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Die Königsmacherin

Die Königsmacherin

Titel: Die Königsmacherin
Autoren: Martina Kempff
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die Augen wirkten glanzlos, und seine Schritte klangen schwer. Er musterte die Königinmutter verwundert. »Verzeiht, Herrin, wenn ich das frage, aber wo ist das denn, zu Hause?«
    »Prüm«, gab Bertrada zurück. »Wir verlassen noch heute Saint Denis.«
    Sie hob eine Hand, so wie um einem Einwurf zuvorzukommen. »Sprich mir nicht von Vorbereitungen«, sagte sie. »Wir gehen gleich fort. Nur du und ich. Ohne Gepäck, ohne Pferde und vor allem ohne Gefolge. Ich möchte, daß du mir ein schlichtes Bäuerinnengewand, ein einfaches langes Umhängetuch und einen Weidenkorb besorgst.«
    »Ihr wollt zu Fuß nach Prüm?« fragte Teles fassungslos.
    »So bin ich vor genau dreißig Jahren schon einmal dorthin gelangt«, erwiderte Bertrada. »Und unter sehr viel schlechteren Voraussetzungen. Das weißt du doch.«
    »Das weiß ich nicht«, gab Teles zurück. »Und wovon ernähren wir uns unterwegs?«
    »Ich hoffe, daß du wenigstens das noch weißt!« gab Bertrada zurück und lachte zum ersten Mal seit Monaten.
    Das Blut schien ihr schneller durch die Adern zu strömen. Plötzlich war ihr so warm geworden, daß sie vom Feuer abrückte und ihr feines Wolltuch von den Schultern nahm.
    »Ich soll mich auf Höfe schleichen und Essen stehlen?« fragte Teles empört.
    »So wie damals, ja«, gab Bertrada vergnügt zurück. »Wir werden nachts wandern und am Tag im Schutz des Waldes schlafen. Und du erzählst mir von deinen Göttern.«
    »Verzeiht, Herrin, ich bin alt …«
    »Dann ziehe ich allein los. Ich fühle mich noch jung genug.«
    »Wir haben Frühling, und es ist sehr viel kühler als damals. Das war ein sehr heißer Sommer.«
    »Dann ziehen wir uns eben warm an.«
    Teles musterte die Königin nachdenklich.
    »Vergebt mir, Herrin, aber darf ich fragen, warum Ihr eine solchen Fußweg auf Euch nehmen wollt, was Ihr in Prüm vorhabt und was meine Aufgaben dort sein sollen?«
    »Alles befindet sich im Aufbruch, Teles, die alte Welt löst sich auf und verändert sich in rasender Geschwindigkeit. Ich möchte meiner eigenen Vergangenheit einen Besuch abstatten, herausfinden, ob es sich noch lohnt, etwas von ihr in die Zukunft hinüberzuretten. Ich möchte nicht hoch zu Roß in Prüm einreiten, sondern so demütig wie damals meinem Leben einen neuen Anfang geben.«
    Und ich möchte sehen, was mir noch an Einfluß verblieben ist, ob mein Rat noch gefragt ist. Der Welt habe ich keinen Frieden bringen können, aber vielleicht kann ich ihn endlich selbst finden. Prüm ist der einzige Ort, der ihn mir geben kann. Doch diese Gedanken teilte sie ihm nicht mit.
    Teles nickte nachdenklich. Er hatte schon befürchtet, daß sich Bertrada nach dem Bruch mit ihrem Sohn in ein Kloster zurückziehen wollte. Als ihr Referendarius hätte er ihr nicht dorthin folgen können.
    »Für dich ändert sich nicht viel«, fuhr Bertrada fort, »außer, daß du dich künftig um etwas andere Dinge kümmern mußt als bisher. Aber du wirst bald sehen, daß die Verwaltung eines kleinen Gutes die gleichen Anforderungen stellt wie die Führung eines großen Reiches.«
    »Ihr sprecht nur von Prüm, was ist mit der Burg in Mürlenbach?«
    »Die haben wir doch auch dem Kloster überschrieben. Da darf ich dem Abt nicht zu viel hineinreden. Aber natürlich werde ich gelegentlich hinreiten. Mein Zuhause ist Prüm. Jetzt mache dich bereit, ich möchte unverzüglich los.«
    »Ihr werdet aber diesmal Schuhe tragen?«
    »Ganz bestimmt!« rief Bertrada erheitert. »Ich werde sogar ein zweites Paar mitnehmen. Es ist schließlich ein weiter Weg! Nimm ein leichtes Netz mit, damit wir unterwegs Fische und Vögel fangen können. Etwas, um Feuer zu machen, brauchen wir natürlich auch. Und einen Lederschlauch.«
    »Man wird Euch vermissen, nach Euch suchen …«
    »Das wird man nicht«, gab Bertrada hart zurück. »Ich werde dem Marschalk einen Brief hinterlassen, daß ich unter fremdem Namen eine Pilgerreise angetreten habe. Das wird keiner anzweifeln, und irgendwie, Teles, ist es ja auch so etwas Ähnliches.«
    Bertrada lachte laut, als sie Teles eine Stunde später gegenüberstand. Er trug eine seidengefaßte Tunika aus feinem hellem Leinen und hatte sich einen Marderpelz über die Schultern geworfen. Seine Beine steckten in dünnen Leinenstrümpfen, die Füße in enganliegenden Stiefeln.
    »Du siehst leider immer noch wie ein Herr aus, Teles. Kein Mensch wird dich für einen armen Wanderer oder einen schwerarbeitenden Bauern halten.«
    »Ich habe keine andere Kleidung«, murrte
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