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Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon

Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon

Titel: Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon
Autoren: P. B. Kerr
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vergehen.
    Zum Glück würde er trotzdem nicht lange warten müssen, denn er wusste, dass ihm diese zehn Stunden nicht wie zehn Stunden vorkommen würden. Da er nämlich im Uhrzeigersinn in die Flasche geglitten war, also entgegengesetzt zur Drehung der nördlichen Halbkugel, verging die Zeit im Inneren der Flasche – außerhalb des dreidimensionalen Raumes – sehr viel schneller. Und so erschien es John nicht viel länger als eine Stunde, bis er wieder zu Hause in seinem Zimmer war und Philippa alles erzählen konnte.
    »Mrs   Trump hat wirklich Recht«, sagte er. »Die Pickings isteinfach unmöglich. Sie war auf dem Sofa eingeschlafen, als ich zu spielen anfing. So faul ist die.«
    »Sie ist nicht nur faul«, sagte Philippa. »Mrs   Trump hat den Verdacht, dass sie vielleicht auch eine Diebin ist. Sie vermisst nämlich einen Teil ihres Schmucks.«
    Am Tag darauf brachte Philippa die Flasche mit ihrem Bruder wieder ins Dakotagebäude. Diesmal war John im Umgang mit seiner Dschinnkraft schon selbstbewusster. Kaum war er aus der Flasche gestiegen, versteckte er sich im Wäscheschrank, wo er seinen Körper vorübergehend zurückließ und sich in unsichtbarem Zustand ans Klavier setzte. Er spielte
Imagine
vom Anfang bis zum Ende und imitierte beim Singen John Lennons Liverpooler Akzent – sehr treffend, wie er fand. In Wirklichkeit war er weit entfernt davon, aber das merkten weder er noch Miss Pickings, und das war schließlich das Wichtigste. Sie rannte kreischend aus dem Wohnzimmer, schloss sich im Bad ein und telefonierte mit Mrs   Trump. Kurz darauf flüchtete sie aus der Wohnung und warf die Schlüssel und die Diamantohrringe, die sie aus Mrs   Trumps Nachttisch gestohlen hatte, in weitem Bogen hinter sich auf den Boden.
    John stieß ein solches Triumphgeheul aus, dass es Miss Pickings geraten schien, die Treppe zu nehmen, statt auf den Aufzug zu warten.
    Nachdem John seinen Körper aus dem Wäscheschrank befreit hatte, rief er Philippa auf ihrem Handy an und erfuhr, dass Miss Pickings Mrs   Trump erklärt hatte, in ihrer Wohnung spuke es und sie würde nie mehr dort arbeiten. Mrs   Trump sehe so glücklich aus wie schon lange nicht mehr. Nur die Sache mit dem Spuk in ihrer Wohnung mache ihr Kopfzerbrechen.Philippa habe sie aber schließlich überzeugen können, dass es weder Spuk noch Geister gäbe.
    »Soll ich dich abholen?«, fragte sie ihren Bruder.
    »Diesmal haben wir die Geheimniskrämerei nicht mehr nötig. Miss Pickings ist weg, also kann ich ganz normal nach Hause gehen.« John warf einen Blick aus dem Fenster. »Außerdem fängt es schon wieder an zu schneien.«
    Er legte auf. Bevor er die Wohnung verließ, sah er sich noch einmal um. Er war immer noch in Hochstimmung und gratulierte sich zu dem gelungenen Streich. Plötzlich aber durchfuhr ihn ein Riesenschreck: Er stellte fest, dass er nicht mehr allein war! In einer Zimmerecke stand ein Mann mit buschigem roten Bart und Adlernase. Er trug einen blauen Nadelstreifenanzug und einen Fingerring mit einem großen Mondstein von der Größe und Farbe eines Alligatorauges. Mit diesem Ring, den er in Augenhöhe vor sein Gesicht hielt, konnte er John offenbar zur Reglosigkeit zwingen. Wütend kam der Rotbärtige auf ihn zu.
    »Was unterstehst du dich, einer wehrlosen Frau einen so gemeinen Streich zu spielen?«, sagte der Mann. »Das erklär mir mal!«
    John gab sich alle Mühe, aber immer, wenn er den Mund öffnete, fiel etwas Scheußliches heraus: erst ein Schwall Erbsensuppe, dann ein Stück Brokkoli, etliche Salatblätter und Artischockenherzen, schließlich eine Rübe und zuletzt eine ganze Portion Rahmspinat. John verabscheute so ziemlich jede Sorte Gemüse und der plötzliche, überwältigende Geschmack nach all dem Grünzeug war zu viel für ihn. Zum ersten Mal in seinem jungen Dschinnleben fiel er in Ohnmacht.

Das neue Buch

    Als John zu sich kam, fand er sich in einer anderen Wohnung wieder. Es musste aber immer noch das Dakotagebäude sein, denn er lag auf einem Sofa am Fenster, das dieselbe Aussicht bot wie bei Mrs   Trump. Die Wohnung selbst jedoch unterschied sich sehr von ihrer. Anders als Mrs   Trumps Möbel, die frisch aus dem Kaufhaus stammten, war in dieser Wohnung alles alt. Es gab sogar einen großen ägyptischen Schreibtisch und mehrere Skulpturen, die John an Onkel Nimrods Londoner Haus erinnerten. Kein Laut drang durch die dicken Wände dieser Wohnung, und als ihr unheimlicher Besitzer zu sprechen anfing, schien sogar die
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