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Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)

Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)

Titel: Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)
Autoren: Michael Peinkofer
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Lavan dem Falken auf seinem Arm zu, riss ihm die Kappe vom Haupt und schleuderte ihn dem wehrlosen Ritter entgegen.
    Aryanwen sprang auf. »Nein!«, rief sie entsetzt, dass es von der hohen Kuppel widerhallte, doch der Falke war nicht mehr aufzuhalten.
    Wild flatternd und mit gespreizten Krallen stürzte er sich auf den Angeklagten, der instinktiv sein Schwert ziehen wollte – und ins Leere griff. Mit bloßen Händen suchte er sich daraufhin zur Wehr zu setzen, was allerdings vergeblich war. Das Flattern und Kreischen des Falken erfüllte die Kuppel, begleitet von Dermots entsetzten Schreien. Schließlich kehrte der Raubvogel wieder auf den Arm seines Herrn zurück, während Dermot auf dem steinernen Palastboden zurückblieb, leise wimmernd, die Hände auf das linke Auge pressend. Blut trat zwischen seinen Fingern hervor und troff zu Boden.
    Aryanwen stand noch immer, nicht weniger fassungslos als der übrige Hofstaat, der entsetzt und eingeschüchtert auf den geschlagenen Ritter starrte. »Was … was habt Ihr getan?«, stieß sie hervor.
    Lavan grinste nur und streichelte das Brustgefieder des Falken. »Ist ein weiterer Lehensherr des Nordens unter uns, der Ritter Dermots Meinung ist?«, erkundigte er sich.
    Niemand antwortete.
    Aryanwen eilte die Stufen des Podests hinab und kam Dermot zur Hilfe, der noch immer auf dem Boden kauerte.
    »Es … es tut mir leid«, brachte sie hilflos hervor, den Tränen nahe, »das wollte ich nicht!«
    Dermot löste eine Hand aus seinem blutüberströmten Gesicht, sodass sein verbliebenes Auge sie ansah. »Ihr … Ihr könnt nichts dafür, meine Königin«, versicherte er. »Ihr wolltet nur helfen …«
    Der kostbaren Anar-Seide ungeachtet, aus der ihr Kleid gefertigt war, riss Aryanwen kurzerhand einen Streifen von ihrem Ärmel ab und verband damit notdürftig die frisch geschlagene Wunde. Dass sie sich dabei über und über mit Blut besudelte, war ihr gleichgültig. Dann erhob sie sich und wandte sich um, blickte zu ihrem Gemahl hinauf, der dort auf dem Thron saß, den Falken auf dem Arm, fettbäuchig und selbstgefällig.
    »Ja, meine Gemahlin?«, erkundigte er sich grinsend. »Wolltet Ihr noch etwas sagen?«
    Aryanwen biss sich auf die Lippen.
    Dann wandte sie sich ab und stürzte zu dem Ausgang hinaus, der sich hinter dem Thron befand und dem Königspaar und seinen Bediensteten vorbehalten war. Weder wartete sie auf ihre Entlassung noch bezeugte sie dem König ihren Respekt, was für ein Raunen unter den Edlen sorgte – und offenbar auch dafür, dass die zur Schau gestellte Überlegenheit ihres Gemahls jäh verpuffte.
    An den plumpen, schwerfälligen Schritten, die hinter ihr durch den Gang dröhnten, konnte sie erkennen, dass der König ihr folgte. Offenbar war er nicht gewillt, die Sache auf sich beruhen zu lassen.
    An einem Fenster, durch das sie auf das scheinbar endlose Meer aus Türmen, Dächern und Kaminen blicken konnte, das sich jenseits der Mauern des Königspalasts erstreckte, blieb sie stehen. Das Trampeln folgte ihr, bis es dicht hinter ihr war.
    »Was fällt dir ein, Weib?«, blaffte Lavan sie an, keuchend vom raschen Laufen.
    Sie wandte sich um, taxierte seine feiste Gestalt. »Wo habt Ihr Euren Falken gelassen?«, stichelte sie. »Ich staune, dass Ihr es wagt, mir ohne ihn gegenüberzutreten.«
    »Du hast mich beschämt«, schnaufte er weiter, wobei Blitze aus seinen kleinen Augen zu schlagen schienen. »Vor den Augen des gesamten Hofstaats!«
    »Nein, mein Gemahl«, widersprach sie kühl, die formelle Anrede beibehaltend, »beschämt habt Ihr Euch ganz allein. Statt Gerechtigkeit und Milde walten zu lassen, habt Ihr Euch ungerecht und grausam gezeigt. Ihr seid ein schlechter Herrscher!«
    »So? Findest du?« Lavan fasste wieder Atem. »Der Ansicht bin ich nicht. Nur verschließe ich anders als Ihr meine Augen nicht vor der Wirklichkeit, sondern tue alles, was nötig ist, um das Reich zu erhalten.«
    »Euer Reich«, spottete sie.
    »Das Reich der Menschen«, verbesserte er. »Oder glaubst du, all das hier« – er deutete durch das Fenster auf das Häusermeer – »würde noch existieren, wenn ich nicht gehandelt hätte? Wenn ich Tirgaslan nicht gerettet hätte?«
    »Ihr?« Aryanwen hob die Brauen. »Ihr habt Tirgaslan gerettet?«
    »Gewiss – meinst du, Winmar hätte die Stadt verschont, wenn ich nicht gewesen wäre? Oder vielleicht dich? Wir alle können von Glück sagen, dass die Dinge so gekommen sind – und wir sollten nichts tun, was dies
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