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Die Krieger 1 - Das Erbe der Magier

Die Krieger 1 - Das Erbe der Magier

Titel: Die Krieger 1 - Das Erbe der Magier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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ihm in seiner Studierstube die Decke auf den Kopf fiel. Schließlich lebte er seit fünf oder sechs Jahren für nichts anderes mehr! Keiner ihrer Bekannten aus gutem Hause war so fleißig wie er.
    Als sie von der Kellertreppe in die Küche traten, stellte Eryne fest, dass es bereits taghell war. Die Teller vom Vorabend standen noch auf dem Tisch.
    »Wo sind die Diener?«, fragte sie erstaunt und spürte erneut Panik in sich aufsteigen. »Sie müssten längst da sein!«
    »Ich habe Beate gebeten, sie zu verständigen«, erklärte Nolan. »Solange wir nichts Genaueres wissen, sollten sie besser nicht herkommen. Und wir täten gut daran, ebenfalls zu verschwinden. Lass uns das Nötigste zusammenpacken und ein sicheres Versteck suchen. So würde Vater es wollen.«
    Eryne warf ihm einen überraschten Blick zu. Sie sah ihren kleinen Bruder auf einmal mit ganz neuen Augen. Eigentlich hatte sie ihn als einen etwas verträumten Jungen in Erinnerung, der am Rockzipfel ihrer Mutter hing und die Nase ständig in Bücher steckte. Doch nun übernahm er das Kommando und traf trotz ihrer schwierigen Lage klare Entscheidungen. Eryne musste sich eingestehen, dass Nolan mit seinen einundzwanzig Jahren nicht mehr der kleine Junge war, der vor einer Weile das heimische Nest verlassen hatte.
    »Und was ist mit unseren Eltern? Wir müssen irgendetwas tun, um sie wiederzufinden!«
    Nolans Gesicht verdüsterte sich. »Wenn sie nicht bald wiederkommen, verständigen wir ihre Freunde aus Kaul«, sagte er schließlich. »Sie haben uns oft genug eingeschärft, dass sie die Einzigen sind, denen wir vertrauen können.«
    Eryne nickte nachdenklich, obwohl ihr der Plan nicht besonders zusagte. Wenn sie einfach abwarteten, kam für Rey und Lana vielleicht jede Hilfe zu spät. Und was hatten diese Fremden überhaupt mit der Geschichte zu tun? Was würden die Kaulaner schon ausrichten können?
    »Ich bin gerade erst angekommen, also brauche ich nur meinen Rucksack zu holen«, sagte Nolan. »Pack deine Sachen. Je schneller wir von hier wegkommen, desto besser.«
    Eryne nickte erneut und ging gedankenversunken in ihr Zimmer. Heute würden ihr weder Beate noch ihre Mutter beim Frisieren und Umkleiden helfen, und kein Bottich mit warmem Wasser wartete auf sie. Und wenn sie frühstücken wollte, blieb ihr nichts anderes übrig, als in der Küche nach Resten zu suchen, als wäre sie ein Küchenjunge, der eine Festtafel nach Essbarem absucht, nachdem die Gäste gegangen sind!
    Verzweifelt rollte sie sich auf dem Bett zusammen. Also würden sie weggehen? Aber wohin? Und wer würde dann ihre armen Eltern suchen, die wie vom Erdboden verschluckt waren?
    Das Schluchzen blieb ihr in der Kehle stecken. Sie hatte einfach keine Tränen mehr. Auf einmal kam ihr wieder der prachtvolle Ball in den Sinn, auf dem sie gestern getanzt hatte, in der Welt der Reichen und Schönen, in der es ihr nie an irgendetwas gemangelt hatte. Bei diesem Gedanken gab sie sich einen Ruck. Sie würde sich auf gar keinen Fall von ihrem Kummer überwältigen lassen, als wäre sie eine Heulsuse, die von ihrem Galan versetzt worden war! Sie musste Stärke zeigen, wie es ihrem Rang gebührte. Nicht umsonst war sie eine von Kercyan. Sie würde sich ihrer Herkunft würdig erweisen.
    Zuallererst musste sie mit Nolan sprechen. Bisher war es ihr ganz recht gewesen, dass ihr Bruder den Beschützer gespielt hatte, aber er hatte längst nicht so viele Beziehungen in der lorelischen Hauptstadt wie sie. Einige ihrer Verehrer konnten ihnen vielleicht weiterhelfen oder zumindest eine passable Unterkunft bieten, bis ihre Eltern wieder auftauchten.
    Als sie diesen Entschluss gefasst hatte, war Eryne gleich viel kämpferischer zumute. Sie riss sich zusammen, wusch sich mit eisigem Wasser das Gesicht, zog ihr Ballkleid aus und schlüpfte in eine bequemere Robe. Dann öffnete sie alle Schrankfächer, um ein paar Kleider zum Wechseln herauszusuchen.
    Kurz daraufklopfte Nolan dreimal laut an die Tür und erschreckte sie damit zu Tode. Die Auswahl der Blusen und Mäntel hatte sie so in Anspruch genommen, dass sie darüber die Zeit vergessen hatte.
    »Eryne, ist alles in Ordnung? Soll ich dir helfen?«
    »Nein, nein, ich komme gleich«, rief sie hastig und stopfte einen Stapel Unterkleider zurück in den Schrank.
    Nolan sagte nichts mehr, und nun machte sie sich ernsthaft an die schwierige Aufgabe. Trotzdem dauerte es noch eine geschlagene Dezime, bis sie ihre Kleider in einem riesigen Koffer mit eisernen Beschlägen

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