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Die Koenigin der Rebellen

Die Koenigin der Rebellen

Titel: Die Koenigin der Rebellen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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versteifte sich Lydia unter ihrer Berührung; dann, als sie erkannte, wer es war, der sich neben sie gesetzt hatte, ließ sie sich abrupt gegen sie sinken und vergrub das Gesicht an ihrer Brust. Charity fühlte sich plötzlich sehr hilflos. Sie hatte wenig Erfahrung darin, eine verzweifelte Mutter zu trösten, aber es schien Lydia schon zu genügen, daß sie da war; vielleicht einfach, weil sie eine Frau war und weil sie ihr das Gefühl gab, nicht ganz allein zu sein. Unsicher streckte sie die Hand aus, berührte Lydias kurzgeschnittenes Haar und wollte mit der anderen Hand nach dem Baby in ihrem Arm greifen, um es zu streicheln. Sie tat es nicht, als sie ins Gesicht des Säuglings blickte. Und begriff, warum das Kind so ruhig war. Seine Haut war weiß und kalt, und seine Züge so schlaff und friedlich, als schliefe es nur. Seine Augen waren weit geöffnet. Aber sie waren starr, und der Sand hatte einen hauchdünnen matten Film wie Rauhreif über seine Pupillen gelegt. Ein paar Momente lang blickte Charity mit einer Mischung aus Entsetzen und Trauer auf das Kind herab, ehe ihr bewußt wurde, daß Lydia aufgehört hatte zu weinen und sie ansah. Ihre Augen waren groß und fast so starr wie die ihres toten Kindes. Charity wollte etwas sagen, aber sie konnte es nicht. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Mühsam, mit einer Anstrengung, als koste sie diese kleine Bewegung all ihre Kraft, löste sich Lydia aus ihrer Umarmung, schob sie ein kleines Stückchen von sich fort, griff nach ihrer Hand und führte sie, so daß sie die Augen des Säuglings schließen konnte. »Es tut mir so leid«, flüsterte sie. Lydia lächelte traurig. »Sie haben ihn nicht bekommen, nicht wahr?« sagte sie. »Sie haben ihn mir nicht auch noch weggenommen.« »Nein«, antwortete Charity. »Das haben sie nicht. Und das werden sie auch nicht.« Sehr vorsichtig stand sie auf, half Lydia, sich auf der Liege auszustrecken und breitete eine der zerschlissenen Decken über ihr und dem Kind aus, die darauf lagen. Dann atmete sie tief und hörbar ein und wandte sich schließlich wieder zu Kent und den anderen um. Skudder blickte sie erschreckt an, und auch auf den Gesichtern der meisten Rebellen hatte sich ein betroffener Ausdruck breitgemacht; nur Kent wirkte zornig. Aber es war ein Zorn, der Charity schaudern ließ. Sie ging zu ihrem Platz zurück, ließ sich darauf nieder und barg für einen Moment das Gesicht in den Händen. Sie fühlte sich müde; müde und ausgelaugt und ganz plötzlich ebenfalls zornig, wenngleich es ein ohnmächtiger Zorn war. Sie versuchte vergeblich, ihn auf die drei Reiter zu konzentrieren, die Skudder und sie niedergeschossen hatten. Sie waren nur Werkzeuge gewesen; wenig mehr als Roboter, die nur durch Zufall aus Fleisch und Blut bestanden statt aus Metall und Kunststoff. Sie wollte etwas sagen, aber Kent winkte rasch ab und gab zwei seiner Männer mit Gesten zu verstehen, Lydia hinauszubringen. »Wie lange war es schon tot?« fragte Charity, als sie allein waren. »Schon seit wir sie gefunden haben«, antwortete Kent. »Wahrscheinlich schon lange vorher.« Er zuckte mit den Schultern. »Vielleicht war es auch schon tot, als sie es entführt hat. Ist vielleicht besser so. Es wäre sowieso gestorben.« Er seufzte, starrte einen Moment lang an Charity vorbei ins Leere und gab sich dann einen sichtbaren Ruck. »Aber jetzt zu euch«, fuhr er mit veränderter Stimme fort. »Ihr seid also auf der Suche nach den Rebellen.« »Nein«, antwortete Charity spöttisch. »Nicht nach Rebellen. Nach El Gurks Freunden.« Sie warf Gurk einen drohenden Blick zu. »Ich weiß nicht, was er euch erzählt hat«, sagte Kent gelassen. »Ich kenne ihn jedenfalls nicht.« »Aber ich dich!« sagte Gurk aufgebracht. »Du bist . . .« Kent machte eine fast gelangweilte Handbewegung. Einer seiner Männer packte Gurk kurzerhand im Nacken, hob ihn mit einer Hand hoch und hielt ihm mit der anderen den Mund zu. »Ihr sucht also die Rebellen«, sagte Kent noch einmal. Charity nickte. »Ich glaube, wir haben sie gefunden.« »Möglich. Die Frage ist nur, was wir mit euch machen. Woher sollen wir wissen, daß wir euch trauen können?« »Nicht schon wieder!« sagte Skudder gereizt. »Verdammt, wie sollen wir euch beweisen, wer wir sind und was wir von euch wollen? Wollt ihr vielleicht eine schriftliche Bestätigung von Daniel, daß wir nicht zu seinen Leuten gehören?« Kent lächelte, wenn auch nur sehr flüchtig. »Eine gute Frage«,
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