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Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Sebastian Fleming
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überfallen und Madonna Isabella entführt. Wenn Ihr etwas von der tadellosen Frau gehört habt, so teilt es bitte dem Überbringer des Briefes mit. Seid aber vorsichtig, denn bedenkt, man schreckte vor der Gewalttat nicht einmal innerhalb der heiligen Mauern zurück. Mehr möchte ich nicht schreiben, Ihr wisst selbst gut genug, was das heißt. Ich empfehle mich Eurem Wohlwollen, Eminenz.
    In tieferBewunderung
    Cavaliere Giorgio Vasari.«
    Obwohl er es bei Andeutungen belassen hatte, hatte er dem Briefbogen dennoch mehr anvertraut, als es klug gewesen wäre. Dem Gesellen schärfte er ein, auf Antwort zu warten und währenddessen Vasaris in Rom zurückgelassene Gehilfen zusammenzurufen. Gemeinsam mit ihnen sollte er die Sachen des Architekten aus dem Belvedere holen und den ganzen Palazzo nach einem Buch absuchen, dem »Buch der Baumeister«. Da der Geselle weder lesen noch schreiben konnte, malte der Architekt ihm die Schriftzeichen auf, sodass er sie mit dem Titel des Buches vergleichen konnte. Er beschwor ihn, zu seiner eigenen Sicherheit niemandem zu sagen, dass er dieses Werk suche oder bei sich trage und es auch niemandem zu zeigen, wenn ihm sein Leben lieb sei. Mit bangen Hoffnungen schaute er dem Gesellen nach, bis er längst hinter der nächsten Straßenecke verschwunden war. Giorgio Vasari starrte ins Leere.
    »Ist alles in Ordnung mit dir?«, fragte Cosina beunruhigt.
    »Wie? Ach so. Ja, ja«, sagte er wenig überzeugend. Dann sah er sie traurig und hilflos an. »Ach, Cosina, hätte ich doch niemals die Aufgabe angenommen, am Haus unseres Herrn Petrus zu arbeiten. Es wird meine Gruft«, setzte er finster hinzu.
    Cosina bekreuzigte sich erschrocken, doch all ihre Versuche, mehr von ihm zu erfahren, scheiterten. Er wollte sie nicht einweihen.
    »Besser, du weißt nichts. Sorge dich nicht. Dir passiert nichts. Der gute Herr Francesco wird dich und vielleicht auch mich schützen.«
    Seit der Geselle sich auf den Weg gemacht hatte, fieberte Vasari seiner Rückkehr entgegen. Indes vergeblich. Er blieb ebenso aus wie die Antwort des Kardinals. Es trieb Vasari dazu, einen zweiten Brief zu verfassen, aber er wagte es nicht. Stattdessen begann er, Fechtunterricht zu nehmen.
    Nach den allmorgendlichen Fechtstunden bestieg Vasari das Gerüst in der Kuppel des Domes und arbeitete wie ein Wahnsinniger, um die Laterne mit Heiligen, Propheten, mit Königen und den vier Evangelisten zu bevölkern. Unerbittlich trieb er sich und auch die Gesellen und Lehrlinge an. Seine Arbeit hatte etwas Verbissenes und Trostloses, denn ihn verfolgten die misstrauischen und auch feindseligen Blicke vieler Florentiner, die es als Sakrileg empfanden, dass er die erhabene Wirkung von Brunelleschis weißem Kuppelinnenraum durch Farben zerstörte. Er wies den Gedanken zwar weit von sich, wusste aber tief in seinem Inneren nur zu gut, dass die Leute recht hatten.
    Sich in die Arbeit zu flüchten und die unangenehme Wirklichkeit zu verdrängen, gelang ihm diesmal nicht. Das Unglück blieb Vasari auf den Fersen, ganz gleich, wohin er ging und was er unternahm. Es lauerte selbst in der Arbeit, bereit, ihn jederzeit zu töten. Zum ersten Mal in seinem Leben jubelten ihm die Menschen nicht zu, sondern empfanden das, was er tat, als Frevel, als Anschlag auf Filippo Brunelleschi persönlich. Er hatte das Gefühl, dass ihm alles misslang und er sich nur fester in den Fußangeln der Gefahr verfing. Sein Glück hatte ihn verlassen, Fortuna sich verabschiedet, ihr Rad sich grausam weitergedreht.
    Nirgendwo gelang es ihm, einen Funken Hoffnung auf Rettung auszumachen. Wenn, ja, wenn … Wenn er nur gewusst hätte, ob der geheime Bund der Fedeli d’Amore, dem einst Dante und später Leonardo angehört hatten, noch existierte! Dann würde er sich an die Brüder wenden, die ihm mit Sicherheit helfen würden, wenn sie noch im Verborgenen wirkten. So viel er inzwischen auch über sie hatte herausfinden können, er hatte doch keinen Bundesbruder je persönlich kennengelernt. Es schien, als sei ihre Macht zerbrochen und die diskrete Vereinigung längst zerstört.
    So blieb Vasari nur übrig, sich täglich bei Borghini zu erkundigen, ob er etwas über Isabella in Erfahrung gebracht hatte. Eilte er nach Feierabend mit einer fast aberwitzigen Hoffnung zu dem Freund, schlich er deprimiert wieder fort. Isabella di Vignola blieb wie vom Erdboden verschluckt. Er fühlte sich schuldig gegenüber der jungen Frau, die Teil seines Unglücks geworden war. Er kehrte mürrisch
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