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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman
Autoren: Iny Lorentz
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das gehört? Der Kerl nennt unsere wackere Gemeinschaft eine Bande, als wären wir lumpige Straßenräuber! Lassen wir uns das gefallen?«
    »Nein!«, antworteten gleich mehrere. Dann packten sie die Knechte, schleppten sie zu zwei Bäumen und banden sie dort fest.
    Den beiden stand die Hoffnung ins Gesicht geschrieben, dass die Räuber sie dort lebend zurücklassen würden. Dann, so hofften sie, würden sie sich selbst befreien können. Doch die Banditen rissen ihnen die Kleidung vom Leib, bis sie nackt an den Bäumen hingen, und brachten ihnen tiefe Schnittwunden bei, bis ihr Blut die Körper rot färbte und zur Erde rann.
    Der Hauptmann stand mit vor der Brust verschränkten Armen daneben und schien es zu genießen, dass die Knechte vor Schmerzen schrien und um Gnade flehten. »Wir werden euch den Wölfen und Bären überlassen, die der Blutgeruch anlocken wird. Auf Hilfe durch Wanderer braucht ihr nicht zu hoffen. Dieser Steig führt immer weiter ins Gebirge hinein und endet in einer abgelegenen Schlucht. Da es dort kein Gras und auch kein wertvolles Gestein gibt, verschlägt es weder Hirten noch Bergleute in diese Gegend. Das, was Wölfe und Bären von euch übrig lassen, wird hier verfaulen und nach der nächsten Schneeschmelze talwärts geschwemmt werden.«
    Einer der Gefangenen begann zu kreischen. »Nein, das dürft ihr nicht tun! Bringt uns um, aber lasst uns die Hoffnung, in geweihter Erde begraben zu werden.«
    Der Räuberhauptmann würdigte ihn keiner Antwort mehr, sondern winkte seinen Spießgesellen, die Pferde der Überfallenen mit den Waffen und der persönlichen Habe der Toten zu beladen, und reservierte das Ross, das Vevas Bruder als Reittier gedient hatte, für sich selbst.

3.
    N och immer starrte Veva entgeistert auf den am Boden liegenden Körper ihres Bruders. Bartl, der mit ihr zusammen den Leib der Mutter verlassen hatte, war ein Teil von ihr gewesen. Nun lebte er nicht mehr, und sie fühlte sich, als sei ein Stück aus ihr herausgerissen und abgeschlachtet worden. Halb wahnsinnig vor Kummer und Schmerz hatte sie kaum wahrgenommen, was mit ihren bewaffneten Begleitern und den Knechten geschah. Erst als der Räuberhauptmann in die Sänfte hineingriff und sie am Kinn fasste, klärte sich ihr Blick, und sie wurde sich ihrer eigenen Situation bewusst.
    »Na, was haben wir denn da? Du wirst mir so manche Stunde in unserem Versteck versüßen – und meinen Männern ebenfalls!«
    Brüllendes Gelächter antwortete dem Mann mit der hölzernen Maske, den Veva in ihrer Panik zunächst für einen Dämon aus den Schlünden der Hölle hielt. Erst als der Kerl sie aus der Sänfte zerrte, wurde ihr klar, dass er keinen Bocksfuß hatte. Aus dieser Erkenntnis schöpfte sie ein wenig Kraft. Zwar schienen die Räuber sie bereits mit ihren Blicken bis auf die Haut auszuziehen, doch ihre Wut und ihr Hass schwemmten die Angst hinweg.
    Mit einem Ruck löste sie sich aus dem Griff des Hauptmanns und spie vor ihm aus. »Für den Mord an meinen Bruder wirst du bezahlen, du Hund!«
    »Ich würde eher sagen, ich wurde dafür bezahlt!«, spottete der Mann, während er nach ihr griff. Mit dem Dolch, an dem noch das Blut des ermordeten Waffenknechts klebte, schnitt er ihr das Kleid und das Hemd vom Halsansatz abwärts auf, bis ihre Brüste freilagen.
    Veva holte tief Luft und empfahl ihre Seele ebenso wie die ihres Zwillingsbruders der Muttergottes, denn sie erwartete, dass die Räuber noch an Ort und Stelle über sie herfallen würden. Seltsamerweise empfand sie weder Furcht noch Schrecken. Es war, als gehöre ihr Körper einer anderen Frau, während sie selbst bereits mit Bartl gestorben war.
    Einer der Räuber keuchte gierig auf und fragte: »Was ist, Herr? Legen wir sie gleich hier aufs Kreuz?«
    Sein Anführer ließ Veva los und schüttelte den Kopf. »Du kümmerst dich mit drei Männern darum, dass die Sänfte in einer Schlucht verschwindet. Wir anderen kehren in unser Versteck zurück. Die Pferde und die Maultiere nehmen wir mit und verkaufen sie später in Tirol.«
    »Was ist mit den Karren?«
    »Das Zeug darauf ladet ihr auf die Gäule, und die Wagen schmeißt ebenfalls in die Schlucht.«
    »Und was nicht noch alles?«, bellte der Räuber seinen Hauptmann an. »Wir sollen die ganze Arbeit machen, während ihr anderen euch mit diesem Weibsstück vergnügt? Aber da mache ich nicht mit.«
    »Was machst du nicht?« Die Hand des Hauptmanns fiel schwer auf den Griff seines Schwertes. »Entweder du gehorchst,
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