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Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Titel: Die Kinder der Nibelungen (German Edition)
Autoren: Helmut W. Pesch
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und ihnen geben würde.
    Das Grollen des Donners wurde immer lauter, und ein erster Blitz zuckte auf. Der Anblick der gezackten Lichtbahn, die quer über den Himmel raste, hatte etwas Erschreckendes und Faszinierendes zugleich.
    In Siggis Ohren klang das Donnergrollen wie ein Hohn über ihre Verspätung und ihre Nachlässigkeit. Der Vater hatte doch gesagt, am Abend würde es gewittern. Gegen dieses Versäumnis standen die Abenteuer des Tages und das Gefühl, einen neuen Freund gewonnen zu haben. Siggi sagte sich, gewiss würde er seinen Vater davon überzeugen können, dass dies wichtiger war als ein Versprechen, vor dem Gewitter zu Hause zu sein.
    Schnaufend wie drei alte Dampflokomotiven kletterten sie auch das letzte Stück des Hangs hinauf. Diesmal war ausnahmsweise Siggi der Erste, als sie den Rastplatz erreichten. Die anderen beiden folgten ihm auf dem Fuß – und blieben ebenfalls wie erstarrt stehen.
    Ihre Fahrräder waren völlig demoliert. Die Reifen waren zerstochen, die Bleche verbeult, und in den Felgen waren Achten drin. Alles sah aus, als hätten Vandalen mit Äxten auf die Räder eingeschlagen: Die Rahmen waren total verbogen, der Lack war abgesplittert und alles kaputt. Die Picknickkörbe und ihr Inhalt waren wild auf dem Rastplatz verstreut.
    »Scheiße!«, sagte Siggi.



2
Die Rabenhöhle
    »Was waren das für Chaoten?«, tobte Gunhild. »Denen wünsche ich die Krätze an den Hals!«
    Siggi, der käsebleich geworden war, als er auf die Trümmer ihrer Räder starrte, sagte zunächst gar nichts mehr.
    »Wir werden laufen müssen«, stellte Hagen nach einer kleinen Weile fest. »Also, auf geht’s …«
    »Ja, wir müssen«, sagte auch Siggi seufzend, »wenn wir noch eine möglichst große Strecke trocken schaffen wollen.«
    »Wo entlang?«, fragte Hagen.
    Siggi dachte kurz nach. »Was ist, Gunhild? Versuchen wir, nach Hause zu kommen, oder laufen wir zum Waldgasthof und rufen von da aus Vati an?«
    Das blonde Mädchen überlegte, sah auf das herannahende Gewitter, dessen dunkle Wolkenfront durch die Lücken in den Baumkronen sichtbar war, und blickte sich um.
    »Den Weg zum Gasthof kenn’ ich nicht so gut, aber es ist auf jeden Fall kürzer als bis nach Hause oder ins Dorf. Gehen wir zum Gasthof, das ist das Beste, und wir haben Chancen, nicht allzu nass zu werden«, entschied sie schließlich. »Das ist auch besser so. Da wir die Typen, die das …«, die Worte fehlten ihr, und so deutete sie nur auf die traurigen Reste ihrer Fahrräder. »Da uns diese Kerle nicht entgegengekommen sind, müssen die sich zwischen hier und dem Dorf rumtreiben. Ich glaube, es ist besser, denen aus dem Weg zu gehen. Wer Fahrräder so sinnlos zertrümmert, der schlägt auch kleine Kinder.«
    »Gut«, meinte Siggi und sah auf die Schrotthaufen zu seinen Füßen. »Nehmen wir die Räder mit?«
    Er bemühte sich, seiner Stimme einen festen Klang zu geben, was ihm auch fast gelang. Gleichzeitig versuchte sich aber aus den Augenwinkeln umzusehen, ob er irgendetwas Ungewöhnliches entdecken konnte. Angst überkam ihn. Wenn sich diese Kerle hier noch rumtrieben …?
    »Wir lassen sie hier«, bestimmte Gunhild. »Wir können morgen mit Vati hierher fahren, um die Dinger zu holen – oder besser, was davon noch übrig ist. Die Reste mitzuschleppen, hält uns bloß auf.«
    »Also, auf geht’s. Welche Richtung?«, fragte Hagen, der sich ein wenig unsicher umsah. Er fühlte sich beobachtet, konnte aber nicht sagen, von wo. Auch ihn beschlich Furcht, und er würde heilfroh sein, wenn sie hier wegkämen.
    »Auf jeden Fall wieder runter und am Brunnen vorbei«, meinte Siggi. »Dann weiß ich es nicht so genau, aber es muss Hinweisschilder geben.«
    »Worauf warten wir noch?«, fragte Gunhild, die nach außen hin unbeeindruckt wirkte; aber auch ihr war es unheimlich zumute. Sie verbarg es nur am besten.
    So kletterten sie den Hang wieder hinunter. Die Gespräche waren verstummt. Jeder von ihnen hing seinen eigenen Gedanken nach, und alle drei versuchten auch, so unauffällig wie möglich die Gegend im Auge zu behalten. Aber noch war Hagen der Einzige, der fühlte, dass sie beobachtet wurden. Jemand – oder etwas – schien auf sie zu lauern, schien sie im Auge zu behalten, dass sie nicht mehr entkommen konnten.
    Hagen fröstelte, trotz der Gewitterschwüle. Ungewollt lief er schneller.
    Sie alle waren so bemüht, die eigene Angst vor den anderen zu verbergen, dass sie die Furcht der Gefährten gar nicht bemerkten. So kamen alle
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