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Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)

Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)

Titel: Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)
Autoren: Rolf Dobelli
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zu ketten, etwa über Initiationsriten: Jugendbanden und Studentenverbindungen nehmen Aspiranten erst auf, wenn sie Ekel- und Gewaltproben bestanden haben. Die Forschung beweist: Je härter die »Eintrittsprüfung«, desto größer der nachträgliche Stolz. So spielen MBA-Schulen mit der Aufwandsbegründung , indem sie ihre Studenten pausenlos beschäftigen, manchmal bis an die Grenze der Erschöpfung. Egal, wie nützlich oder idiotisch die Hausarbeiten sind: Hat der Student seinen MBA erst mal in der Tasche, wird er ihn als essenziell für seine Karriere betrachten – weil ihm dafür so viel abverlangt wurde.
    Eine milde Form der Aufwandsbegründung ist der sogenannte IKEA-Effekt . Möbel, die wir selbst zusammengeschraubt haben, betrachten wir bisweilen als wertvoller als ein teures Designerstück. Oder selbst gestrickte Socken: Sie einfach wegzuwerfen wie ein bei H&M gekauftes Paar fällt uns schwer – selbst wenn sie schon lange ausgeleiert und aus der Mode sind. Manager, die wochenlang an einer Strategie gearbeitet haben, werden dieser gegenüber unkritisch sein. Ebenso Designer, Werbetexter, Produktentwickler, die intensiv über ihren Kreationen gebrütet haben.
    In den 50er-Jahren kamen Instant-Kuchenmischungen auf den Markt. Ein sicherer Verkaufsschlager, dachten die Hersteller. Weit gefehlt: Hausfrauen mochten die Mixturen nicht – weil sie es ihnen zu leicht machten. Erst als die Zubereitungsmethode leicht verkompliziert wurde – es musste jetzt laut Packungsangabe noch ein frisches Ei hinzugeschlagen werden –, stieg das Selbstwertgefühl der Hausfrauen wieder, und damit auch die Wertschätzung, die sie dem Convenience-Food entgegenbrachten.
    Wer die Aufwandsbegründung mal kennt, kann sich selbst zu mehr Nüchternheit zwingen. Versuchen Sie’s: Wenn immer Sie in etwas viel Zeit und Arbeit investiert haben, betrachten Sie das Ergebnis – und nur das Ergebnis – aus der Distanz. Der Roman, an dem Sie fünf Jahre gebastelt haben und für den sich kein Verlag interessiert: Ist er vielleicht doch nicht nobelpreiswürdig? Der MBA, den Sie machen zu müssen glaubten: Können Sie ihn wirklich weiterempfehlen? Und die Frau, um die Sie schon seit Jahren kämpfen: Ist sie wirklich die bessere Wahl als jene, die sich Ihnen an den Hals wirft?



WARUM KLEINE FILIALEN AUS DER REIHE TANZEN
    Das Gesetz der kleinen Zahl
    Sie sitzen in der Konzernleitung eines Einzelhandelsunternehmens mit 1.000 Filialen. Ein Berater, der im Auftrag des Finanzchefs eine Studie zum leidigen Thema »Ladendiebstahl« durchgeführt hat, präsentiert seine Ergebnisse. Groß auf der Leinwand prangen die Namen der 100 Filialen mit den größten Diebstahlsraten – in Prozent des Umsatzes. Darüber steht in dicken Buchstaben die erstaunliche Erkenntnis: »Die Filialen, in denen am meisten gestohlen wird, liegen vorwiegend in ländlichen Gebieten.« Nach einem Moment der Stille und Verwunderung ergreift der Finanzchef das Wort: »Meine Damen und Herren, der Fall ist klar. Ab sofort werden zusätzliche Sicherheitssysteme in den ländlichen Filialen installiert – diese Bauerntölpel stehlen ja offenbar alles, was nicht niet- und nagelfest ist! Kann sich das jemand erklären?«
    Können Sie? Aber sicher. Fordern Sie den Berater auf, zur Abwechslung mal die Namen der 100 Filialen mit den kleinsten Diebstahlsraten aufzulegen. Nach einer Weile hastigen Sortierens seiner Excel-Tabelle produziert der Consultant die Liste. Überraschung: Auch die von Dieben unbehelligten Läden liegen mehrheitlich in der Provinz! »Die ländliche Umgebung spielt keine Rolle«, werfen Sie mit einem Lächeln in die Runde. »Was zählt, ist einzig die Größe beziehungsweise Kleinheit der Filiale. Auf dem Land sind die Filialen tendenziell klein. Ein einzelner Diebstahl hat hier einen viel stärkeren Einfluss auf die Diebstahlsrate. Entsprechend stark schwanken die Raten auf dem Land – viel stärker als in Städten, wo wir größere Filialen haben. Meine Damen und Herren, das Gesetz der kleinen Zahl hat Sie hereingelegt.«
    Das Gesetz der kleinen Zahl ist nichts, was wir intuitiv begreifen. Darum fallen wir – besonders Journalisten, Manager und Aufsichtsräte – immer wieder darauf herein. Illustrieren wir es an einem Extrembeispiel. Betrachten wir statt der Diebstahlsrate das durchschnittliche Körpergewicht der Mitarbeiter einer Filiale. Statt 1.000 Läden haben wir nur zwei: einen riesengroßen und einen winzigen. Im großen Laden arbeiten 1.000 Mitarbeiter,
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