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Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)

Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)

Titel: Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)
Autoren: Rolf Dobelli
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Sie mich bitte vorlassen? Ich bin in Eile.« In nahezu allen Fällen ließ man ihr den Vortritt. Das ist nachvollziehbar; Eile ist ein guter Grund. Überraschend waren die folgenden Versuche. Wieder wartete sie, bis sich eine Schlange gebildet hatte: »Entschuldigen Sie. Ich habe fünf Seiten. Würden Sie mich bitte vorlassen, denn ich möchte ein paar Kopien machen?« Wieder ließ man sie in fast allen Fällen vor, obwohl der Grund lächerlich war, denn jeder stand in der Schlange, um Kopien zu machen.
    Wir stoßen auf mehr Verständnis und Entgegenkommen, wenn wir für unser Verhalten einen Grund angeben. Was überrascht: Oft spielt es keine Rolle, ob der Grund sinnvoll ist oder nicht. Das ist die Begründung durch das Wörtchen »weil«. Ein Schild, das verkündet: »Wir sanieren die Autobahn für Sie«, ist komplett überflüssig, denn was sonst wird wohl auf einer Autobahnbaustelle vor sich gehen? Spätestens bei einem Blick aus dem Fenster wissen wir, was los ist. Und doch beruhigt uns die Angabe des Grundes. Umgekehrt nerven wir uns, wenn dieses »weil« ausbleibt.
    Flughafen Frankfurt, das Boarding verzögerte sich. Dann die Durchsage: »Ihr Flug LH 1234 ist um drei Stunden verspätet.« Ich schritt zum Gate und fragte die Dame nach dem Grund. Ohne Erfolg. Ich war stinksauer: eine Ungeheuerlichkeit, uns Wartende auch noch im Unwissen zu lassen! In einem anderen Fall lautete die Durchsage: »Ihr Flug LH 5678 ist aus betrieblichen Gründen um drei Stunden verspätet.« Ein komplett nichtssagender Grund, aber er genügte, um mich und die anderen Passagiere zu beruhigen.
    Menschen sind »weil«-süchtig. Wir brauchen das Wort, selbst wenn es nicht stichhaltig ist. Wer andere Menschen führt, weiß das. Wenn Sie Ihren Mitarbeitern kein »weil« geben, lässt ihre Motivation nach. Es genügt nicht, zu verkünden, der Zweck Ihrer Schuhfirma bestehe in der Produktion von Schuhen – obwohl genau das der Zweck ist. Nein, es braucht Zwecke wie: »Wir wollen mit unseren Schuhen den Markt revolutionieren« (was immer das heißt) oder: »Wir verschönern Frauenbeine und damit die Welt.«
    Steigt oder sinkt die Börse um ein halbes Prozent, wird ein Börsenkommentator niemals schreiben, was der Wahrheit entspricht: dass es sich nämlich um weißes Rauschen, also das zufällige Resultat aus unendlich vielen Marktbewegungen handelt. Die Leser wollen einen Grund, und den wird ihnen der Kommentator liefern – was er sagt, ist dabei völlig nebensächlich (besonders beliebt sind Äußerungen von Zentralbankpräsidenten).
    Werden Sie nach dem Grund gefragt, warum Sie eine Frist verpasst haben, antworten Sie am besten: »Weil ich leider noch nicht dazu gekommen bin.« Eine redundante Information (denn wären Sie dazu gekommen, hätten Sie die Frist ja eingehalten), aber eine oft akzeptable.
    Eines Tages beobachtete ich meine Frau, die schwarze Wäsche sorgfältig von blauer trennte. Das war aus meiner Sicht sinnlos, denn Abfärben ist hier, soweit ich das beurteilen kann, kein Problem. Zumindest war es das nie seit meiner Studentenzeit. »Warum trennst du Blau von Schwarz?«, fragte ich. »Weil ich’s lieber separat wasche.« Mir genügte das als Antwort.
    Fazit: Das »weil« muss sein. Dieses unscheinbare Wörtchen ist der Schmierstoff des Zwischenmenschlichen. Verwenden Sie es inflationär.



WARUM SIE BESSER ENTSCHEIDEN, WENN SIE WENIGER ENTSCHEIDEN
    Entscheidungsermüdung
    Sie haben wochenlang bis an den Rand der Erschöpfung an dem Projektpapier gearbeitet. Die PowerPoint-Folien sind poliert. Jede Zelle im Excel stimmt. Die Story-Line besticht durch glasklare Logik. Für Sie hängt alles von diesem Projekt ab. Bekommen Sie das grüne Licht vom CEO, sind Sie auf dem Weg in die Konzernleitung. Wird das Projekt abgeschmettert, suchen Sie sich besser einen neuen Job. Die Assistentin schlägt Ihnen folgende Zeiten für die Präsentation vor: 8:00 Uhr, 11:30 Uhr oder 18:00 Uhr. Welche Zeit wählen Sie?
    Der Psychologe Roy Baumeister belegte einen Tisch mit Hunderten von billigen Artikeln – von Tennisbällen über Kerzen, T-Shirts, Kaugummi bis zu Cola-Dosen. Er teilte seine Studenten in zwei Gruppen ein. Die erste Gruppe nannte er die »Entscheider«, die zweite die »Nichtentscheider«. Den Versuchspersonen der ersten Gruppe sagte er: »Ich zeige euch jeweils zwei beliebige Artikel, und ihr müsst entscheiden, welchen der beiden ihr vorzieht. Je nachdem, wie ihr wählt, werde ich euch am Ende des Experiments einen Artikel
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