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Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)

Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)

Titel: Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)
Autoren: Michael Peinkofer
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Oberfläche trug? Oder wenn der Tunnel einstürzte und ihm den Rückweg versperrte, was dann? Instinktiv griff er nach dem Hebel, um die Fahrt abermals zu verlangsamen, als er erneut die Stimme vernahm.
    »Nicht mehr lange«, sagte sie. »Der Augenblick der Wahrheit steht bevor …«
    »Ich komme, Meister, ich komme zu Euch«, erwiderte Winmar beflissen, nun nicht mehr der mächtige König, unter dessen Herrschaft Erdwelt erzitterte, sondern der willfährige Diener.
    Ob es sein eigener Wunsch war, der ihn antrieb, oder ob er einem fremden Befehl folgte, wusste er nicht zu sagen, und es machte auch keinen Unterschied. Winmar diente der Stimme. Er brauchte sie, so wie er die Luft zum Atmen brauchte, und er war begierig darauf, ihr endlich von Angesicht zu begegnen. Macht wartete dort in der Tiefe auf ihn, grenzenlose Macht – und womöglich noch mehr.
    »Komm zu mir!«
    Die Gier des Zwergenherrschers steigerte sich in körperliches Verlangen. Winmar hatte in seinem Leben viele Frauen gehabt, Sklavinnen, die ihm zugeführt worden waren, um seine königliche Lust zu befriedigen, aber nicht eine von ihnen hatte er auch nur annähernd so begehrt wie diese Zusammenkunft. Er wollte es ergründen, dieses letzte Geheimnis, das die Welt für ihn noch bereithielt, und wenn er seinen Grund und Ursprung erfahren hatte, sollte es ihm gehören, ihm ganz allein!
    Wie lange die Fahrt in die Tiefe dauerte, wusste der Zwergenkönig nicht zu sagen – jedes Gefühl für Raum oder Zeit war ihm abhanden gekommen. Als aber der Lichtschein der Laterne das Ende des Stollens erfasste, betätigte er die Steuerung, wie Ansgar es ihm gezeigt hatte. Sofort verlor die Maschine an Fahrt und wurde langsamer, kam schließlich zum Stehen.
    »Komm zu mir!«
    Mit bebenden Händen und Knien erhob er sich, entriegelte das Visier und schob es nach oben. Dann hob er seine Leibesfülle aus dem Steuersitz und verließ das Gefährt. Mit weichen Knien schritt er zum Ende des Schienenstrangs. Es war heiß hier unten, und die Luft war durchsetzt von giftigen Dämpfen. Lange würde er nicht bleiben können, das stand fest. Aber hoffentlich lange genug, um zu erfahren, was er wissen wollte.
    Winmar sog nach Luft, als er an der Felswand, die das Ende des Stollens bildete, eine dunkle Gestalt erblickte – nur um sich einen Augenblick später einen furchtsamen Narren zu schelten, denn es war sein eigener Schatten, den der Schein der Grubenlaterne warf. Der Zwergenkönig wankte seiner Silhouette entgegen, die immer größer wurde, je weiter er sich ihr näherte. Dabei breitete er die Arme aus, am ganzen Körper zitternd vor Erwartung, bereit, sich der Stimme zu stellen und zum Ursprung ihres Geheimnisses vorzudringen.
    Hierher hatte sie ihn gelockt, an den tiefsten Ort des Reiches. Hier wartete sie auf ihn.
    »Komm zu mir, mein Diener.«
    »Aber ich bin bereits hier, Meister.«
    Er hörte die Stimme nicht nur, sondern hatte auch das Gefühl, ihrem Ursprung ganz nah zu sein. Was auch immer ihr Ausgangspunkt sein mochte, es war in der Nähe …
    »Ich bin bereit«, versicherte Winmar. »Zeigt Euch mir, Meister, damit ich Euch endlich sehen kann!«
    Sein Weg endete vor der Felswand, deren Gestein so hart und dicht war, dass weder die Hände der Sklaven noch das Pulver der Alchemisten mehr etwas hatten ausrichten können. Was man dem Fels abgetrotzt hatte, waren allenfalls einige Handbreit gewesen – weiter ging es nicht.
    Hier war der Stollen Zor zu Ende.
    Winmar blieb stehen und wandte sich um, ließ seine Blicke durch das von der Laterne beleuchtete Gewölbe schweifen. »Wo seid Ihr, Meister?«, fragte er verunsichert. »Zeigt Euch mir!«
    »Schließe deine Augen«, forderte die Stimme ihn auf. »Öffne deinen Geist!«
    Winmar tat, was von ihm verlangt wurde. Er schloss die Augen, während er die Arme ausgebreitet behielt, so als wollte er herzlich willkommen heißen, was immer hier unten in der dunklen Tiefe lauerte.
    Längst schon empfand der Zwergenkönig keine Furcht mehr. Es hatte eine Zeit gegeben, da ihn die Stimme in seinem Kopf geängstigt hatte, doch dies lag hinter ihm. Sein Verstand hatte die Reise in den Abgrund angetreten, noch lange bevor sein Körper ihm gefolgt war, und so konnte er dem Grauen, das seit Jahrtausenden hier in der Tiefe wartete, ohne Furcht begegnen. Mehr noch, er verzehrte sich danach mit allen Sinnen seines Körpers – und sein Verlangen wuchs, je näher das Fremde ihm kam.
    »Kommt näher, Meister!«, rief er in freudiger
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