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Die Kaufmannstochter von Lübeck

Die Kaufmannstochter von Lübeck

Titel: Die Kaufmannstochter von Lübeck
Autoren: Conny Walden
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Waffenknechte nach Lübeck gekommen, und die Dienste dieses kleinen Reitertrupps finsterer Gesellen konnte man sicher auch hier vor Helsingborg gut gebrauchen. Jeder Mann, jede Klinge und jede Armbrust zählten hier.
    »Habt Ihr Euch inzwischen entschieden, ob Ihr den Angriff morgen durchführen lassen wollt, Bürgermeister?«, fragte Herward von Ranneberg.
    Brun Warendorp nickte. »Es ist wahrscheinlich das letzte Mal, dass wir die Kraft aufbringen«, bekannte er. »Wenn wir morgen nicht angreifen, dann werden wir es nie mehr tun, fürchte ich, und Waldemar wird triumphieren. Da können die Herren von Holstein und Mecklenburg den Dänen noch so viel Grund und Boden wegnehmen. Hier in Helsingborg entscheidet sich alles.«
    »Wenn Ihr jetzt umdreht, wird man Euch trotz allem als Bezwinger Waldemars feiern, und ich bin mir sicher, dass man ihn zu Verhandlungen und zu einem Friedensvertrag bewegen könnte.«
    »Ja, das mag sein«, nickte Brun Warendorp. »Aber das ist mir nicht genug. Ich will Helsingborg eingenommen haben.«
    »Habt Ihr vor, es danach dauerhaft besetzt zu halten?«, fragte Herward.
    »Mindestens für die nächsten zehn Jahre!«
    »Auch das wird einiges kosten! Mehr vielleicht, als Ihr an Sundzoll einspart.«
    Brun Warendorp drehte sich um und sah Herward erstaunt an. »Seid Ihr der Advocatus von Waldemar?«
    »Ich versuche nur, Klarheit in die Dinge zu bekommen.«
    »Die sind aus meiner Sicht klar – auch wenn es in meinen eigenen Reihen Männer gibt, die das anders sehen, zu denen Ihr anscheinend auch gehört.«
    Herward von Ranneberg trat näher. Der Bürgermeister hatte sich unterdessen einer großen Bleistiftzeichnung zugewandt. Sie zeigte die vor ihnen liegende Festung. Warendorp hatte alle schweren Treffer, die er zu erkennen geglaubt hatte, dort penibel eingetragen.
    Den Dolch, den Herward von Ranneberg blitzschnell gezogen hatte, sah er daher nicht kommen. Erst als ihm die Klinge mit einem sehr schnell ausgeführten Stich bis zum Heft in den Rücken getrieben wurde, merkte er, was die Stunde geschlagen hatte. Brun Warendorp drehte sich noch halb herum und sah Herward mit einem vollkommen überraschten und verständnislosen Blick an. Doch dann sackte sein Körper mit einem dumpfen Laut zu Boden und blieb dort in eigenartig verrenkter Haltung liegen. Blut sickerte aus der Stichwunde und bildete einen kleinen Strom, der durch die Fugen des Steinbodens mäanderte.
    Jetzt wird es wohl keinen Angriff mehr geben, dachte Herward. Der Krieg war damit vermutlich beendet. In ein paar Tagen begann man vielleicht schon mit dem Beladen der Schiffe, um mit der frohen Kunde nach Lübeck zurückzukehren, dass die Dänen besiegt waren, auch wenn man Helsingborg nicht erobern konnte.
    Ein zufriedenes Lächeln erschien auf Herward von Rannebergs Gesicht, während er den Dolch wieder an sich nahm und sorgfältig an den Kleidern des Toten abwischte.
    Es war Casjen Hinrichs, der den toten Bürgermeister am Morgen fand. Er beugte sich über ihn, drehte ihn herum und schloss ihm die Augen. Dann erhob er sich und wandte sich an den Söldnerhauptmann, der zusammen mit ihm eingetreten war.
    »Kein Wort über das, was du hier gesehen hast.«
    »Aber …«
    »Jetzt zumindest noch nicht.«
    »Herr, ich weiß nicht …«
    »Der Angriff soll wie geplant stattfinden. Später können wir dann um den Bürgermeister trauern und ihm die Ehre erweisen, die er verdient hat.«
    »Wie Ihr meint, Herr.«
    »Dann wollen wir keine Zeit verlieren.«
    Es ist die letzte Chance, Helsingborg zu nehmen, erkannte Casjen Hinrichs. Und wer immer ihn umgebracht hat, wollte genau dies verhindern.
    Aber Brun Warendorps Stellvertreter war fest entschlossen, dies nicht zuzulassen. Da er Warendorp schon öfters vertreten hatte, würden die Männer auch seinen Befehlen folgen.
    Der Angriff begann mit einem starken Beschuss durch die Katapulte. Casjen Hinrichs hatte den Befehl gegeben, keinerlei Munition mehr zurückzuhalten. Alles, was jetzt an Gesteinsbrocken zur Verfügung stand, konnte auch benutzt werden.
    Auf Brandpfeile wurde wegen der feuchten Witterung verzichtet, aber man richtete mehrere Springalds so aus, dass ihre Bolzen das Haupttor trafen. Ein wahrer Hagel von Geschossen ging auf die Festung nieder, weshalb es für die Verteidiger zeitweilig kaum noch möglich war, sich im Festungshof aufzuhalten.
    Dreimal stießen Söldner der Hanse mit einem Rammbock bis zum Haupttor vor. Aber es hielt stand und wurde hastig durch Balken verstärkt.
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