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Die Kinder des Kapitän Grant

Die Kinder des Kapitän Grant

Titel: Die Kinder des Kapitän Grant
Autoren: Jules Verne
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gingen Glenarvan und seine Gäste darauf ein. Robert und Mary Grant brannten vor Verlangen, die einsamen Orte zu sehen, an denen ihr Vater so manche Thräne vergossen hatte. Es wurde also ein Boot ausgerüstet, und der Kapitän nebst seinen zwei Kindern, Lord und Lady Glenarvan, der Major, John Mangles und Paganel landeten bald an der Insel.
    Einige Stunden waren hinreichend, Harry Grant’s Herrschaft zu durchwandern. Diese bestand in der That nur aus dem Gipfel eines unterseeischen Berges, einer Fläche mit vielen Basaltfelsen und vulkanischen Trümmern. In der Vorzeit war dieser Berg nach und nach durch unterirdische Feuer aus der Tiefe des Pacifischen Oceans emporgeschoben worden. Seit Jahrhunderten aber war der Vulkan schon zum friedlichen Berge geworden, und sein ausgefüllter Krater zur Insel. Dann mag die Humusbildung begonnen haben. Das Pflanzenreich eroberte sich den jungen Boden; etliche vorüberfahrende Wallfischjäger setzten einige Hausthiere, wie Schweine und Ziegen, an das Land. Jene vermehrten sich in wildem Zustande, und so war denn die Natur in allen ihren drei Reichen auf dieser Insel mitten im Stillen Ocean vertreten.
    Als die Schiffbrüchigen von der Britannia dort eine Zuflucht gefunden hatten, griff die Hand des Menschen ordnend in das Schaffen der Natur ein. In zweiundeinhalb Jahren hatte Harry Grant mit seinen beiden Matrosen die Insel umgewandelt. Mehrere sorgfältig bearbeitete Landstrecken brachten z.B. vorzügliches Gemüse hervor.
    Die Besucher gelangten zu dem von grünen Gummibäumen beschatteten Hause; vor seinen Fenstern dehnte sich das herrliche Meer, das im Sonnenschein glitzerte, aus. Harry Grant ließ seinen Tisch unter dem Baumschatten aufstellen, und Alle nahmen daran Platz. Ein Zickelkeule, ein Nardoubrod, einige Schlucke Milch, zwei bis drei wilde Wegwartwurzeln und klares, erfrischendes Wasser bildeten die Bestandtheile dieser einfachen und der Schäfer Arkadiens würdigen Mahlzeit.
    Paganel war ganz entzückt. Seine alten Robinson-Ideen stiegen ihm zu Kopfe.
    »Der Ayrton, dieser Schurke, wird gar nicht zu beklagen sein, rief er voller Enthusiasmus. Dieses Inselchen ist ja ein reines Paradies.
    – Ja wohl, antwortete Harry Grant, das Paradies für drei hilflose Schiffbrüchige, denen der Himmel dort eine Zuflucht gewährte. Ich für meinen Theil bedauere aber, daß Maria-Theresia nicht eine große und fruchtbare Insel ist und statt eines ordentlichen Hafens nur eine dem Wellenschlage des offenen Meeres ausgesetzte Bucht besitzt.
    – Und warum das, Kapitän? fragte Glenarvan.
    – Weil ich sonst hier die schottische Colonie begründet hätte, welche ich meinem Vaterlande im Stillen Oceane bescheeren möchte.
    – Ah, Kapitän Grant, sagte Glenarvan, Sie haben also den Gedanken, der Sie in der Heimat so allbekannt und beliebt machte, noch immer nicht aufgegeben?
    – Nein, Mylord, und Gott hat mich durch Ihre Hand sicher nur gerettet, um jenen noch auszuführen. Unsere armen Brüder im alten Caledonien und Alle, welche leiden, müssen eine Zuflucht aus dem Elend auf einem neuen Stück Erde finden! Unser theures Vaterland muß in diesen Meeren eine Colonie haben, die nur ihm angehört, und wo es wenigstens einen Theil der Unabhängigkeit und des Glückes genießt, das ihm in Europa fehlt.
    – O, das ist schön gesprochen, Kapitän Grant, fiel Lady Helena ein. Es ist ein edles und eines großen Herzens würdiges Vorhaben! Doch diese kleine Insel …
    – Nein, Madame, diese ist nur ein Felsen, der wohl im Stande ist, einige wenige Ansiedler zu ernähren. Wir bedürfen dagegen eines ausgedehnten Landes, das die jungfräulichen Schätze des Bodens noch bewahrt.
    – Nun wohl, Kapitän, rief Glenarvan, die Zukunft ist unser, und jenes neue Land suchen wir zusammen.«
    Die Hände Harry Grant’s und Glenarvan’s fanden sich gegenseitig, wie um dieses Versprechen zu bekräftigen.
    Jedermann lag nun daran, noch auf dieser Insel, in diesem niederen Hause die Geschichte der Schiffbrüchigen von der Britannia während ihrer zweijährigen Verlassenheit zu hören.
    Harry Grant kam den Wünschen seiner neuen Freunde ungesäumt nach.
    »Meine Geschichte begann er, ist die aller auf einsame Eilande verschlagenen Robinsons, welche, da sie nur auf Gott und sich selbst angewiesen sind, sich den Fortbestand ihres Lebens erkämpfen müssen.
    In der Nacht vom 26. zum 27. Juni 1862 war es, als die schon sechs volle Tage vom Sturme gepackte Britannia an den Felsen von Maria-Theresia
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