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Die Krieger 2 - Der Verrat der Königin

Die Krieger 2 - Der Verrat der Königin

Titel: Die Krieger 2 - Der Verrat der Königin
Autoren: Pierre Grimbert
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dass sie es mit einer Anfängerin zu tun hatten – schlimmer noch, sie sahen schon vor sich, wie sie ihr den Bauch aufschlitzten und sie in die Gosse hinunterwarfen. Panik stieg in ihr auf, als ihr klar wurde, dass sie soeben die Gedanken ihrer Feinde gelesen hatte. Die Bilder von Schmerz und Tod, in die sie nun eintauchte, ließen sie schier durchdrehen – bis der Mann zur Rechten sich vornahm, auf ihr Bein zu zielen, und sie instinktiv zurücksprang. Dann fasste der zweite den Entschluss, mit der Schwertspitze zuzustechen. Sie brauchte nur im richtigen Moment einen winzigen Schritt zur Seite zu tun, um der Klinge auszuweichen. Sie hätte sogar ihre Waffe auf seinen ausgestreckten Arm niedersausen lassen können, wenn sie gewollt hätte. Ja, warum eigentlich nicht?
    Fiebrige Aufregung packte sie, als ihr klar wurde, dass sie auf diese Weise doch noch eine Chance hatte. Anstatt die Gedanken ihrer Gegner abzuwehren, konzentrierte sie sich nun darauf, lauschte aufmerksam, lockte sie geradezu herbei, um ihre Bewegungen im Kampf vorherzusehen. Nebenher erfuhr sie eine Fülle von Einzelheiten: ihre Namen, ihre geheimen Sehnsüchte, unter welchen Umständen sie sich der neu gegründeten Sekte angeschlossen hatten und warum sie dem Dämon dienten. Doch sie achtete nicht weiter darauf, sondern lauerte nur auf die Gedanken, die ihr die geplanten Angriffe der Männer verrieten - oder ihre Schwachstellen.
    Als sie sich nicht mehr gegen die Stimmen wehrte, ging alles wie von selbst: Noch bevor der Mann links von ihr zu einer brutalen Attacke ansetzte, wich sie bis zum Dachrand zurück und sprang in dem Moment zur Seite, in dem er sich auf sie stürzte. Sein Schrei hallte noch durch die Häuserschlucht, nachdem er in fünfzehn Schritten Tiefe aufgeprallt war.
    Der andere ließ sich nicht entmutigen, aber Eryne fühlte sich kaum noch ernsthaft bedroht. So ging es eine ganze Weile hin und her, ohne dass sich eine Gelegenheit bot, ihm den Garaus zu machen. Sie mochte ihm zwar in Gedanken voraus sein, aber die Waffe konnte sie trotzdem nicht besser führen als zuvor. Außerdem kostete es sie große Überwindung, einen Menschen kaltblütig zu ermorden.
    Doch als sie die Gesichter früherer Opfer in den Erinnerungen des Mannes sah, verlor sie jeden Skrupel. Jetzt hatte sie keine Hemmungen mehr, die Klinge in dem Augenblick auszustrecken, in dem der Mann ihr die bloße Kehle darbot. Der Goroner ging zu Boden, während ein Schwall Blut unter seiner Maske hervorquoll. Nur wenige Schritte entfernt schlug Keb seinem sechsten und letzten Gegner den Schädel ein. Die anderen flohen zur Falltür, manche waren schon im Dachgeschoss verschwunden. Plötzlich waren Schreie zu hören, und kurz darauf kam wie durch ein Wunder wieder Leben in Niss. Munter sprang sie hoch und lief auf Keb zu.
    Erleichtert ließ Eryne die Waffe fallen. Der Schmerz in ihrem Handgelenk war schlimmer geworden. Als sie die Augen hob, begegnete sie Zejabels Blick. Keine von ihnen sagte ein Wort. Dafür war es noch zu früh, denn die Schlacht auf dem anderen Dach war längst nicht vorbei.
    Sie hatten der Bestie schon zwanzig, dreißig Wunden zugefügt, aus denen das schwarze Blut in Strömen floss, doch ihre Kraft und Mordlust schien einfach nicht nachzulassen. Amanon's Lederkluft hing ihm nur noch in Fetzen am Leib, Nolans gesamter Oberkörper war blutig gekratzt, und auch Cael hatte einiges abgekommen.
    Er wusste schon nicht mehr, wie oft sich die Krallen der Kreatur in seine Haut gebohrt hatten. Die Wunden brannten wie Feuer. Es war reines Glück, dass sie den messerscharfen Zähnen bislang entkommen waren.
    Wären sie nicht zu dritt gewesen, hätte sie die Kreatur längst in der Luft zerrissen. Der Dämon war zwar viel stärker als sie, aber sein tierischer Instinkt trieb ihn dazu, sich jedes Mal zu dem Gegner umzudrehen, der ihn als Letzter getroffen hatte. So retteten Amanon, Cael und Nolan einander abwechselnd das Leben, indem sie die Aufmerksamkeit des Untiers auf sich lenkten, sobald einer von ihnen in zu großer Gefahr schwebte. Wenn es ihren Kreis einmal durchbrach und sich von hinten auf einen stürzen wollte, umzingelten die anderen es sofort wieder.
    Doch das machte sie natürlich nicht unangreifbar, und Cael spürte seine Kräfte schwinden. Irgendwann würde er eine Bewegung falsch einschätzen oder zu spät reagieren, und dieser Fehler würde ihm zum Verhängnis werden.
Wer von uns wird als
Erster Schwäche zeigen und totgebissen werden?
Diese Vorstellung
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