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Die Kinder des Teufels (German Edition)

Die Kinder des Teufels (German Edition)

Titel: Die Kinder des Teufels (German Edition)
Autoren: Roman Rausch
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schließlich war da noch Ursula gewesen, ihre beste Freundin. So zierlich und hilflos, wie sie gewesen war, hatte sie doch eisern bis zum Schluss jedes Geständnis verweigert, bis sie im Angesicht des Henkers tot zusammengebrochen war.
    Kathi schniefte. Tränen traten in ihre Augen.
    Einer dieser Unglückseligen auf dem Karren hob den Kopf, blickte geradewegs zu ihr herauf. Sie schrak zurück.
    Diese Augen kannte sie gut. Es waren die von Benedikt. Er war mit Kathi in die Schule bei Vikar Ludwig gegangen, hatte stets fürchten müssen, unter Anklage gestellt zu werden, nachdem seine Tante als Hexe verbrannt worden war.
    Aber war er nicht vor Monaten mit Ulrich, einem weiteren Klassenkameraden, aus der Stadt geflohen, um den Folterknechten Faltermayers zu entkommen?
    Offensichtlich nicht. Nun folgte er seiner Tante ins Feuer.
    Das Kind in Kathis Arm schlug die Augen auf, quengelte in den engen Tüchern und suchte die Brust seiner Mutter. Kathi begegnete dieser Forderung mit einem Trick, indem sie Milch auf ihren kleinen Finger tröpfelte und Michael daran saugen ließ. Doch jetzt war keine Milch mehr da, und Bruder Jakobus hatte sie heute noch nicht besucht, um ihr welche aus der Klosterküche zu bringen.
    «Schlaf süß, mein kleiner Michael», flüsterte sie und wiegte ihn.
    Eine Melodie, leise gesummt, ließ ihn die Augen wieder schließen, sicher und warm in den Schlaf zurückgleiten.
    Kathi trat wieder ans Fenster, schaute vorsichtig hinunter. Die Karren waren weitergezogen. Sie verloren sich geräuschlos im trüben Kleid eines späten Wintertages.
    Eine johlende Menge, wie sie stets den letzten Weg der Verurteilten gesäumt hatte, fehlte in diesen Tagen. Die Begeisterung, die ein lodernder Scheiterhaufen sonst hervorrief, war den Bürgern abhandengekommen. Zu viele geliebte Menschen waren hingerichtet worden.
    Auch die, die sich aus reiner Boshaftigkeit an der Not anderer weideten, waren in ihren Löchern geblieben. Zu nahe war ihnen der Tod gekommen und zu leicht konnte das Feuer der Hexen auch auf sie überspringen.
    Unmerklich begann es zu schneien. Aus einem diesigen Winterhimmel taumelten Schneeflocken herab. Sie begruben den Schmutz und den Gestank dieses Sodom unter einem weißen, unschuldigen Tuch.
    Der Wahn des Hexenverbrennens würde unter ihm nicht enden, wie unter einem kalten Umschlag das Fieber, aber für ein paar Monate würde die Hitze genommen. Vielleicht so lange, dass der Verstand wieder zu Kräften kam.
    Kathi wandte sich ab. Die Welt musste fortan ohne sie auskommen. Sie hatte ein Kind zu beschützen, das unter einem schlechten Stern geboren war.
    Das Mal war nicht groß, drei Punkte, eng beieinander, leicht ausgefranst, nicht der Rede wert, sofern man es unvoreingenommen betrachtete. Doch wer das Böse sehen wollte, fand es selbst in der Unschuld eines neugeborenen Kindes.
    Es musste etwas geschehen. Sie wollte sich nicht länger auf die Worte von Bruder Jakobus verlassen und abwarten, wie sich das Mal entwickelte. Was wäre, wenn er seine Meinung änderte, morgen zu Faltermayer ging und ihn auf Michael aufmerksam machte?
    Andererseits war nicht davon auszugehen. So besorgt sich Jakobus in der Nacht der Geburt über das Mal gezeigt hatte, am nächsten Tag war er ruhiger geworden. Er war in sich gegangen, hatte er gesagt, war in ein Zwiegespräch mit seinem Herrn und Schöpfer getreten, wie in diesem Fall zu verfahren sei. Das Kind hätte noch eine Chance auf Rettung, lautete seine Antwort, wenn es dem Zugriff des Teufels entzogen würde. Daher musste es umgehend getauft werden.
    Dem konnte Kathi zustimmen. Auch sie war getauft wie jedes andere Kind. Doch das schützte letztlich nicht davor, wegen Hexerei angeklagt zu werden. Schon gar nicht, wenn man ein verdächtiges Mal am Körper trug.
    Was sollte sie nur tun? Wäre doch nur ihre Mutter hier, sie wüsste bestimmt Rat.
    Aber Helene war seit drei Tagen tot. Jakobus hatte ihr noch die Sakramente erteilt, leider erst nachdem sie gestorben war. Er war es auch, der ein gutes Wort beim Totengräber eingelegt hatte. Noch im Laufe des Tages, schnell und unauffällig, hatte der die Bestattung vorgenommen, nicht ohne ein stattliches Grabgeld und ein noch fürstlicheres Schweigegeld zu fordern. Niemand sollte von einer Frau erfahren, die in der Nacht des Kometen im Kindbett verstorben war.
    Seit Erscheinen des Teufelsauges , so wurde er von den Bürgern inzwischen genannt, war die Angst bis zur Verzweiflung gewachsen.
    Der Kampf Satans gegen das
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