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Die Kreatur

Die Kreatur

Titel: Die Kreatur
Autoren: Dean Koontz
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dort in gebührendem Abstand von den fünf Angehörigen der Alten Rasse begraben zu werden.
    Dieses Zeremoniell war feierlicher als der Totentanz und weniger erregend. Als es endlich so weit war, dass die drei verhüllten Kadaver ordentlich nebeneinander in ihrem zukünftigen Gemeinschaftsgrab aufgereiht waren, hatte einige Mitglieder der Mannschaft bereits die Unruhe gepackt.
    Im Anschluss an diese Bestattung würde die Mannschaft, die ebenso viele Frauen wie Männer zählte, duschen, und sie würden sich gegenseitig abschrubben, bis sie sauber waren. Unter den Duschen würde der Sex beginnen, sich während des abendlichen Festmahls fortsetzen und die ganze Nacht bis kurz vor dem Morgengrauen andauern.
    Obgleich sie durch das Stampfen einen großen Teil ihrer angestauten Aggressionen losgeworden waren, stellten sie seltsamerweise häufig fest, dass ihr Zorn später mit neuerlicher Machthervorbrach und für faszinierend grausamen Sex sorgte.
    Nick mit der Hundenase bedauerte lediglich, dass die anderen das Bedürfnis verspürten, sich zu reinigen, bevor sie sich
in allen erdenklichen Kombinationen aufeinander stürzten. Er liebte insbesondere Gunny Alectos Geruch, wenn sie mit Dreck verkrustet war. Nach dem Einseifen war sie immer noch begehrenswert, aber nicht mehr ganz so sehr.
    Während Gunny mit ihrer Gerümpelraupe auf die Schiefgegangenen zufuhr, um eine Müllschicht über sie zu pflügen und sie darunter zu verbergen, wurden das freudig ersehnte Festmahl und die Orgie aus Nicks Gedanken verdrängt, als sich urplötzlich etwas Bleiches und Vielgliedriges bebend aus dem Müllfeld erhob, das eigenartiger anmutete als alles, was ihm je begegnet war. Mit der Schnelligkeit einer Spinne, aber von seinem Äußeren her eher eine riesige Collage aus menschlichen Gliedmaßen und Köpfen und Rümpfen, die total unlogisch angeordnet waren, schnappte es sich die drei Schiefgegangenen und zerrte sie hinab, hinab und aus Nicks Sicht, und das Müllfeld unter seinen Füßen erbebte.

75
    In den Händen der Barmherzigkeit war ein Epsilon namens Lester, der zur Putzkolonne gehörte, im Zentrallabor damit beschäftigt, emsig die täglichen Reinigungsarbeiten durchzuführen.
    Wenn Mr Helios sich in den Räumlichkeiten aufhielt, durfte Lester das Labor nicht putzen. Mr Helios konnte es nicht leiden, von einem Lakaien abgelenkt zu werden, der den Boden wischte und die Einrichtung abstaubte.
    Lester kam das sehr gelegen, denn in der Nähe seines Schöpfers wurde er schnell nervös.
    Da Mr Helios den größten Teil seiner Zeit innerhalb dieser Mauern verbrachte und zu unregelmäßigen Tageszeiten arbeitete,
nämlich immer dann, wenn sein gewaltiges Genie ihn dazu drängte, musste Lester seine Routinearbeiten in diesem Teil des Gebäudes täglich zu einer anderen Uhrzeit erledigen. Am liebsten ging er seiner Arbeit, so wie jetzt, in der Nacht nach, wenn sich in Abwesenheit ihres Schöpfers keiner der anderen Mitarbeiter ins Zentrallabor wagte.
    Vielleicht hätten die komplizierten und phantasievollen Maschinen, deren Zweck sein Fassungsvermögen überstieg, ihm Angst einjagen sollen, aber das genaue Gegenteil war der Fall.
    Sie surrten und gurgelten und tickten und zischten fast wie Stimmen, die tuschelnd Geheimnisse ausplauderten. Sie glucksten und piepten gelegentlich, aber ohne jede Besorgnis erregende Note. Sie stotterten und murmelten melodisch. Lester empfand diese Geräusche als wohltuend und tröstlich.
    Ihm war nicht klar, weshalb er sich davon getröstet fühlen sollte. Aber darüber machte er sich keine Gedanken, und er versuchte auch gar nicht erst, es zu verstehen.
    Lester legte überhaupt keinen großen Wert darauf, Dinge zu verstehen. Ihn interessierte nur das, was er wissen musste, um seiner Arbeit nachzugehen. Seine Arbeit war sein Leben, wie es bei seinesgleichen ohnehin der Fall sein sollte.
    Wenn er nicht arbeitete, lastete die Zeit schwer auf ihm. Manchmal saß er stundenlang da und kratzte seinen Arm auf, bis es blutete, und dann sah er zu, wie die Wunde verheilte, kratzte sie wieder auf und sah ihr beim Heilen zu, kratzte sie auf … Bei anderen Gelegenheiten zog er sich an einen ungestörten Ort im tiefsten Geschoss des Gebäudes zurück, wo Schutt herumlag, dessen Beseitigung sein Schöpfer nicht zulassen wollte. Dort stellte er sich vor eine Zementwand und schlug seinen Kopf rhythmisch dagegen, bis sich der unwiderstehliche Drang dazu wieder legte.
    Verglichen mit seiner Arbeit übte die Freizeit wenig Reiz auf
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