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Die Klinge

Titel: Die Klinge
Autoren: Colin Forbes
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Reißwolf.«
    »In den Reißwolf?«, rief Morgan empört und funkelte Tweed böse an. »Das können Sie doch nicht mit einem Schreiben des...«

    »Auf wessen Mist ist diese absurde Idee überhaupt gewachsen?«
    »Auf wessen Mist?« Morgan schäumte vor Wut. »Das Schreiben kommt aus dem Innenministerium.«
    Tweed stand langsam auf und schob die Hände in die Hosentaschen. Gemächlich ging er um seinen Schreibtisch herum, was auf Morgan offenbar bedrohlich wirkte, weil dieser sofort aus dem Sessel aufsprang. Die Schärfe in Tweeds Stimme war nicht zu überhören, als er - nur wenige Zentimeter von Morgans Gesicht entfernt - diesen anherrschte: »Ihren Verbindungsmann können Sie sonst wo hinsetzen, aber nicht zu uns ins Büro. Hier hat nämlich die Sicherheit Vorrang vor allen anderen Überlegungen. Außerdem scheint Ihnen nicht klar zu sein, dass ich einzig und allein dem Premierminister Rede und Antwort zu stehen habe.«
    »Ich wollte ja auch mit Mr. Howard sprechen...«
    »Lassen Sie mich gefälligst ausreden. Mr. Howard wird Ihnen auch nichts anderes sagen als ich. Ihre Organisation untersteht immer noch New Scotland Yard. Nur für den Fall, dass Sie das nicht wissen sollten...«
    »Es wird bald Umstrukturierungen geben...«
    »Ich sagte, Sie sollen mich ausreden lassen. Ich hatte schon mit Ihrem Vorgänger, einem gewissen Bate, so meine Probleme. Er war übrigens ein ähnlicher Typ wie sie. Takt und Diskretion waren diesem Herrn ebenso fremd wie Ihnen. Da war Mr. Pardoe, der vor ihm die Special Branch geleitet hat, schon aus einem ganz anderen Holz geschnitzt. Ihn habe ich respektiert, und von Zeit zu Zeit haben wir auch recht gut zusammengearbeitet. Aber so etwas ist mit einem Menschen wie Ihnen ganz offensichtlich nicht möglich.« Tweed hielt inne, bevor er mit schneidender Stimme hinzufügte: »Und jetzt, Mr. Nathan Morgan, seien Sie bitte so freundlich und verlassen Sie auf der Stelle dieses Gebäude. Mr. Newman wird Sie gern nach unten begleiten.«

    Tweed setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch, und Newman hielt Morgan mit einem breiten Grinsen die Tür auf.
    »Hier geht’s raus, Nathan.«
    Morgan klappte entschlossen den Kragen seines Trenchcoats nach oben und machte auf dem Absatz kehrt. In der Tür drehte er sich noch einmal um, um eine letzte Drohung auszustoßen.
    »Merken Sie sich eines, Tweed: Der Mordfall von Bray fällt absolut nicht in Ihre Zuständigkeit. Das sollten Sie sich schleunigst klar machen.«
    »Auf Wiedersehen«, sagte Tweed und vertiefte sich, ohne noch einmal aufzublicken, in seine Akten.
    Nachdem Morgan und Newman verschwunden waren, klappte er den Aktendeckel wieder zu und sagte: »Paula, in einer Stunde habe ich eine Verabredung mit Roman Arbogast. Ich habe ihm erzählt, dass Holgate einmal für mich gearbeitet hat, und prompt einen Termin in der ACTIL-Zentrale bekommen. Es wäre mir lieb, wenn Sie mich begleiten würden. Newman wird uns in die City bringen.«
    »Gern. Nach dem Auftritt dieses ungehobelten Kerls gerade eben wird das die reinste Erholung sein. Ihrer nachdenklichen Miene entnehme ich, dass Morgan Sie nicht davon abbringen konnte, diesen Fall weiter zu untersuchen.«
    »Im Gegenteil. Nach Colonel Crows unverschämter Einmischung - Saafeld einfach die Leiche wegzunehmen! - und Nathan Morgans flegelhaftem Auftritt kann ich mich des Gefühls nicht erwehren, dass die Regierung ein großes Interesse daran hat, dass der brutale Mord an Holgate niemals aufgeklärt wird. Und ausgerechnet jetzt trifft auch noch unerwartet der amerikanische Vizepräsident Russell Straub bei uns ein.«
    »Aber da besteht doch sicher kein Zusammenhang mit dem Mord, oder?«

2
    »Erst dieser Verkehr, und jetzt fängt es auch noch zu regnen an«, knurrte Newman.
    »Wir sind ja bald da«, sagte Paula vom Rücksitz aus. »Sie werden staunen, wenn Sie das ACTIL-Gebäude sehen, Tweed. Es ist das höchste in ganz London, höher noch als die Häuser am Canary Wharf. Und es sieht wie ein riesiger Zylinder aus. Sie kommen wohl nicht häufig in diesen Teil der Stadt, oder? Dachte ich es mir doch.«
    »Ich mag diese Straßenschluchten zwischen den Hochhäusern nicht. Hier fühle ich mich immer irgendwie eingesperrt. Und ich kann mir nicht vorstellen, wie man in einem von diesen Wolkenkratzern arbeiten soll.«
    »Da wären wir ja zu Fuß noch schneller gewesen«, polterte Newman und deutete auf die Fahrzeugschlange vor ihnen.
    Der Verkehr war so dicht, dass sie nur im Schneckentempo vorankamen.
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