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Die Kinder des Teufels (German Edition)

Die Kinder des Teufels (German Edition)

Titel: Die Kinder des Teufels (German Edition)
Autoren: Roman Rausch
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Notgemeinschaft aus verstoßenen, verwaisten und hungernden Kindern, die sich in die leer stehenden Kellergewölbe der Stadt geflüchtet hatten – und ehemaliger Schüler von Stift Haug, ließ keine Gelegenheit aus, um es seinen alten Schulmeistern heimzuzahlen. Jede Ohrfeige und jeden Rutenstreich sollten sie büßen, und sei es, indem er ihnen das Mehl raubte. Sollten die werten Stiftsherren sehen, wie sie ohne Hostien, den Leib Christi, ihr Abendmahl feierten.
    Einzig das Mehl für die Kartäuser – die neuen Herren der Mühle – wollten sie verschonen. Die hatten ihnen nichts getan. Sie waren fromme Leute, die sich aus den Geschäften der Welt nichts machten und hinter dicken Klostermauern ein Leben in Einsamkeit und Stille führten. Wären doch nur alle Pfaffen wie sie, dann wäre ihnen viel Leid erspart geblieben.
    Der kleine Adam stand auf einer Leiter, die von Georg und Wilhelm gehalten wurde. Er blickte durch einen Spalt im Fensterladen hinein in die Mühle. Der Müllermeister war gerade dabei, mit seinen zwei Knechten die Säcke zu füllen.
    «Drei für Neumünster», befehligte er seine Männer, «vier für Stift Haug und jeweils zwei für Sankt Burkhard und den Dom.»
    Einer der Knechte widersprach. «Aber Meister, da stimmt was nicht.»
    «Was soll da nicht stimmen?»
    «Der Weizen reicht niemals für …», er zählte an den Fingern seiner beiden Hände die Säcke ab, «für zehn …»
    Der andere Knecht fiel ihm ins Wort. «Elf Säcke, Dummkopf.»
    «Egal, wir haben zu wenig Weizen.»
    Der Müller schaute in den Trichter, in dem das gemahlene Mehl aufgefangen wurde. Mindestens ein Sack Mehl fehlte, wenn nicht zwei.
    Irgendetwas stimmte hier tatsächlich nicht. Er wandte sich grimmig den Knechten zu.
    «Habt ihr das Getreide anderweitig vergeben?»
    Die Knechte schüttelten die Köpfe.
    «Nein, Meister. Ihr habt gestern für Bäcker Frobel …»
    Jetzt fiel es ihm wieder ein. Ja, stimmte. Der alte Frobel wollte unbedingt ein Dutzend Säcke. Er hatte gut dafür bezahlt. Kein Wunder. Wer konnte schon wissen, mit wie viel Mehl man in diesem Jahr noch rechnen konnte? Die Ernte war knapp ausgefallen, das meiste war bereits aufgebraucht.
    Der Müller kratzte sich am Kopf.
    «Dann schaut mal, ob ihr irgendwo noch einen Sack auftreiben könnt.»
    «Das übrige Getreide ist für den Bischof bestimmt.»
    Himmelherrgott, auch das noch. Den Bischof um einen Sack Mehl zu betrügen war keine gute Idee; die Brüder in den Stiften und Klöstern allerdings auch nicht. Man wusste nie, wann man sie mal brauchte.
    Auf die Schnelle war kein einziger Sack Getreide abkömmlich. Der Müller musste improvisieren.
    «Du», er zeigte auf einen Knecht, «geh in den Schuppen. Da stehen noch ein paar Säcke rum. Hol einen her, am besten gleich zwei.»
    «Aber die sind doch vom letzten Jahr.»
    «Widersprich nicht. Los, beeil dich. Der Kutscher kann nicht ewig warten.»
    Der Knecht tat wie ihm geheißen.
    Derweil machte sich vor der Mühle Ungeduld breit. Wilhelm zupfte am Hosenbein Adams.
    «Was passiert dadrin?»
    Adam hielt den Finger an den Mund, flüsterte.
    «Denen ist das Mehl ausgegangen.»
    «Und, was machen sie jetzt?»
    «Einer ist in den Schuppen gegangen.»
    Wilhelm dachte nach. Der Schuppen. Mal sehen, was der Müller dort aufbewahrte. Vielleicht war etwas Nützliches für sie dabei. Er schlich um die Ecke, rannte hinüber zum Schuppen, wo Wagenräder standen, Werkzeug herumlag und Stroh gestapelt wurde.
    Eine dürre Katze lief über die Holzverstrebungen, die das Dach des armseligen Gemäuers zusammenhielten. Sie war nicht an ihm interessiert, einzig daran, sich vor dem kalten Wind in Sicherheit zu bringen, der durch die Löcher pfiff. Der Mann, der zu ihren Füßen auf ein unerwartetes Hindernis stieß, kümmerte sie auch nicht.
    «Teufelsbrut», schimpfte der Knecht, «aus dem Weg.»
    Zwei Ratten hatten sich ihm entgegengestellt und fletschten den Störenfried an. Er drohte, ihnen die Beute streitig zu machen – auf dem Boden verstreute Getreidekörner.
    «Verschwindet endlich.»
    Er trat nach ihnen, traf sie aber nicht. Da kam ihm ein Reisigbesen gerade recht. Er schlug nach ihnen, traf auch eine, die fiepend gegen die Bretterwand schlug. Die andere war wendiger. Sie wich dem Schlag aus und griff sein Hosenbein an.
    «Heilige Mutter Maria.»
    Wilhelm beobachtete den Kampf mitleidlos durch einen Spalt in der Bretterwand. Ratten waren fester Bestandteil seines Lebens bei den Schwarzen Banden. Man teilte mit
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