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Die Krieger 1 - Das Erbe der Magier

Die Krieger 1 - Das Erbe der Magier

Titel: Die Krieger 1 - Das Erbe der Magier
Autoren: Pierre Grimbert
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dabeihatten, wurde der Flur nur vom Mondlicht beschienen, das in unregelmäßigen Abständen durch die Fenster fiel. Sie tasteten sich so behutsam wie möglich voran und verhielten sich wie waschechte Einbrecher. In der Nähe der Wachkammern und an anderen gefährlichen Stellen pressten sie sich mit dem Rücken an die Wand. Wenn sie einen weiteren Flur erreichten, lugten sie zunächst vorsichtig um die Ecke, und beim geringsten Geräusch blieben sie stocksteif stehen. Cael fragte sich, was seine Eltern wohl sagen würden, wenn sie von seinem nächtlichen Abenteuer erfuhren. Ganz zu schweigen von seiner Großtante Corenn, die im Großen Haus arbeitete und bei der er manchmal sogar Unterricht hatte.
    Auf Corenns Rat hin hatten Yan und Leti ihren Sohn auf die beste Schule in Kaul geschickt. Der Junge hatte sich in Eza, dem Fischerdorf, in dem er aufgewachsen war, zu sehr gelangweilt und einen so wachen Verstand bewiesen, dass es ein Jammer gewesen wäre, seine Fähigkeiten brachliegen zu lassen. So hatte es zumindest seine Großtante ausgedrückt. Cael hielt sich nicht für klüger als andere. Er war auch längst nicht in allen Fächern Klassenbester. Doch er musste zugeben, dass er gern lernte. Seine Eltern waren durch die ganze Welt gereist, bevor sie nach Eza zurückgekehrt waren und sich dort niedergelassen hatten, und die Abenteuerlust, die ihre Geschichten in ihm weckten, hatte er bisher nur durch Bücher stillen können.
    Und genau das war der Grund für ihren verbotenen Ausflug. Janlin, dem pfiffigsten seiner Freunde, war es gelungen, einem der Hilfsarchivare den Bibliotheksschlüssel zu stibitzen. Falls der Unglücksrabe seinen Schlüssel nicht wiederfand, würde in einigen Tagen das Schloss ausgewechselt werden. Bis dahin jedoch hatten der Dieb und seine Komplizen freien Zugang zu allen Büchersammlungen – vor allem zu denen, die den Erwachsenen vorbehalten waren. Auf diesen Regalen reihten sich Kriegsberichte, Schauermärchen und prickelnde Liebesgeschichten aneinander – kurzum alles, was die kaulanischen Sittenwächter nicht in den Händen der Jugend wissen wollten, Cael und seine Altersgenossen aber brennend interessierte …
    Die Jungen hatten vereinbart, ein paar sorgfältig ausgewählte Bücher einzustecken und sie unter den anderen zu verteilen. Dadurch würden sie sich bei ihren Kameraden beliebt machen und sich ihre Dankbarkeit und Freundschaft sichern. Irgendwann in den nächsten Tagen würden die Bücher dann unerklärlicherweise wieder in den Regalen auftauchen.
    Cael wusste nicht, was daran verwerflich sein sollte, und so hatte er dem Plan zugestimmt. Seine Neugier zu zügeln, fiel ihm seit jeher schwer. Diese Eigenschaft, die er von seinem Vater geerbt hatte, hatte ihn schon mehrmals in Schwierigkeiten gebracht. Er hoffte nur, dass er diesmal ungeschoren davonkommen würde.
    Nachdem sie mehrere Dezillen lang durch das weitläufige Gebäude geschlichen waren und einen kurzen Schreck bekommen hatten, als sie über eine streunende Katze gestolpert waren, erreichten sie ihr Ziel. Janlin zögerte keinen Augenblick, steckte den Schlüssel ins gewaltige Schloss der Flügeltür und drehte ihn herum.
    Mit einem Kribbeln im Bauch folgte Cael ihm ins Innere. Wenn sie hinter dieser Tür erwischt wurden, drohte ihnen eine noch strengere Strafe als ohnehin schon, denn dann würden sie zugeben müssen, den Schlüssel gestohlen zu haben.
    »Wahnsinn!«, rief Janlin. »Wir haben es geschafft!«
    »Ja. Aber sei leise«, mahnte Cael.
    Er war genauso aufgeregt wie sein Freund, doch die unheimliche Atmosphäre, die in dem Saal herrschte, schüchterte ihn ein. Er kannte die Bibliothek wie seine Westentasche, schließlich verbrachte er hier einen Großteil seiner Zeit. Mitten in der Nacht und im fahlen Mondlicht wirkte sie allerdings ganz anders als bei Tag.
    Die dreißig Regale, die den ersten Saal in mehrere Reihen unterteilten, enthielten nur einen Bruchteil des Bestands. Abertausend weitere Bücher und Pergamente waren in Nebenräumen untergebracht, in die der Junge noch nie einen Fuß gesetzt hatte. Das Große Haus war nämlich viel mehr als eine Schule: Es war der Regierungssitz des Matriarchats von Kaul, und entsprechend umfangreich war sein Archiv.
    »Weißt du, wo wir hinmüssen?«, fragte Cael, obwohl er eine ziemlich genaue Vorstellung davon hatte.
    »Hier entlang, glaube ich. Komm!«
    Nachdem sie an mehreren mit Büchern vollgestopften Regalen vorbeigehuscht waren, blieben sie vor einer zweiten Tür
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