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Die Kaufmannstochter von Lübeck

Die Kaufmannstochter von Lübeck

Titel: Die Kaufmannstochter von Lübeck
Autoren: Conny Walden
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fertig hergestellten Medizin mitgenommen!«
    »Wie gesagt«, wiederholte Endreß. »Ich hoffe, Ihr habt für Euer Problem eine Lösung.«
    Am nächsten Morgen fand man Herward von Ranneberg erstochen vor der Lübecker Stadtmauer, genau an der Grenze zwischen dem See- und dem Binnenhafen. Niemand hatte die Tat beobachtet. Es gab nur einen Bettler, der später behauptete, eine Gestalt, die nur als Schatten zu sehen gewesen war, sei mit einem Leichnam auf den Schultern zu den Zinnen der Stadtmauer hochgestiegen und hätte einen menschlichen Körper hinübergeworfen.
    Johanna erwachte durch einen lauten Schrei.
    Sie saß halb aufgerichtet auf dem kalten Steinboden des Kerkers und lehnte gegen Frederiks Schulter, wo sie schließlich vor Erschöpfung eingenickt war. Ihr Magen knurrte. Sie fror, und die Luft war so stickig, dass man kaum zu atmen vermochte.
    Alle Geiseln aus Helsingborg waren im städtischen Kerker zusammengepfercht worden. Es war mindestens so eng wie in dem kalten Loch in Helsingborg, in das man sie zusammen mit den Hübschlerinnen gesteckt hatte.
    Der Schrei wiederholte sich. Er kam von einer der Geiseln, einem Mann mit hellgrauem Bart, dessen Wams keinen Zweifel daran ließ, dass er von höherem Stand war. Schon am Vorabend hatte er sich lautstark darüber beklagt, dass die Unterbringung nicht standesgemäß sei. Ein Verstoß gegen alle Regeln, die es selbst in Kriegszeiten gab! Er sprach eine Mischung aus Dänisch und Platt und hatte lange und eindringlich auf die Wächter und auf die Hauptleute der Stadtwache eingeredet – ohne Erfolg.
    »Der soll sich nicht so anstellen«, meinte Frederik. »Für den wird auf jeden Fall jemand ein Lösegeld zahlen – für dich wohl kaum. Und bei mir würden sie es wahrscheinlich gar nicht annehmen, da man mich immer noch für den Mörder eines Hansediplomaten hält.«
    Gegen Mittag gab es wenigstens für alle Einsitzenden Stockfisch und etwas Wasser.
    Johanna hatte das ihr zugeteilte Stück Fisch kaum zur Hälfte hinuntergeschlungen, da kamen Wächter in den Kerkergang. Die Tür wurde aufgeschlossen. »Johanna von Dören und Frederik von Blekinge – mitkommen!«, sagte einer von ihnen.
    Frederik und Johanna wurden von den Wächtern in die Mitte genommen und hinausgeführt. Sie wurden in einen Raum gebracht, wo ein Bekannter auf sie wartete. Es war Magnus Bredels vom Unterwerder.
    »Seid gegrüßt, Johanna von Dören«, sagte der neue Ältermann der Schonenfahrer. »Und auch Ihr, Frederik von Blekinge. Ich bin vom Rat ermächtigt worden, Euch, Johanna, zu sagen, dass Ihr frei und wieder in Eure alten Rechte eingesetzt seid. Euer Vermögen, das in der Zwischenzeit treuhänderisch verwaltet wurde, wird Euch zurückgegeben.«
    Johanna war im ersten Moment sprachlos. »Wie kann das sein?«
    Magnus gab darauf zunächst keine Antwort, sondern wandte sich Frederik zu. »Auch gegen Euch liegt nichts vor. Der wahre Mörder von Pieter van Brugsma ist ein anderer, wie sich nun aus sicherer Quelle herausgestellt hat.«
    »Und was ist das für eine sichere Quelle, aus der plötzlich solche Erkenntnisse sprudeln?«, fragte Frederik.
    »Bruder Emmerhart wurden offenbar durch Herward von Ranneberg einige Dinge zur Aufbewahrung gegeben. Darunter auch ein Brief des Reichsdrosts von Dänemark, in dem dieser ihm – für gewisse Dienste – die Rückgabe seines Helsingborger Besitzes in Aussicht stellt. Und es gibt einen Brief, der niemals überbracht wurde, in dem Herward sich rühmt, alle seine Aufträge sorgfältig und zuverlässig ausgeführt zu haben. Bruder Emmerhart lässt Euch ausrichten, dass es ihm sehr leidtue, was Euch ungerechterweise widerfuhr. Aber erst jetzt, nach Herwards Tod, konnte er die Siegel der Dokumente, die ihm anvertraut waren, unter Zeugen brechen. Und er sagte auch, dass er nie an Eure Schuld geglaubt hat, Frederik von Blekinge. Schon in Köln nicht.«
    »Herward ist tot?«, fragte Johanna ungläubig.
    »Man fand ihn erstochen im Hafen. Und eigentlich erhoffte man sich aus den Dokumenten Aufklärung darüber, wer gegen ihn einen Groll gehabt haben könnte, der tief genug ist, ihn zu ermorden.« Magnus zuckte mit den Schultern. »Er scheint wohl doch nur in nächtliche Händel mit zwielichtigen Gestalten geraten zu sein. Man sollte überlegen, die Zahl der Nachtwächter zu erhöhen. Dafür plädiere ich im Rat schon seit Jahren vergeblich.«
    »Eigenartig«, murmelte Johanna und runzelte die Stirn.
    »Ich soll Euch noch etwas ausrichten«, fuhr Magnus
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