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Die Kinder von Alpha Centauri

Die Kinder von Alpha Centauri

Titel: Die Kinder von Alpha Centauri
Autoren: James P. Hogan
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Durchmesser zu
erzeugen, der sechs Monate brennen mußte, um die 140 Millionen-Tonnen- Masse
der »Mayflower II« von ihrer Freifallgeschwindigkeit abzubremsen.
    Das Schiff hatte die Erde mit nur so viel Treibstoff an Bord verlassen,
daß es auf Marschgeschwindigkeit kam, und war durch die dichteren
Wasserstoffkonzentrationen geflogen, um einzusammeln, was es brauchte, damit
es wieder abbremsen konnte.
    Fallows warf einen Blick auf die Uhr in der Konsolenmitte. Noch knapp
eine Stunde, bis Walters ihn ablösen würde. Dann würde er zwei Tage für sich
haben, bevor er den Dienst wieder antreten mußte. Er schloß kurz die Augen und
genoß den Gedanken.
    Nur noch drei Monate! Seine Kinder hatten ihn oft gefragt, warum ein
junger Mann in der Blüte seiner Jahre allem Vertrauten den Rücken zuwandte und
zwanzig Jahre seines Lebens gegen einen Flug ohne Rückkehr nach Alpha Centauri
tauschte. Sie hatten Anlaß dazu, weil ihre Zukunft durch die Entscheidung in
hohem Maß bestimmt worden war. Die meisten der dreißigtausend Menschen in der
»Mayflower II« waren daran gewöhnt, daß diese Frage ihnen gestellt wurde.
Fallows erwiderte meistens, durch das Schauspiel der Welt, stetig derselben
Wahnsinnsstufe entgegenrüstend, die der Vernichtung eines so großen Teils von
Nordamerika und Europa und dem Ende des Sowjetreichs im kurzen Holocaust von
2021 vorangegangen war, wären ihm alle Illusionen geraubt worden, und er hätte
alles zurückgelassen, um anderswo einen neuen Anfang zu machen. Das war eine
der gängigen Antworten, die ebenso sehr zur Eigenberuhigung wie aus
irgendeinem anderen Grund gegeben wurde. Aber wenn er mit sich allein war,
wußte Fallows, daß er das nicht wirklich glaubte. Er versuchte sich einzureden,
an den wahren Grund entsann er sich nicht mehr.
    Er war fast am Ende der kargen Jahre nach dem Krieg geboren worden, so
daß er sich an diese Zeit nicht erinnerte, aber sein Vater hatte ihm von der
Zeit erzählt, als fünfzig Millionen Menschen im Bretterbudenelend um die
geschwärzten und verbogenen Skelette ihrer Städte gelebt und in Frost und
Schnee in langen Schlangen um ihre Ration an Suppe und Brot an staatlichen
Feldküchen angestanden hatten; von seiner Mutter, die fünfzehn Stunden am Tag
Bretter für Fertighäuser schnitt, um jeden Tag zwei kärgliche Mahlzeiten
Rindfleischsuppe mit Reis von den chinesischen Lebensmittelschiffen auf den
Tisch zu bringen und alle sechs Monate pro Person ein paar Schuhe aus
Preßpapier kaufen zu können; von seinem älteren Bruder, getötet im Kampf gegen
die Horden, die von der Karibik und aus dem Süden zum Plündern gekommen
waren.
    Die Jahre, an die Fallows sich erinnerte, waren später gekommen, als die
schlanken Finger schimmernder neuer Städte aus den Schuttwüsten wieder zum
Himmel hinaufgriffen, und neue Stahl- und Aluminiumwerke surrten und hämmerten,
während auf der anderen Seite der Welt China und Indo-Japan um die Herrschaft
über Industrie- und Handelsmacht des Ostens rangen. Das waren aufregende Jahre
gewesen, schwungvolle Jahre, ermutigende Jahre. Fallows erinnerte sich an die
Flutlicht-Umzüge am Unabhängigkeitstag in Washington - an die Farbe und Pracht
der vielen Musikkapellen, die Kolonnen marschierender Soldaten in schnittigen
Uniformen und flatternden Fahnen, die Nationalhymnen und Kirchenlieder,
gesungen von Zehntausenden auf dem Capitol Square, wo einst das berühmte
Gebäude gestanden hatte. Er erinnerte sich, in seiner eben erworbenen Uniform
des Neu-Amerikanischen Jugendkorps zu einem Schulball stolziert zu sein und
hochmütig so getan zu haben, als bemerke er die bewundernden Blicke, die ihm
überallhin folgten, gar nicht. Wie er seinen neidischen Freunden gegenüber
nach dem ersten Wochenende Kriegsmanöver mit der Armee in der Wüste von
Neu-Mexiko geprahlt hatte ... die Begeisterung, als Amerika auf dem Mond wieder
einen Dauerstützpunkt besetzte.
    Gemeinsam mit dem größten Teil seiner Generation war er begeistert
worden von der Vision des Neuen Amerika, das sie aus Asche und Ruinen des alten
zu gestalten halfen. Noch stärker als zuvor, moralisch und geistig reiner und
zuversichtlich im Wissen um seine gottgewollte Mission, würde es
wiederauferstehen als unangreifbare Freistätte, um das Erbe der westlichen
Kultur vor der zersetzenden Flut heidnischer Dekadenz und Prahlerei zu bewahren,
die den anderen Teil der Erdkugel überschwemmte. So hatte das Credo gelautet.
Und wenn der Osten endlich aus seinem inneren Zerfall heraus
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