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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman
Autoren: Iny Lorentz
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machen, war er lieber mit Ernst Rickinger und anderen Freunden durch die Schankwirtschaften gezogen und hatte auch schon mal die Nachtwächter geärgert. Der Vater hatte ihm vor seiner Abreise jedoch deutlich erklärt, dass dies nun anders werden müsse.
    Bartl seufzte bei der Vorstellung, nicht mehr mit ins Wirtshaus gehen zu können, wenn ihm danach war, sondern stundenlang im väterlichen Kontor hocken und trockene Zahlen in staubige Rechnungsbücher eintragen zu müssen. Diese Aufgabe hatte Veva ihm bisher abgenommen. Doch nun, da der Vater seine Schwester nicht nur aus dem Haus, sondern auch aus der Stadt geschickt hatte, musste er in den sauren Apfel beißen und den Schreibknecht spielen. Seine Laune, die angesichts des elenden Weges bereits arg gelitten hatte, sank noch tiefer.
    »He, Kerl! Wenn der Pfad nicht bald besser wird, kehren wir um. Vorher erhältst du aber noch eine kräftige Tracht Prügel, die dich lehren wird, das Maul nicht so voll zu nehmen!«, drohte er ihrem Führer an.
    Dieser drehte sich grinsend zu ihm um. »Dann wird die Jungfer aber zu Fuß laufen müssen, denn hier könnt ihr weder die Tragtiere mit der Sänfte noch die Karren wenden.«
    Nun sah Bartl rot. Er lenkte sein Pferd neben den Burschen, packte ihn mit der linken Hand beim Kragen und holte mit der Rechten aus, um ihn zu ohrfeigen. »Dafür bezahlst du mir!«
    Da er sich weit aus dem Sattel beugte, zog der Fremde ihn mit einem raschen Griff vom Pferd. Bartl stürzte zu Boden, richtete sich aber sogleich auf und versuchte, den Gegner von den Beinen zu reißen.
    Doch der Fremde war schneller. Noch bevor Bartl die Gefahr kommen sah, hatte der Mann seinen Hirschfänger gezogen und stach zu.
    Der Tod kam so überraschend, dass Bartl nur noch einen kurzen Schmerz verspürte. Dann erlosch er wie eine Kerze im Wind.
    Veva begriff erst, was geschehen war, als der Mörder seinen Hirschfänger mit einem heftigen Ruck aus dem Körper ihres Bruders zog und die Klinge in der Sonne rot aufleuchtete. Entgeistert schrie sie auf, während die Männer ihrer Eskorte fluchend die Schwerter zogen, um den Mörder in Stücke zu hauen.
    Da tauchten aus dem Dunkel des Bergwalds Männer mit geschwärzten Gesichtern in weiten Lodenmänteln und Hüten auf. Sie richteten ihre Speere und Schwerter auf die überraschten Waffenknechte. »Na, was ist? Wollt ihr diesem Lümmel in die Hölle folgen?«, fragte der Anführer, der sich eine hölzerne Geisterlarve mit Augenschlitzen vors Gesicht gebunden hatte.
    Um den kleinen Reisezug herum standen nun mehr als zwanzig Kerle. Die sechs Waffenknechte sahen zuerst einander an, dann warfen sie einen Blick auf die Sänfte, in der Veva so kreidebleich saß, als sei auch aus ihr alles Leben geschwunden.
    Der Anführer ließ sein Schwert fallen, als wäre der Knauf glühend heiß geworden, und seine Kameraden taten es ihm gleich. Dabei drehten sie Veva, für deren Schutz sie hätten sorgen sollen, den Rücken zu. Für sie zählte nur noch, das eigene Leben zu retten.
    »Runter von den Pferden!«, befahl der Räuberhauptmann.
    Inzwischen waren die Waffenknechte von den Räubern eingekeilt worden und gehorchten, ohne zu zögern.
    »Bei der Heiligen Jungfrau, seid gnädig!«, versuchte einer von ihnen die Räuber milde zu stimmen.
    Diese lachten jedoch nur, während ihr Hauptmann auf den Sprecher zutrat. »Wenn es dich so sehr nach der Heiligen Jungfrau gelüstet, werde ich dich zu ihr schicken!«
    Noch während er sprach, riss er seinen Dolch aus der Scheide und rammte ihn dem Flehenden in die Brust. Der Mann stieß einen keuchenden Laut aus, dann sank er mit einem überraschten Ausdruck in den Augen zu Boden. Gleichzeitig stachen die übrigen Räuber auf die überraschten Waffenknechte ein.
    Als die sechs am Boden lagen, versetzte der Räuberhauptmann einem der Toten einen Fußtritt und zeigte auf vier seiner Leute. »Ihr bringt die Leichen weg und werft sie in eine abgelegene Schlucht, ihr anderen kümmert euch um die Knechte.«
    Bei diesen Worten kam Leben in die Männer, die sich an ihren Maultieren festgehalten und die Räuber fassungslos angestarrt hatten. Während zwei von ihnen zu fliehen versuchten und nach ein paar Schritten niedergemacht wurden, sanken die beiden anderen auf die Knie und streckten dem Hauptmann die Arme entgegen. »Lasst uns am Leben! Bitte! Wir sind auch bereit, in Eure Bande einzutreten und Euch zu dienen, Herr!«
    Der Angesprochene blickte seine Spießgesellen scheinbar empört an. »Habt ihr
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