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Die Kreatur

Die Kreatur

Titel: Die Kreatur
Autoren: Dean Koontz
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und versuchte, nicht an das Etwas in dem Glasbehälter zu denken, als Victor aus den Händen der Barmherzigkeit nach Hause zurückkehrte, da er offenbar beschlossen hatte, doch nicht die ganze Nacht durchzuarbeiten.
    Als er sie im Salon antraf, sagte sie: »Guten Abend, mein

    Lieber. Was für eine nette Überraschung, wo ich schon glaubte, ich würde dich vor morgen nicht mehr sehen.«
    Er warf einen Blick auf das schmutzige Geschirr und sagte: »Du hast im Salon zu Abend gegessen?«
    »Ich wollte das Abendessen in einem Raum zu mir nehmen, in dem es sich gehört, Cognac zu trinken, und Christine hat gesagt, Cognac könnte ich trinken, wo ich will, und so bin ich hier gelandet. Es hat mir gut gefallen. Wir sollten demnächst einmal abends Gäste einladen und im Salon zu Abend essen.«
    »Niemand isst im Salon zu Abend«, sagte er mit scharfer Stimme.
    Jetzt konnte Erika erkennen, dass er schlecht gelaunt war, aber ein Teil ihrer Aufgaben als gute Ehefrau bestand schließlich darin, ihren Mann aufzuheitern, und daher wies sie auf einen Stuhl in ihrer Nähe und sagte fröhlich: »Warum ziehst du nicht diesen Stuhl heran und setzt dich zu mir und trinkst einen Cognac. Dann wirst du selbst sehen, wie nett man hier zu Abend essen kann.«
    Er baute sich mit finsterer Miene vor ihr auf und sagte: »Du isst nicht nur im Salon zu Abend, sondern zu allem Überfluss auch noch an einem französischen Sekretär aus dem achtzehnten Jahrhundert, der dreihunderttausend Dollar wert ist!« Die schlechte Laune hatte sich abrupt in etwas noch viel Schlimmeres verwandelt.
    Erika war verängstigt und verwirrt, hoffte jedoch, sein Herz zurückerobern zu können, indem sie sich ihm erklärte, und daher sagte sie: »Oh, die Geschichte dieses Stücks ist mir sehr wohl bekannt, mein Lieber. Was Antiquitäten angeht, bin ich recht gut programmiert. Wenn wir …«
    Er packte sie am Haar und zerrte sie auf ihre Füße, und dann schlug er ihr einmal, zweimal, dreimal sehr fest ins Gesicht.
    »So dumm und unnütz wie die anderen vier«, schnaubte er so wutentbrannt, dass seine Spucke ihr ins Gesicht sprühte.

    Als er sie von sich stieß, taumelte Erika gegen ein kleines Tischchen und warf eine zarte Porzellanvase um, die auf den Perserteppich fiel und trotzdem in Stücke sprang.
    »Es tut mir leid«, sagte sie. »Es tut mir ja so leid. Mir war nicht klar, dass man nicht im Salon zu Abend isst. Ich sehe jetzt, dass es eine Dummheit war. Ich werde mich eingehender mit der Etikette befassen, bevor ich …«
    Die Grausamkeit, mit der er sich auf sie stürzte, war weitaus schlimmer als alles, was sie bisher an ihm erlebt hatte, schlimmer als alles, womit sie für sich gerechnet hatte.
    Er schlug sie mit dem Handrücken, hämmerte mit den Handkanten auf sie ein, ließ seine Fäuste auf sie niedersausen und biss sie sogar, und sie konnte sich natürlich nicht wehren, und er verbot ihr natürlich, ihr Schmerzempfinden abzustellen. Und ihre Schmerzen waren groß.
    Er war brutal und grausam. Sie wusste, dass er sie nicht grausam behandelt hätte, wenn sie es nicht verdient hätte. Fast noch schlimmer als der Schmerz war die Scham, da sie ihn enttäuscht hatte.
    Als er sie endlich auf dem Boden liegen ließ und hinausging, blieb sie lange Zeit dort liegen und atmete flach und vorsichtig, weil jeder tiefere Atemzug zu sehr schmerzte.
    Schließlich zog sie sich so weit hoch, dass sie auf dem Boden saß und mit dem Rücken am Sofa lehnte. Aus dieser Perspektive fiel ihr voller Entsetzen auf, wie viele edle und kostbare Gegenstände mit ihrem Blut befleckt waren.
    Erika wurde klar, dass ihr brillanter Ehemann den wundersamen Fleckenlöser nicht ausschließlich für die seltenen Gelegenheiten erfunden hatte, bei denen ein Butler sich die Finger abbiss.
    Wenn sie die endgültige Erika sein wollte, würde sie aus dieser Erfahrung lernen müssen. Sie musste sich Gedanken über alles machen, was gesagt worden war, aber auch über die exakte Natur der Strafe, die ihr zuteil geworden war. Wenn sie sich
in eine gründliche Analyse dieses Zwischenfalls vertiefte, würde sie ihm gewiss eine bessere Ehefrau werden.
    Offensichtlich war aber auch, dass die Herausforderung, mit der sie es aufnehmen musste, weitaus größer war, als sie zu Beginn geahnt hatte.

74
    Die drei Schiefgegangenen wurden von ihrem Lager aus Palmwedeln auf der Ladefläche des Lasters geholt, in Laken gehüllt und dann durch den Schein der Sturmlaternen zu einer flachen Senke im Müllfeld getragen, um
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