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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Barbara Goldstein
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zuvor mithilfe venezianischer Truppen nach Urbino zurückgekommen.
    Nach einem ausgiebigen Mittagessen machte ich mich wieder auf den Weg, verließ Perugia und folgte dem Tiber bis nach Città di Castello, wo ich übernachtete. Am Morgen des dritten Tages ritt ich die steile Straße zum Pass hinauf, der Umbrien von den Marken trennt. Ich stieg ab und genoss eine Weile den Blick in die Unendlichkeit: auf der einen Seite die Weite der sanften umbrischen Hügel, die mich ein wenig an die vertraute Landschaft der Toskana erinnerten, auf der anderen Seite die schroffen Berge des Apennin, die tiefen grünen Täler, die sich bis zum Meer erstreckten, dessen sommerliches Sfumato ich am Horizont schon erkennen konnte.
    Der Abstieg war noch steiler als der Aufstieg zum Pass. Ich folgte dem Weg durch ein bewaldetes Tal – durch einen transparenten Vorhang aus Licht, als die Strahlen der im Zenit stehenden Sonne durch die Blätter auf die Straße hinabschienen. Neben mir rauschte der Metauro in Richtung Meer, als ich mein Pferd antrieb. Ich wollte noch vor Sonnenuntergang ankommen.

    Ich erreichte das Stadttor von Urbino, als es gerade für die Nacht geschlossen werden sollte. Aber die Wachen erkannten mich und ließen mich ein. Ich trabte die steile Gasse hinauf, erwiderte die neugierigen Blicke und das herzliche Lächeln derjenigen, die mich wiedererkannten, winkte ein paar Kindern zu, die hinter mir herrannten, wandte mich an der Piazza vor der Kirche San Francesco nach links und ritt die Via Ducale hinauf, am Dom vorbei, zum herzoglichen Palast. Die Wachen ließen mich durch das große Tor bis in den Hof reiten, wo ich vom Pferd sprang. Der Diener, der die Zügel ergriff, wunderte sich darüber, dass ich kein Gepäck hatte. Während er meinen Hengst in den Stall führte, stieg ich langsam die Treppe in den ersten Stock hinauf.
    Zur Verblüffung der Dienerschaft ließ ich mich bei Francesco Buffa melden, dem Sekretär des Herzogs. Ich erklärte ihm, dass ich eine Audienz bei Seiner Herrlichkeit wünschte. Wenn möglich, noch an diesem Abend. Es würde nicht lange dauern. Ein paar Minuten …
    »Ihr braucht doch keine Audienz, Euer Exzellenz!«, versicherte mir Buffa, »Ihr könnt doch gleich zu ihm …«, aber ich bestand darauf, bei Guido angemeldet zu werden. Er sollte entscheiden, ob er mich sehen wollte oder nicht.
    Während Buffa verschwand, um Guido über meine Anwesenheit im Palazzo zu unterrichten, schritt ich langsam durch die Säle, die ich einige Monate lang bewohnt hatte, nur begleitet vom Echo meiner Schritte. Die Räume waren nach der Plünderung durch Cesare immer noch erschreckend leer. Guido war erst drei Tage zuvor zurückgekehrt.
    Francesco Buffa fand mich in der Loggia. »Seine Magnifizenz ist bereit, Euch zu empfangen«, erklärte er mir.
    »Wann?«
    »Sofort«, erwiderte Buffa, führte mich zum Audienzsaal des Herzogs und öffnete mir galant die Tür.
    Guido stand am Fenster und betrachtete den wie flüssiges Gold leuchtenden Sonnenuntergang über den Hügeln um Urbino. Er drehte sich nicht um, als ich den Saal betrat und hinter der Tür stehen blieb.
    »Was willst du?«, fragte er nach einer Weile.
    Sein Tonfall erschreckte mich, und ich schluckte alles herunter, was ich ihm hatte sagen wollen. Dass ich ihn liebte. Dass ich ihn vermisst hatte. Dass ich mich nach ihm gesehnt und mich monatelang in den Schlaf geweint hatte, weil ich ihn nicht vergessen konnte. Dass ich ihn um Vergebung bat für das, was ich ihm angetan hatte. Tausend Worte. Und noch mehr Gefühle.
    Aber er wandte sich nicht zu mir um, starrte in den leuchtenden Sonnenuntergang, als könnte er meinen Anblick nicht mehr ertragen. Als sei ihm die Erinnerung an das Glück, die Freude, die Sinnlichkeit, die wir im anderen gefunden hatten, unerträglich in seiner Einsamkeit.
    Ich war traurig, unendlich traurig. Ich rang mit den Tränen und brachte kein Wort heraus.
    Als ich schließlich zu seinem Schreibtisch hinüberging, spannte er die Schultern an und hielt sich am Fenstersims fest, als fürchtete er, ich könnte ihn berühren, umarmen, küssen oder ihm meine Liebe gestehen, als hätte er Angst, unter dem Ansturm seiner eigenen Gefühle zusammenzubrechen.
    Ich küsste seinen Ring wie zum Abschied, dann legte ich ihn auf seinen Schreibtisch, wandte mich um und ging langsam, zögernd zur Tür, um für immer aus seinem Leben zu verschwinden.
    Die Klinke hatte ich schon in der Hand, als er sich überrascht umdrehte und den Ring auf dem Tisch
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