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Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)

Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)

Titel: Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)
Autoren: Rolf Dobelli
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würden Sie als Arzt vorschlagen? Logischerweise würden Sie auf Krankheit A tippen und somit Therapie A empfehlen.
    Angenommen, es gibt einen Diagnosetest, der im Fall von Krankheit X »positiv« angibt, im Fall von Krankheit Y »negativ«. Falls der Patient jedoch Krankheit A hat, sind die Testresultate in der Hälfte der Fälle positiv, in der anderen Hälfte negativ. Würden Sie als Arzt diesen Test empfehlen? Die meisten Ärzte, denen diese Frage gestellt wurde, empfahlen ihn – und das, obwohl die dadurch gewonnene Information irrelevant ist. Angenommen, das Testresultat ist positiv. Dann ist die Wahrscheinlichkeit für Krankheit A noch immer viel größer als für Krankheit X. Die zusätzliche Information, die der Test liefert, ist für die Entscheidung komplett nutzlos.
    Nicht nur Ärzte haben den Drang, Informationen zu sammeln, selbst wenn sie irrelevant sind, auch Manager und Anleger sind geradezu süchtig danach. Wie oft wird noch eine Studie in Auftrag gegeben und noch eine, obwohl die entscheidenden Fakten längst auf dem Tisch liegen? Mehr Information ist nicht nur überflüssig, sie kann auch nachteilig sein. Frage: Welche Stadt hat mehr Einwohner – San Diego oder San Antonio? Gerd Gigerenzer vom Max-Planck-Institut hat diese Frage einigen Studenten der Universitäten Chicago und München gestellt. 62 % der amerikanischen Studenten haben auf die richtige Antwort getippt – San Diego. Aber 100 % der deutschen Studenten haben richtig getippt! Der Grund: Alle deutschen Studenten hatten schon mal von San Diego gehört, aber nur wenige von San Antonio. Also tippten sie auf den bekannteren Namen. Den Amerikanern hingegen waren beide Städte ein Begriff. Sie hatten mehr Informationen und tippten genau darum öfters daneben.
    Stellen Sie sich die 100.000 Ökonomen vor – im Dienste von Banken, Thinktanks und Staaten – und all das Papier, das sie in den Jahren 2005 bis 2007 produziert haben. All die Unmengen an Forschungsberichten und mathematischen Modellen. Den ganzen Wust an Kommentaren. Die geschliffenen PowerPoint-Präsentationen. Die Terabytes an Information auf Bloomberg und Reuters. Der bacchanalische Tanz zu Ehren des Gottes »Information«. Alles heiße Luft. Die Finanzkrise kam und pflügte die Welt um. Keiner hat sie kommen sehen.
    Fazit: Versuchen Sie, mit dem Minimum an Informationen durchs Leben zu kommen. Sie werden bessere Entscheidungen treffen. Was man nicht wissen muss, bleibt wertlos, selbst wenn man es weiß.



WARUM SIE IM VOLLMOND EIN GESICHT SEHEN
    Clustering Illusion
    1957 kaufte der schwedische Opernsänger Friedrich Jürgenson ein Tonbandgerät, um seinen Gesang aufzuzeichnen. Beim Abspielen hörte er zwischendurch seltsame Geräusche, Geflüster, das sich wie Botschaften von Außerirdischen anhörte. Einige Jahre später zeichnete er Vogelstimmen auf. Diesmal vernahm er im Hintergrund die Stimme seiner verstorbenen Mutter, die ihm zuflüsterte: »Friedel, kannst du mich hören? Hier ist Mami.« Das war genug. Jürgenson krempelte sein Leben um und widmete sich fortan hauptsächlich der Kommunikation mit Toten via Tonbandaufnahmen.
    Ein ähnlich verblüffendes Erlebnis hatte 1994 Diane Duyser aus Florida. Nachdem sie eine Scheibe Toast angebissen zurück auf den Teller gelegt hatte, fiel ihr auf, dass das Gesicht der heiligen Maria darauf zu sehen war. Sofort hörte sie zu essen auf und bewahrte die Botschaft Gottes (also das Toastbrot) zehn Jahre lang in einer Plastikdose auf. Im November 2004 versteigerte sie den noch recht gut erhaltenen Imbiss auf eBay für 28.000 Dollar.
    Und man erinnerte sich: Schon 1978 war einer Frau aus New Mexico etwas Ähnliches geschehen, nicht mit einem Toast, mit einer Tortilla. Die verbrannten Stellen auf dem Fladen ähnelten Jesus. Die Presse schnappte die Geschichte auf, und Tausende von Menschen strömten nach New Mexico, um den Maisfladen-Heiland zu sehen. Zwei Jahre davor, 1976, fotografierte der Orbiter der Raumsonde Viking aus großer Höhe eine Felsformation, die an ein menschliches Gesicht erinnert. Das »Marsgesicht« machte fette Schlagzeilen.
    Und Sie? Haben Sie auch schon ein Gesicht in den Wolken oder die Silhouette eines Tiers in einem Felsen gesehen? Natürlich. Das ist völlig normal. Unser Hirn sucht Muster und Regeln. Mehr noch: Findet es keine, dann erfindet es sie. Je diffuser die Signale – wie beim Rauschen des Tonbandes –, desto leichter ist es, Muster hineinzuinterpretieren. Je schärfer die Signale, desto
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