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Die Kinder des Kapitän Grant

Die Kinder des Kapitän Grant

Titel: Die Kinder des Kapitän Grant
Autoren: Jules Verne
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in’s Meer gelassen … wir waren gerettet, und, o Uebermaß der himmlischen Güte, meine Kinder, meine geliebten Kinder selbst waren da, die mich in ihre Arme schlossen!«
    Unter Mary’s und Robert’s Küssen und Umarmungen schloß Harry Grant seinen Bericht. Er hörte bei dieser Gelegenheit, daß er seine Rettung dem nahezu zur Hieroglyphe gewordenen Documente danke, das er acht Tage nach dem Schiffbruche einer Flasche und in dieser den Launen der Wellen anvertraut hatte.
    Was dachte aber Paganel bei obigem Berichte des Kapitäns Grant? Tausendmal ließ sich der gelehrte Geograph die Worte des Documentes durch den Kopf gehen. Er ließ seine drei Auslegungen, welche nun doch alle falsch waren, geistig die Revue passiren. Wie konnte nur auf die Insel Maria-Theresia in den vom Meere wiedergegebenen Papieren hingedeutet sein?
    Paganel blieb unklar und sagte, Kapitän Grant’s Hand fassend:
    »Kapitän, würden Sie mir nun wohl den Inhalt Ihres unentzifferbaren Documentes mittheilen?«
    Dieser Wunsch des Geographen rief die allgemeinste Neugier wach, denn die Lösung des Räthsels, der man seit neun Monaten nachsann, sollte gegeben werden.
    »Zunächst, Kapitän, fragte Paganel weiter, entsinnen Sie sich noch genau der Worte Ihres Documentes?
    – Vollkommen, erwiderte Dieser, denn es verging kein Tag, an welchem ich mich nicht dieser Worte erinnerte, an denen noch unsere einzige Hoffnung hing.
    – Und wie heißen sie, Kapitän? fragte Glenarvan; sprechen Sie, denn unsere Eigenliebe wird davon lebhaft berührt.
    – Ich bin gern dazu bereit, antwortete Harry Grant, aber es ist Ihnen bekannt, daß ich zur Vermehrung unserer Aussichten auf Rettung in die Flasche drei in verschiedenen Sprachen abgefaßte Documente geschlossen habe. Welches wünschen Sie zu kennen?
    – Sind sie denn nicht gleichlautend, rief Paganel aus.
    – Gewiß, bis auf ein einziges Wort.
    – Nun wohl, so theilen Sie uns das französische Schriftstück mit, sagte Glenarvan, es ist vom Wasser am meisten verschont geblieben und hat uns vorzüglich als Unterlage gedient.
    – Mylord, es lautet Wort für Wort:
    ›Am 27. Juni 1862 scheiterte der Dreimaster Britannia von Glasgow, in der südlichen Hemisphäre, fünfzehnhundert Meilen von der Küste Patagoniens. An’s Land geworfen, retteten sich zwei Matrosen und Kapitän Grant an die Insel Tabor‹ …
    – Was?! rief Paganel.
    ›Sie haben, fortwährend eine Beute der grausamen Noth, dieses Document unter 153° der Länge und 37°11’ der Breite ausgeworfen. Kommt ihnen zu Hilfe, sonst sind sie verloren.‹«
    Bei Erwähnung des Namens Tabor hatte Paganel sich bestürzt erhoben und rief dann:
    »Aber Insel Tabor! Das ist doch die Insel Maria-Theresia?
    – Ohne Zweifel, Herr Paganel, erwiderte Harry Grant, Maria-Theresia heißt sie auf den deutschen und englischen Karten, aber Tabor auf den französischen!«
    In diesem Augenblick fiel eine Hand wuchtig auf die Schulter Paganel’s, der dabei fast zusammenbrach. Der Schlag rührte von dem Major her, der jetzt zum ersten Mal aus der Rolle seiner gewohnten Convenienz fiel.
    »Geograph!« sagte Dieser im Tone der höchsten Verwunderung.
    Aber Paganel hatte die Hand des Majors kaum gefühlt. Was bedeutete diese gegen den geographischen Faustschlag, der ihn getroffen hatte!
    Er hatte sich zwar, wie er Kapitän Grant mittheilte, der Wahrheit immer mehr und mehr genähert und das Document fast vollständig entziffert. Nach und nach waren die Namen Patagonien, Australien, Neu-Seeland ihm mit unbestreitbarer Gewißheit vor Augen getreten.
Contin
… war zuerst Continent, dann aber nach und nach zur richtigen Bedeutung von
continuelle
(fortwährend …). Indi … war nach und nach mit
Indiens
(Indianer), indigènes (Eingeborene) und endlich indigence (Entbehrung), in seinem richtigen Sinne, übersetzt worden. Nur die abgerissenen Sylben abor … hatten den Scharfsinn des Geographen getäuscht. Paganel nahm sie hartnäckig für den Stamm des Zeitworts aborder (anlanden), während sie einem Eigennamen angehörten, der speciell französischen Bezeichnung der Insel Tabor, der Insel, welche den Schiffbrüchigen der Britannia zur Zuflucht diente! Es war ein schwer zu vermeidender Irrthum gewesen, da die Schiffskarten des Duncan der Insel den Namen Maria-Theresia beilegten.
     

    Rückkehr nach Malcolm-Castle. (S. 716.)
     
    – »Aber das thut Nichts, rief Paganel, sich die Haare raufend, ich durfte diese doppelte Benennung nie vergessen! Das bleibt ein
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