken, deshalb war sie neugierig, warum er sich zurückgehalten hatte, während die anderen ihre Namen nannten. Sein Gewand war aus rotem Tuch, wie nur ein edler Lord es sich leisten konnte. Sein Umhang, der Spuren von Reisestaub aufwies wie die Mäntel der anderen, war mit Bordüren aus Goldfäden verziert, so
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