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Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich

Titel: Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich
Autoren: James Barclay
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gerät, aber wenn Tsard geschlagen wird, dann bin ich näher am Herzen der Konkordanz. Dieses Herz schlägt friedlich, und die Bewohner leben in Wohlstand und Sicherheit. Niemand in Phaskar, Caraduk oder Bahkir muss sich Sorgen machen, dass Angreifer kommen und die Ernte verbrennen. Trotz allem, was ich vor einem Jahrzehnt über die Konkordanz dachte, hat der Anschluss meinem Land eine gewisse Stabilität gebracht, die wir noch nie erleben durften. Eine Stabilität, die Tsard seitdem Tag für Tag untergraben hat.«
    »Weil Estorea sich entschlossen hat, vor deinen Grenzen ein neues Schlachtfeld zu eröffnen«, erwiderte Rensaark. »Gegen den Wunsch vieler Menschen deines Landes und gegen den Willen von Tsard. Wo ist jetzt deine gewisse Stabilität? Sie war eine Totgeburt. Wo ist die Verteidigung, da eure Heere geschlagen wurden? Was glaubst du, wo die nächste Schlacht stattfinden wird?«
    Yuran senkte den Blick. Rensaark hatte recht. Wie kurz der Frieden in Wahrheit doch gewesen war.
    »Haben deine Bürger durch den Anschluss an die Konkordanz wirklich einen Vorteil gehabt? Ihre Religion … unsere Religion wird unterdrückt. Deine Leute werden so stark besteuert, dass sie sich kaum noch ernähren können, und die jungen Männer und Frauen werden zum Dienst in die Legionen eingezogen. Wozu? Der Grund ist die Eitelkeit eurer Advokatin und ihr Wunsch, über das größte Reich zu herrschen, das es je auf dieser Welt gab. Das ist ihr persönlicher Ehrgeiz.«
    Yuran schüttelte den Kopf. »Nein. Du bist ihr nie begegnet. Ich dagegen schon. Trotz all ihrer Fehler und ihrer Blindheit wünscht sie wirklich Frieden und Wohlstand für alle ihre Untertanen. Sie begreift allerdings, dass es notwendig sein kann, einen Krieg zu führen, um dieses Ziel zu erreichen.«
    »Außerdem begreift sie, dass es notwendig ist, die eroberten Gebiete zu unterdrücken«, ergänzte Rensaark. »Marschall, ich weiß, was du willst, und ich weiß, dass es dem Wunsch deines Volks entspricht. Ich rede mit den Menschen. In deinem ganzen Land gibt es Dörfer, in denen die Flagge der Unabhängigkeit weht. Wir wollen euch nichts Böses. Wir wollen euch nur das zurückgeben, was ihr selbst wollt. Eure Freiheit, euch selbst zu regieren.«
    Yuran betrachtete Rensaarks hartes Gesicht. Der Sentor hatte ausgesprochen, was er sich erträumte, und er wusste es.
    »Mehr als dreißigtausend Kämpfer marschieren auf Haroq zu«, sagte Rensaark. »Wir haben nicht den Wunsch, das Blut auch nur eines einzigen weiteren Atreskaners zu vergießen. Hilf uns. Hilf Tsard, dieser Welt ihr natürliches Gleichgewicht zurückzugeben. Hilf uns, die Konkordanz zu zerschlagen.«
    Yuran seufzte und rieb sich über das Gesicht. »Das ist schwierig«, antwortete er. »Ich brauche Zeit zum Nachdenken.«
    »Es gibt wenig nachzudenken, abgesehen davon, dass du dein Volk vor den Verwüstungen eines Krieges schützen musst, der nicht in ihrem Land ausgetragen werden sollte. Aber das wird geschehen, wenn du dich jetzt weigerst. Meine Generäle sind nicht in der Stimmung, lange anzuhalten und zu diskutieren.«
    »Du musst mir etwas Zeit geben«, wiederholte Yuran.
    Sein Herz raste. Er fühlte sich, als hätte ihm jemand mitten ins Gehirn gestochen. Er bekam Kopfschmerzen. Einen Feind, der seine Stadt einnehmen wollte, konnte er verstehen. Aber dies … Er betrachtete Rensaark und fragte sich, ob dessen Worte schöne Lügen oder eine ehrliche Einschätzung waren.
    »Du hast einen Tag«, willigte Rensaark ein. »In der Zwischenzeit werde ich dir zeigen, warum du uns vertrauen solltest. Dies ist keine Invasion, sondern eine Befreiung. Ich werde es dir beweisen.«
    Yuran sah ihn mit seiner Kavallerie abrücken und kehrte schweigend in seine Burg zurück. Er fragte sich, ob er in einer Stadt lebte, die er verteidigen konnte, oder ob er in einem Gefängnis auf seine Hinrichtung wartete.
    Während des restlichen Tages dachte er verzweifelt nach. Wie konnte er sich jetzt von der Konkordanz abwenden, nachdem er sich ein Jahrzehnt lang für das eingesetzt hatte, was sie verkörperte? Wie konnte er sie aufgeben, wo er doch in Estorea als Held gelten würde, wenn er den Schulterschluss suchte? Wie konnte er es nicht tun, da er wusste, dass jeder Widerstand gegen die Tsardonier nur dazu führen würde, dass auf seinen Feldern das Blut seines eigenen Volks vergossen wurde? Gut möglich, dass Rensaark log. So oder so wurde der Krieg vielleicht bald schon vor seiner Türschwelle ausgefochten. Es war
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