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Die Kristallwelt der Robina Crux

Die Kristallwelt der Robina Crux

Titel: Die Kristallwelt der Robina Crux
Autoren: Alexander Kröger
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Kristalls. Jetzt hatte Robina einen Ausblick über die gesamte „Vorderseite“ des Boliden – wie sie während der Erkundung diesen Teil des Himmelskörpers genannt hatten. Nur wenige der Riesenkristalle ragten noch über den Standort hinaus. Deutlich war auch die Wölbung zu erkennen. Wie eine elliptische flache Schale voller Diamanten, dachte sie, und sie fühlte einen Augenblick lang Freude, daß sie sich auf dieser und nicht auf der dunklen, schwarzgrauen Eisen-Nickel-Erz-Hälfte des Boliden befand.
    Links hob sich die Stufenpyramide in vielleicht vier Kilometer Entfernung ab, und im Flirren der farbigen Lichter glaubte Robina Reflexe der Kuppel zu erkennen.
    Dann begann sie systematisch Sektor für Sektor des Firmaments abzusuchen, und stereotyp rief sie ihr „Hallo, Frank!“. Sie bemühte sich, Tonfall und Abstand zwischen den Rufen beizubehalten, obwohl sie fühlte, daß sich zittrige Angst nur noch mit Mühe unterdrücken ließ. Dann war die Zeit erneut abgelaufen.
    Was jetzt? fragte sich Robina. Sie hatte sich auf die Kante zum Abgrund gesetzt, ließ die Beine baumeln und sah auf die Ebene hinunter. Dieser einzige großflächige Teil der Bolidenoberfläche, eben wie ein Spiegel, strahlte im weißen Licht, das wie von einer tief in mächtigen Glasschichten eingeschmolzenen Glühlampe ausging. Anscheinend zogen sich im Inneren Schlieren um ein Zentrum, an denen das Licht gestreut wurde. Dreißig Meter unter Robina lag das Wrack des Beibootes.
    Den nächsten Durchgang werde ich hier abwarten, nahm sich Robina vor. Sie fühlte jenes Ziehen nackter Angst in der Magengegend. Gegen diese Angst versuchte sie Argumente der Vernunft einzusetzen, die sie jedoch, kaum gedacht, in Zweifel zog. Was sollte auch die Gefährten veranlaßt haben, ohne sie zu benachrichtigen, den Standort zu verlassen? Das verletzte, wenn sich jemand der Besatzung außerhalb des Schiffes befand, einen Grundsatz der Raumfahrt – es sei denn, für die drei im Schiff befindlichen Menschen und für die REAKTOM selbst habe höchste Gefahr bestanden. Nur das allein hätte ein Verlassen des Standortes gerechtfertigt.
    Als Robina an Gefahr dachte, erinnerte sie sich des Aufblitzens vor dem Anprall, des Schubs, und dann fielen ihr die Feldanomalien ein, die es in unmittelbarer Nähe des Boliden in ungekannten Ausmaßen gegeben hatte. Es war der entsetzlichste Gedanke, der ihr durch den Kopf ging, seit sie verunglückt war.
    Wenn nun Frank nicht in der Lage gewesen war, die Anomalien zu glätten, wenn sie außer Kontrolle geraten waren? Robina stand auf. Sie wollte nicht zu Ende denken.
    Sie schritt die Plattform des Kristalls ab. Abgesehen von einigen halbmetergroßen Auswüchsen war diese Fläche eben und fiel nach rechts hinten ab. Dort lehnte sich der Koloß an ein Bündel kristallener Nadeln, die das Plateau um zehn bis zwölf Meter überragten. Dahinter begann ein Dschungel wirr durcheinanderstehender Obelisken, Nadeln, Würfel; auch amorphe, blasige Wucherungen quollen dort, und soweit das im Dämmer überhaupt auszumachen war, schienen auch metallische Kristalle eingestreut zu sein. Es leuchtete golden wie von Pyrit und schwarzsilbrig, als sei es Bleiglanz. Dazwischen drohten dunkle Schrunde und Schluchten.
    Erneut zwang sich Robina zur Ruhe, setzte sich und begann, mehr der Ordnung halber und um Zeit zu gewinnen als gegen, Hunger, zu essen.
    Das Denken ließ sich nicht abschalten. Wie schnell das geht! Hätte mir gestern, nein, noch vor Stunden jemand gesagt, daß bei einer solchen läppischen Unregelmäßigkeit gleich nackte Angst nach einem greift, ich hätte ihn wahrscheinlich ausgelacht!
    Robina dachte an die Vorbereitungen auf die Reise, an die Aufzählung theoretisch möglicher Gefahren, die zum Untergang führen können. Da wird nun geübt, werden Fallbeispiele trainiert… Wie so ganz anders ist der Ernstfall…
    Was hatte Willfart gesagt? – Nein, das war nicht Willfart, das war Donas gewesen, der Saturnfahrer aus Baikonur. „Da draußen“, hatte er gesagt, und Robina sah wieder die unnachahmliche Geste: Mit der Lin ken zog er über dem Kopf einen Halbkreis; er tat das immer, wenn er „da draußen“ sagte und den Kosmos meinte. „Da draußen muß man stets auf das Ende gefaßt sein, nicht auf das Schlimmste – nein! Denn wenn du zu denen gehörst, die nach draußen dürfen, dann bist du wer, hast Keime hinterlassen, die dein Wirken erhalten, es fortsetzen. Es ist ein Ende und irgendwo ein neuer Anfang. Freilich – für
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