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Die Kultur der Reparatur (German Edition)

Die Kultur der Reparatur (German Edition)

Titel: Die Kultur der Reparatur (German Edition)
Autoren: Wolfgang M. Heckl
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innerstädtisch der Gebrauch von Fahrzeugen über Car-Sharing-Modelle das bisherige Besitzmodell ablösen. Hier wächst die digitale Welt in Form der Verfügbarkeitssteuerung von solchen Verkehrssystemen für den Einzelnen mit der Kfz-Branche künftig näher zusammen. Eine spannende Entwicklung.
    Beim allzu verschwenderischen Umgang mit Mobiltelefonen ist meines Erachtens ein grundsätzliches Umdenken notwendig. Ich habe einen Kollegen, der stolz darauf ist, dass er mit einem sieben Jahre alten Gerät auskommt. Auf der anderen Seite ist es schon sinnvoll und äußerst angenehm, dass ein modernes Smartphone ein Navigationsprogramm und GPS bietet, z. B. für den Fall, dass ich mich als Bergwanderer im unbekannten Gelände orientieren will. Und dass eine hochauflösende (Film-)Kamera eingebaut ist. Mein persönliches Problem ist eher, dass die Vielzahl der Apps für mich so unübersichtlich wird, dass ich einzelne sinnvolle, wie z. B. einen Barcode-Leser, kaum noch finden kann. Die schiere Fülle der angebotenen technischen Möglichkeiten droht mich zu überfordern. Ich frage mich, ob die Entwicklung in einem solchen Tempo weitergehen kann. Nicht so sehr technisch, sondern die Aufnahmekapazität des Menschen betreffend. Ich glaube, es ist eine Gratwanderung und es gibt für jeden einmal den Zeitpunkt, wo ein Mehr an Möglichkeiten eines technischen Gerätes am Ende ein Weniger an Fortschritt bedeutet. Es verhält sich hier wohl ähnlich wie bei der Entwicklung einer immer weniger zu überschauenden Vielzahl von Programmen bei Waschmaschinen.
    Dass sich aber ein Telefon wie das aufklappbare Mobiltelefon RAZR von Motorola über einen Zeitraum von fünf Jahren kontinuierlich gut verkaufte, scheint heute, etwa zehn Jahre später, anachronistisch. Damals brauchte man nichts weiter als ein Gerät, mit dem man mit einem Menschen kommunizieren konnte, der nicht unmittelbar in Hörweite war. Heute sind die Geräte Fotoapparate, Filmkameras, Musikspieler, kleine Spielkonsolen, Routenplaner, Kontakthardware sozialer Netzwerke mit unendlich vielen Apps und tausend Sachen mehr – und oft nur noch nebenbei Telefone. Und nach einem halben Jahr, spätestens nach neun Monaten gelten sie als veraltet, zumindest für diejenigen, die sich über den Wechsel ihres Handys persönlich ihrer Modernität versichern. Wer von den Herstellern in diesem atemberaubenden Wettbewerb ein wenig nachlässt, kann schnell in große Absatzprobleme kommen. Die Smartphones müssen scheinbar ständig flacher werden, die Pixelzahl des Displays oder der eingebauten Kamera, die Speicherkapazität und die Prozessorgeschwindigkeit höher. Das erfordert allerdings einen erheblichen Entwicklungsaufwand, dessen Kosten die Herstellerfirmen über die Verkäufe erst einmal wieder erwirtschaften müssen. Es bleibt ihnen in diesem dynamischen, mankönnte auch sagen gehetzten Markt immer weniger Zeit, grundlegend Neues zu entwickeln. Verlierer sind dann wieder all diejenigen, die sich um den zunehmenden Rohstoffverbrauch sorgen, darum, dass immer mehr Edelmetalle, Beschichtungschemikalien, Polymere und Akkus zur Herstellung verbraucht werden. Und selbstverständlich die Energie, das Wasser und viele andere Ressourcen, die ebenfalls benötigt werden. Und selbst wenn man mit dem Recycling nachkommen würde, Energie verschlingt es auf jeden Fall, es belastet die Umwelt mit Elektroschrott und teils toxischen Abfällen.
    Vielleicht ist dies aber nur eine Momentaufnahme, vielleicht ist das Minimum der Zykluszeit bald erreicht, und die Verbraucher legen in Zukunft mehr Wert auf Langlebigkeit und definieren für sich Fortschritt und Modernität und Wohlstand neu. Einen Wohlstand, den man an Umweltbilanzen von Produkten bis zu sozialen Faktoren wie der Frage, ob ein neues Gerät unser Lebensglück wirklich erhöht, ausrichten kann. Und so gibt es Menschen, die ganz bewusst versuchen, ein möglichst altes Handy zu benutzen, und stolz darauf sind, dass sie damit noch auskommen und es noch funktioniert. Ich weiß nicht: Sind sie Konsumverweigerer, naive Nostalgiker oder doch vor allem Vorkämpfer für einen nötigen Sinneswandel? Es scheint interessanterweise sogar einen Wettbewerb zu geben, wer das älteste noch benutzbare Modell sein Eigen nennt. Das findet natürlich definitiv ein Ende, wenn z. B. ein Übertragungsstandard geändert wird, was wir schon ähnlich bei der Abschaltung der analogen terrestrischen Fernsehübertragung erlebt haben. Plötzlich wurden die Antennen auf dem
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