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Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)

Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)

Titel: Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)
Autoren: Rolf Dobelli
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Kinderkrippen. In aller Welt kämpfen sie mit dem gleichen Problem: Eltern, die ihre Kinder nach der Öffnungszeit abholen. Der Krippenleiterin bleibt nichts anderes übrig, als zu warten. Sie kann das Kind ja nicht einfach in ein Taxi setzen. Viele Krippen haben deshalb eine Gebühr für Eltern eingeführt, die ihre Kinder zu spät abholen. Studien zeigen: Die Anzahl der zu spät kommenden Eltern nimmt dadurch nicht wie erwartet ab, sondern zu.
    Die drei Geschichten zeigen eines: Geld motiviert in diesen Fällen nicht. Im Gegenteil. Indem mir mein Freund 50 Franken zuschob, entwertete er meine Hilfe – und entwürdigte damit unsere Freundschaft. Die Bußen der Kinderkrippen transformierten das Verhältnis zwischen Eltern und Krippe von einem zwischenmenschlichen in ein monetäres. Das Zuspätkommen war jetzt legitim – schließlich bezahlte man dafür. Und das Geldangebot für ein Atomendlager wurde als Bestechung wahrgenommen, oder zumindest reduzierte es den Bürgersinn, die Bereitschaft, etwas für das Gemeinwohl zu tun. Die Wissenschaft nennt dieses Phänomen Motivationsverdrängung (englisch Motivation Crowding ). Überall dort, wo Menschen etwas aus nicht monetären Gründen tun, führt Bezahlung zum Zerfall dieser Bereitschaft. In anderen Worten: Monetäre Motivation verdrängt die nicht monetäre.
    Angenommen, Sie leiten eine Non-Profit-Unternehmung. Die Löhne, die Sie bezahlen, liegen natürlicherweise unter dem Durchschnitt. Trotzdem sind Ihre Mitarbeiter hoch motiviert, denn sie glauben an ihre Mission. Wenn Sie nun eine Art Bonussystem einführen – soundso viel Prozent Lohnzuschlag pro eingeheimste Spende –, wird genau der Motivationsverdrängungseffekt einsetzen: Die monetäre Motivation wird die nicht monetäre verdrängen. Ihre Leute werden sich keinen Deut mehr um Dinge scheren, die nicht direkt bonusrelevant sind. Kreativität, die Reputation der Firma oder die Weitergabe von Wissen an neue Mitarbeiter: All das wird ihnen egal sein.
    Wenn Sie eine Unternehmung führen, wo es keine intrinsische Motivation zu verdrängen gibt, dann ist das kein Problem. Kennen Sie einen Anlageberater, Versicherungsagenten oder Wirtschaftsprüfer, der seine Arbeit aus Leidenschaft macht? Der an eine Mission glaubt? Ich nicht. Deshalb funktionieren Boni in diesen Branchen so gut. Wenn Sie hingegen ein Start-up gründen und Mitarbeiter suchen, tun Sie gut daran, Ihre Firma mit Sinn aufzuladen – und nicht mit Geldreserven für deftige Boni.
    Und noch ein Tipp, falls Sie Kinder haben: Die Erfahrung zeigt, dass gerade junge Menschen nicht käuflich sind. Wollen Sie, dass Ihre Kinder die Schulaufgaben erledigen, ihr Musikinstrument üben oder auch mal den Rasen mähen, dann winken Sie nicht mit Geld. Geben Sie ihnen stattdessen ein fixes Taschengeld pro Woche. Ansonsten werden sich die Kleinen bald weigern, abends ins Bett zu gehen – es sei denn, Sie bezahlen etwas dafür.



WENN DU NICHTS ZU SAGEN HAST, SAGE NICHTS
    Plappertendenz
    Gefragt, warum ein Fünftel der Amerikaner ihr Land auf einer Weltkarte nicht findet, antwortete die Miss Teen South Carolina, immerhin eine Frau mit Highschool-Abschluss, vor laufenden Kameras: »Ich glaube persönlich, dass US-Amerikaner es nicht können, weil einige Leute draußen in unserer Nation keine Karten haben, und ich glaube, dass unsere Ausbildung, wie zum Beispiel Südafrika und Irak, überall so und so ähnlich, und ich glaube, dass die sollten, unsere Ausbildung hier, in den USA sollte den USA helfen, sollte Südafrika helfen, sollte Irak helfen und die Länder in Asien, damit es möglich sein wird, unsere Zukunft zu wachsen.« Das YouTube-Video ging um die Welt.
    Okay, sagen Sie, aber mit Missen gebe ich mich nicht ab. Wie wär’s dann mit dem folgenden Satz? »Das Reflexivwerden der kulturellen Überlieferungen muss nun keineswegs im Zeichen von subjektzentrierter Vernunft und futuristischem Geschichtsbewusstsein stehen. In dem Maße, wie wir der intersubjektiven Konstituierung der Freiheit gewahr werden, zerfällt der possessiv-individualistische Schein einer als Selbstbesitz vorgestellten Autonomie.« – Erkannt? Jürgen Habermas in Faktizität und Geltung.
    Die Beispiele der Schönheitskönigin und des deutschen Starphilosophen sind Ausprägungen des gleichen Phänomens: der Plappertendenz (englisch: Twaddle Tendency ). Denkfaulheit, Dummheit oder Nichtwissen führen zu Unklarheit im Kopf. Ein Schwall von Wörtern soll diese geistige Unklarheit maskieren.
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