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Die Krone von Camelot

Die Krone von Camelot

Titel: Die Krone von Camelot
Autoren: Gillian Bradshaw
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wieder. »Der Kaiser hat gewonnen.« Aber wie konnte man das wissen?
    »Wo ist der Kaiser?« fragte ich einfach, als ein Wagen an den Ställen vorfuhr, denn dort wurden jetzt die Verwundeten hingebracht. Es war ein großer Wagen, voller undeutlicher Gestalten.
    »Er ist bei der Reiterei«, hörte ich eine Stimme sagen.
    »Er ist tot«, sagte eine andere Stimme.
    »Nein, das war nur sein Pferd - das Pferd ist unter ihm weggeschossen worden, aber er ist wieder aufgestanden.«
    »War das ein graues Pferd?«
    »Nein, er ritt einen Braunen.«
    »Das war das zweite Pferd, nachdem der Braune getötet worden war.«
    »Er war am Leben - vor dem letzten Angriff der Reiterei«, sagte eine seltsam bekannte Stimme aus dem hinteren Teil des Karrens. Ich spähte hinein und versuchte, das Gesicht auszumachen, aber ich
    konnte es nicht.
    Die Männer, die den Wagen entluden, ließen jemanden fallen, der entsetzlich aufschrie und zu schluchzen begann. »Sei still!« brüllte ein anderer wild. »Ich kann’s nicht ertragen. Glaubst du denn, dir geht es schlechter als uns anderen?«
    »Schaffen es deine Pferde zurück zum Schlachtfeld?« fragte ich den Fuhrmann.
    »Nein«, sagte eine rauhe Stimme. Der Mann beugte sich über mich, und nur sein Gesicht war als blasser Schatten in der Dunkelheit sichtbar. In seinen Augen glänzte fernes Fackellicht. »Die armen Tiere sind kaum noch den letzten Hügel heraufgekommen.«
    »Dann warte hier. Du hast einen guten Wagen. Er ist schön groß. Ich will versuchen, frische Tiere für dich zu finden.« Ich rief einen anderen Diener herüber und befahl ihm, die schwitzenden Pferde auszuschirren und dem Wagen Vorrang zu geben, wenn man frische Pferde, Maultiere oder Ochsen finden konnte. Dann ging ich in den Stall, um mir die Verwundeten anzusehen. Es schien mir, als ob solche Nachprüfungen der Sinn meines Lebens geworden wären, denn immer schrieb ich Versorgungslisten, Vorratslisten, Listen von Toten oder Sterbenden. Vielleicht würde ich eines Tages die Liste der Verdammten führen, würde in alle Ewigkeit Listen von Namen aufschreiben, von Menschen, die auch durch meine Dummheit umgekommen waren. Aber wir mußten herausfinden, wer von unseren Gefolgsleuten noch lebte, auch um den Freunden und Verwandten zu sagen, was aus unserer Armee geworden war.
    Namen - drei Bauern, die ihren nennen konnten, zwei, die es nicht konnten, ein Toter. Gwythyr ap Ereidawl, einer von der >Familie<. Einer aus dem Norden, der Artus nach Gallien gefolgt war. Und die Stimme, die so bekannt geklungen hatte, so unerwartet bekannt - und die nichts mit diesen anderen zu tun hatte?
    Diese Stimme fiel mir wieder ein. Ich wußte, woher ich sie kannte, schon ehe ich den Mann in der anderen Ecke des Stalles liegen sah. Niemand anders hatte ihn erkannt, und er war mit unseren eigenen Verwundeten im Karren hierhergefahren worden - wir hatten ja auch schon andere von der Armee des Feindes hier aufgenommen, denn Freund und Feind lagen zusammen auf dem Schlachtfeld, und nichts unterschied sie mehr. Aber ich hatte niemals erwartet, Medraut so zu sehen.
    Ich brachte meine Liste zu Ende und ging zu ihm hinüber. Er hatte mich, schon seit ich eingetreten war, beobachtet, mit diesen kalten, verächtlichen Augen.
    Ich starrte lange auf ihn hinab. Er lag flach auf dem Rücken und bewegte sich nicht unter meinem Blick. Jemand mußte ihm seinen purpurnen Mantel und seinen goldenen Schmuck gestohlen haben, aber sonst schien ihm wenig zu fehlen.
    »Du brauchst dich nicht mehr damit zu befassen, wie du mich erledigen willst, edle Dame«, sagte er endlich. »Noch in dieser Stunde werde ich tot sein. Aber es waren nicht dein kostbarer Mann und dessen Leute, die es geschafft haben. Diese Ehre ist ihnen nicht zuteil geworden.« Er lächelte wild. »Als mein treuer Verbündeter Maelgwyn sah, daß mein Heer geschlagen war und das Heer meines Vaters dezimiert, da hat er einen Dolch genommen, den ich ihm geschenkt habe, ein hübsches Ding, das in Gift getaucht war. Er hat ihn mir in den Rücken gestoßen, als ich nachsehen wollte, wo meine Männer wären. Auf diese Weise hat er also mein Erbe in der Thronfolge angetreten und ist der stärkste Bewerber um den Purpur geworden. Es hätte mir klar sein müssen, daß ich ihm nie den Rücken zudrehen konnte. aber wenigstens bleibt es mir erspart, daß mein Vater sich an meiner Niederlage weidet.«
    Ich ließ mich neben ihm auf die Knie nieder und schaute ihn an. »Und freut dich alles, was du getan hast?«
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