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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman
Autoren: Iny Lorentz
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piksen zu wollen. Die mögen das nämlich gar nicht, und dann könnte ich dich nicht mehr vor ihnen schützen. Es sind rauhe Kerle, für die ein Weib nur einen Zweck hat, nämlich die Beine breit zu machen. Das willst du doch sicher nicht.«
    Der Mann klang spöttisch, aber auch auf seltsame Art fürsorglich. Letzteres jedoch hatte nichts mit Mitleid zu tun – das begriff Veva sofort –, sondern war reine Berechnung. Der Kerl hatte ihren Reisezug nicht zufällig in die Irre führen lassen und ihm aufgelauert. Hatte er nicht gesagt, dass jemand Geld für sie bezahlen würde? Wer mochte das sein?
    Sosehr Veva ihr Gehirn auch zermarterte, sie vermochte sich niemanden vorzustellen, dem am Tod ihres Bruders gelegen war und daran, sie in die Hände zu bekommen. Wahrscheinlich wollte der Räuberhauptmann von ihrem Vater oder ihrem Bräutigam Lösegeld für sie erpressen. Aber wenn es so war, hatten die Kerle einen großen Fehler gemacht, denn für Bartl hätte ihr Vater seine Truhen viel weiter geöffnet.

4.
    D ie Banditen schleppten Veva tiefer und tiefer in die Berge. Zumeist ging es durch Wald, dessen Bäume sich mit ihren Wurzeln in einen steilen, felsigen Untergrund krallten. Gelegentlich ragten hohe Felswände zur Linken oder zur Rechten auf, und mehrfach rückten die Felsen so nahe an den schmalen Pfad, dass Veva glaubte, ihr Weg müsse an dieser Stelle zu Ende sein. Doch immer wieder fanden sich Durchgänge, die häufig aus dem Bett eines zu dieser Jahreszeit spärlich fließenden Baches bestanden, in dem die Gruppe so selbstverständlich weiterzog, als würden die Räuber jede Felsstufe kennen.
    Schließlich weitete sich die Schlucht, und sie erreichten ein kleines Tal, das ganz von Bergen umschlossen war. Nun ging es tatsächlich nicht mehr weiter, und es schien auch keine anderen Lebewesen in dem Kessel zu geben außer einigen Vögeln, die sich vom Wind auf- und abtragen ließen. Veva sah ihnen sehnsüchtig nach und wünschte sich ebenfalls Federn und Flügel, um den Räubern durch die Lüfte entfliehen zu können. Aber für sie gab es kein so leichtes Entkommen. Daher flehte sie die Himmelsjungfrau an, ihr einen Engel zur Hilfe zu schicken, der sie auf seinen Schwingen aus dieser Felsenhölle trug.
    Als der Anführer der Bande Bartls Wallach vor einer Steilwand anhielt, in der hoch über dem Talgrund der Eingang einer Höhle zu sehen war, begriff Veva, dass ihr auch kein Engel mehr helfen konnte. Der Räuberhauptmann schwang sich aus dem Sattel, hob seine Gefangene vom Pferd und packte sie an den Handgelenken. »Die werden wir schön binden, damit du nicht auf dumme Gedanken kommst.«
    »Elender Mörder«, zischte Veva ihn an.
    Der Mann stieß sie zweien seiner Spießgesellen in die Arme. »Fesselt ihr die Arme und sperrt sie in die hinterste Kammer. Passt aber auf, dass keiner ihr zu nahe tritt. Das Weib ist für einen guten Freund bestimmt, und der will sie unbeschädigt haben!«
    Die Kerle schleppten Veva eine schmale, natürliche Felsentreppe zum Höhleneingang hoch und schleiften sie durch eine labyrinthartige Höhle. Kurz darauf fand sie sich in einer dunklen Felsenkammer wieder, die kaum mehr als drei Schritte breit und fünf lang war. Eine Unschlittlampe spendete trübes, flackerndes Licht, stank aber so, dass Veva sich von Übelkeit überwältigt in eine Ecke kauerte und so lange würgte, bis nur noch reine Galle aus dem Magen kam. Grinsend sahen die Räuber ihr zu und spotteten über ihren Zustand. Schließlich bogen sie ihr die Arme auf den Rücken und schlangen ihr einen Strick um die Handgelenke.
    »So, das wird reichen«, meinte einer und versetzte ihr noch einen kräftigen Klaps auf das Hinterteil.
    Der Schlag war so hart, dass Veva stürzte und mit der Brust in ihrem eigenen Erbrochenen landete. Mit Mühe kämpfte sie sich auf die Knie, starrte auf ihre beschmierten Brüste und brach in Tränen aus.
    Die beiden Männer, die ihr mit höhnischen Bemerkungen zugesehen hatten, verließen nun das Felsloch. Aber es dauerte geraume Zeit, bis Veva begriff, dass sie allein war. Sie hob den Kopf, starrte auf die Tür, die aus dicken, ungeschälten Brettern zusammengenagelt war, und vernahm die Stimmen der Räuber, die in den Höhlen widerhallten. Die Kerle schienen zu feiern, als hätten sie eine Heldentat vollbracht und keine ahnungslosen Reisenden abgeschlachtet. Immer noch bebend vor Zorn stieß Veva Verwünschungen aus, die der Hebamme Kreszenz zufolge recht wirksam sein sollten. Bisher hatte Veva
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