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Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)

Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)

Titel: Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)
Autoren: Michael Peinkofer
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Angst«, sagte eine Stimme, die weder bedrohlich noch feindselig klang. Sie schien einem alten Mann zu gehören, und aus denselben unerfindlichen Gründen, aus denen er die Anwesenheit des Alten gespürt hatte, hatte er das Gefühl, diese Stimme schon einmal gehört zu haben.
    In seinem früheren, seinem anderen Leben …
    »Wenn du ein Räuber bist, dann fürchte ich, hast du dich in der Tür geirrt«, beschied Tiffor ihm. »Wir sind Einsiedler, die von dem leben, was der Wald ihnen schenkt. Bei uns gibt es nichts zu holen.«
    »Das habe ich auch nicht angenommen.« Es raschelte. Der Alte, der auf einem der beiden Felsen gesessen haben musste, die den Höhleneingang säumten, schien sich zu erheben. »Es mag euch überraschen, aber ich habe auf euch gewartet.«
    »Auf mich?«, fragte Tiffor verwundert.
    »Eher auf deinen Begleiter, mein unbedarfter Freund.«
    »Warum? Was wollt Ihr von mir?«, fragte Dag. Wie er es hasste, mit Leuten sprechen zu müssen, die er nicht sehen konnte, während sie ihn vermutlich von Kopf bis Fuß musterten.
    »Was immer du zu geben bereit bist«, erwiderte der Fremde, und noch ehe Dag auch nur fragen konnte, was der alte Mann damit meinte, fügte dieser hinzu: »Du hast dich lange genug verkrochen. Es wird Zeit, dass du dich der Vergangenheit stellst, Daghan, Sohn Herzog Osberts von Ansun. Ja, ich weiß, wer du bist – und ich kenne deine Bestimmung.«

2
    W ieder hier zu sein, an dem Ort, an dem sie aufgewachsen war und den größten Teil ihres bisherigen Lebens verbracht hatte, hätte Aryanwen eigentlich mit Trost erfüllen sollen. Doch es fühlte sich an wie Hohn.
    Der Thronsaal des Palasts von Tirgaslan erstreckte sich noch immer in ungeahnte Höhen, über denen sich die gewaltige, einst von elfischen Baumeistern erdachte Kuppel wölbte; noch immer säumten die prächtigen Säulen die Wände, noch immer sickerte das Licht in bunten Schäften durch die hohen, vielfarbigen Fenster, und noch immer stand der Elfenthron auf dem aus Marmor gearbeiteten Podest, das die Mitte des weiten Runds einnahm.
    Doch während früher zumindest noch eine Ahnung der glorreichen Vergangenheit den Thronsaal erfüllt hatte, war er inzwischen nicht mehr als eine leere Hülle, bot die Staffage für ein schlechtes Theater. Es war, als hätte man eine Esse mit Kohlen allein angefacht – ohne Glut und ohne Feuer.
    Zwar hatte das Menschenreich von Tirgaslan nach der vernichtenden Niederlage gegen die Zwerge einen neuen König bekommen, doch war dieser nur noch ein Schatten jener Herrscher, die seit den Tagen König Corwyns auf dem Thron gesessen hatten. Denn Lavan, wie der neue König hieß, war nur eine Marionette und hatte das zu tun und zu lassen, was der mächtige Zwergenherrscher ihm vorgab – und Aryanwen war die Frau an der Seite der Marionette.
    Wäre es nach ihr gegangen, wäre Aryanwen lieber gestorben, als diese Schmach zu erdulden, zumal Lavan einer jener Lehnsherren gewesen war, die sich gegen ihren Vater König Tandelor verschworen und ihn mit quälender Langsamkeit vergiftet hatten; um das Leben ihres Geliebten Daghan zu retten, hatte sie jedoch eingewilligt, Lavan zu ehelichen. Sie musste die Königin an seiner Seite mimen, um seine Herrschaft vor dem Volk zu rechtfertigen. Dennoch war in den vergangenen acht Monden kein Tag vergangen, an dem Aryanwen nicht an Dag gedacht hatte. Winmar hatte ihn blenden lassen und als blinden Krüppel ins Exil geschickt. Was weiter mit ihm geschehen war, wusste Aryanwen nicht, sie konnte nur hoffen, dass er am Leben war.
    Es war der Tag nach dem Vollmond, was bedeutete, dass der König nach alter Sitte über seine Edlen zu Gericht saß. Vergehen, die Lehensherren gegen die Krone begangen hatten, wurden vor den König gebracht, der allein über Verurteilung oder Freispruch zu befinden hatte. In der Vergangenheit hatte dieses Hofgericht dem Erhalt des Friedens und der Gerechtigkeit im Reich gedient, denn die Herrscher von Tirgaslan hatten stets weise und mit Augenmaß entschieden, ohne ihre Macht zu missbrauchen. Unter Lavan jedoch war das Gericht zur Farce verkommen, denn der König fällte seine Urteile nicht im Interesse des Reiches, sondern auf Weisung des Zwergenherrschers, und es war Aryanwen unerträglich, dass sie jedes Mal dabeizusitzen und gute Miene zum bösen Spiel zu machen hatte.
    »Wer ist der Nächste?«, erkundigte sich Lavan, der auf dem Elfenthron saß, offenkundig aber sehr viel größeres Interesse daran hatte, den Jagdfalken auf seinem
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