Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen
Geflatter einiger mehr furchtsamer Zoogs. Er hatte gewußt, sie würden ihm folgen und war deswegen nicht beunruhigt; denn man gewöhnt sich an die Anomalien dieser neugierigen Geschöpfe. Dämmerung herrschte, als er den Waldsaum erreichte, und der zunehmende Glanz verriet ihm, daß es die Morgendämmerung war. Über fruchtbaren Ebenen, die sich bis hinab zum Skai entrollten, sah er den Rauch aus den Kaminen von Cottages aufsteigen, und überall gab es die Hecken und gepflügten Felder und Strohdächer eines friedvollen Landes. Einmal rastete er an einem Farmhausbrunnen, um einen Becher Wasser zu trinken, und alle Hunde bellten verschreckt die unbemerkbaren Zoogs aus, die hinter ihm durchs Gras krochen. Bei einem anderen Haus, wo sich Leute regten, stellte er Fragen über die Götter und ob sie oft auf dem Lerion tanzten, doch der Farmer und seine Frau machten nur das Zeichen der Alten und wiesen ihm den Weg nach Nir und Ulthar.
Mittags schritt er auf der einzigen breiten Hauptstraße Nirs; er kannte sie von einem früheren Besuch, und sie markierte die vorgeschobendste Grenze seiner vormaligen Reisen in dieser Richtung; und bald darauf gelangte er an die große Steinbrücke über den Skai, in deren Mittelpfeiler die Maurer ein lebendiges Menschenopfer eingegossen hatten, als sie sie vor dreizehnhundert Jahren erbauten. Einmal auf der anderen Seite, enthüllte die häufige Gegenwart von Katzen (die vor den dahinkriechenden Zoogs alle den Buckel krümmten) die nahe Nachbarschaft Ulthars; denn in Ulthar darf, nach einem alten und ausdrücklichen Gesetz, niemand eine Katze töten. Sehr hübsch war sie, die Umgebung von Ulthar mit ihren kleinen, grünen Cottages und den ordentlich eingezäunten Farmen; und noch hübscher war die schmucke Stadt selbst mit ihren altmodisch spitzen Dächern, den vorkragenden Obergeschossen, den unzähligen Kaminkappen und den engen Hügelsträßchen, auf denen alte Pflastersteine zum Vorschein kommen, wann immer die grazilen Katzen Platz genug dafür lassen. Die Katzen hatten sich wegen der halbwahrgenommenen Zoogs zerstreut, und Carter fand seinen Weg direkt zum bescheidenen Tempel der Alten, wo die Priester und alten Papiere angeblich zu finden waren; und nachdem er den ehrwürdigen, kreisrunden, efeuüberrankten Felsturm der Ulthars höchsten Hügel krönt betreten hatte, suchte er den Patriarchen Atal auf, der den verbotenen Gipfel Hatheg-Kla in der Steinwüste erstiegen hatte und lebendig wieder heruntergekommen war.
Atal, der auf einer Elfenbeinestrade in einem bekränzten Schrein in der Spitze des Tempels thronte, zählte volle drei Jahrhunderte, gebot aber noch immer über einen scharfen Verstand und ein ebensolches Gedächtnis. Von ihm erfuhr Carter vieles über die Götter, hauptsächlich jedoch, daß sie wahrhaftig nur Götter der Erde sind, die unser eigenes Traumland schwach regieren und anderswo weder Macht noch Wohnung haben. Bei guter Laune, so sagte Atal, könnten sie das Gebet eines Menschen durchaus erhören; aber man sollte es sich nicht einfallen lassen, zu ihrer Onyxfeste oben auf dem Kadath in der kalten Öde hinaufsteigen zu wollen. Zum Glück wüßte niemand, wo sich der Kadath auftürme, denn die Folgen seiner Besteigung wären sehr ernst. Atals Gefährte, Barzai der Weise, wäre schon schreiend in den Himmel gezogen worden, nur weil er den bekannten Gipfel des Hatheg-Kla erstiegen habe. Bei dem unbekannten Kadath, sollte er jemals gefunden werden, müßte man sich auf noch bedeutend Schlimmeres gefaßt halten; denn obwohl es einem klugen Sterblichen manchmal gelänge, die Erdgötter zu überwinden, stünden sie doch unter dem Schutz der Anderen Götter des Außenraumes, von denen man besser nicht spräche. Wenigstens zweimal in der Geschichte der Welt hätten die Anderen Götter dem Urgranit der Erde ihr Siegel aufgedrückt; einmal in vorsintflutlichen Zeiten, wie sich einer Zeichnung in jenen Partien der Pnakotischen Manuskripte entnehmen lasse, die zu alt seien, um sie entziffern zu können, und dann auf Hatheg-Kla, als Barzai der Weise versuchte, die Götter der Erde im Mondschein tanzen zu sehen. Deshalb, sagte Atal, wäre es auch viel klüger, man ließe alle Götter bis auf taktvolle Gebete unbehelligt.
Obgleich Carter von Atals entmutigendem Ratschlag und der mageren Hilfe, die ihm aus den Pnakotischen Manuskripten und den Sieben Kryptischen Büchern von Hsan zuwuchs, enttäuscht war, verzweifelte er doch nicht völlig. Zuerst befragte er den alten
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