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Die Kunstjaegerin

Die Kunstjaegerin

Titel: Die Kunstjaegerin
Autoren: Elis Fischer
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und den dazu passenden Flughafen neben dem Sportplatz. Da war das Gemälde schnell vergessen.«
    Theresa lächelte beim Gedanken an die unzähligen, ständig neuen Ideen und Projekte ihres Vaters. Langweilig war es im Hause Heller nicht einen Tag gewesen.
    »Falls er ihn je gesehen hat, ist die Erinnerung an den Zettel mit der Zeit verblasst. Wie so vieles in den letzten Jahren.« Traurig betrachtete ihre Mutter ein gerahmtes Foto. Es war die letzte Aufnahme  ihres  Vaters,  bevor  der  Gehirntumor  seine  Persönlichkeit geraubt und ihn in seinem Körper eingesperrt hatte.
    Theresa ergriff ein Kuvert, das neben dem Porträt lag. »Was ist da drin?«
    »Alte Familienbilder. Ich habe ein bisschen aussortiert.
    Vielleicht kannst du sie für Dino gebrauchen.«
    Theresa steckte die Fotos in ihre Tasche, stand auf und ging durchs Zimmer. Vor dem leeren Fleck an der Wand blieb sie stehen.
    »Weißt du eigentlich, wieso er ausgerechnet dir die ›Krönung‹  vererbt hat?«, fragte ihre Mutter.
    »Nein, keine Ahnung.«
    »Als du etwa fünf warst, bist du auf einen Sessel geklettert, hast das Bild lange angeschaut und dann zu Papa gesagt: ›Der König sieht ja aus wie du‹. Er hat sich wochenlang darüber gefreut. Ich glaube, er wollte, dass du ihn so in Erinnerung behältst: als strahlenden, jungen König deiner Kindheit.«
    Gleich nachdem Theresa wieder in Wien angekommen war, zeigte sie ihrem Sohn die Schätze, die sie ihm mitgebracht hatte.
    »Und wer ist das?« Dino betrachtete eines der vergilbten Schwarz-Weiß-Fotos.
    »Meine Oma. Deine Urgroßmutter.«
    »Und das?« Er deutete auf eine zerknitterte Aufnahme mit Passepartout-Rahmen.
    »Deine Ururgroßmutter.«
    Mit offenem Mund und herausgestreckter Zungenspitze griff Dino nach ein paar anderen Bildern, die um ihn herum auf dem Wohnzimmerboden verstreut lagen, unterzog sie einer strengen Prüfung und fragte schließlich: »Und wann kommen endlich die Höhlenmenschen und die Affen?«
    Einem Lachen aus der Küche folgte Leons lapidare Antwort: »Dazwischen gab’s noch die Dinosaurier, wie deine Mutter und ich welche sind. Was ihr heute im Kindergarten schon alles lernt! Uns wurde statt Darwin noch die Genesis erzählt.«
    Theresa sagte nichts. Sie zog ein kleines Foto aus dem Stapel.
    Es zeigte ihren Vater und Ambrosius Dreiseitl: beide jung, beide lachend und jeder von beiden hatte ein Gemälde in den Händen.
    Wieso aber trug der Schulwart ihre ›Krönung‹?
    Siena, Oktober 1633
    Carissimo et illustrissimo mio amico!
    Teuerster Freund!
    Ich glaube, eine Auswirkung meines Schreibens, welches ich an Kardinal B. schickte, scheint zu sein, dass man begann, meine Angelegenheit zu behandeln, wenn auch unter der gewohnten, strengsten Geheimhaltung. Während des Fortganges wurde ich angewiesen, zurückgezogen zu bleiben, dies jedoch bei außerordentlicher Räumlichkeit und Bequemlichkeit in drei Zimmern.
    Dank  der  göttlichen  Gnade  und  dank  der  ausgezeichneten Führung des überaus gastlichen Hauses des Erzbischofs bin ich gesundheitlich wohlauf.
    Er ist auf alle mir nahezu übermäßig scheinenden Annehmlichkeiten bedacht, ich hätte es schlechter treffen können.
    Betrübt muss ich lesen, dass Euch Euer altes Leiden wieder plagt. Versucht Euch zu kurieren, auch um meinetwillen, so ich doch plane, alsbald es mir möglich sein wird, Euch bezüglich unseres Vorhabens zu treffen.
    Danke für Eure treue und unerschütterliche Freundschaft, die trotz aller Widrigkeiten unzerstörbar scheint.
    Innigst verbunden und ergeben,
    Euer G.

Kapitel 3
    Wien, Sonntag, 3. November
    Theresa sah auf die Uhr und trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad. Was war da los? Stau, am Sonntag um neun Uhr morgens?
    Ihr Freund Paul war bestimmt schon bei Wenz im Atelier. Sie hatten sich verabredet, um heute den mysteriösen Zettel mit einem von Pauls Spezialapparaten zu analysieren. Da wollte sie nicht zu spät kommen. Endlich ging es weiter.
    Ausnahmsweise fand sie sofort eine passende Parklücke. Sie stieg aus und eilte in Richtung Antiquitätengeschäft, versuchte es zumindest, aber eine Menschenmenge versperrte ihr den Weg. Ein Meer von Köpfen verdeckte die Eingangstür der Zirkusgasse 30.
    Vorsichtig schob sie sich durch das Getümmel, vorbei an ein paar älteren Damen, die auf Zehenspitzen stehend einen Blick erhaschen wollten. Dass sie noch Lockenwickler im Haar hatten und Bade-mäntel trugen, schien sie nicht zu stören.
    »Würden Sie mich bitte durchlassen? Ich
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