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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Barbara Goldstein
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gern tun würde. Die Herstellung von Glück und Zufriedenheit, von Seelenfrieden, ist die schwierigste Operation des Alchemisten. Ich will sie wagen!«
    Er sah mich lange an, dann umarmte er mich – zum letzten Mal. »Ich habe alles verloren, Caterina. Alles, sogar meine Hoffnung. Aber meine Erinnerungen kann mir niemand wegnehmen, meine Erinnerungen an das Kostbarste, was ich je besessen habe, ohne es jemals zu besitzen: Dich, meine geliebte Caterina.«
    »Vergiss mich!«
    »Nein, niemals! Ich werde mich immer an dich erinnern. Jeden Tag meines Lebens.« Er besiegelte dieses Versprechen mit einem leidenschaftlichen Kuss.
    Ich weiß nicht mehr, wie lange wir so standen, dem Feuer so nah, dass es uns fast verbrannte. Wir umarmten uns und ergaben uns unseren überwältigenden Gefühlen des Sichfindens im anderen.
    Dann entwand ich mich seinen Armen, strich ihm liebevoll über die Wange, wischte ihm mit meinem Ärmel die Tränen aus dem Gesicht, küsste ihn zum Abschied. »Niccolò Machiavelli hat einmal gesagt, das Glück sei wie ein reißender Strom. Ich wünsche dir, dass du eines Tages diesen Fluss findest, Cesare. Und wenn du ihn gefunden und von seinem berauschenden Wasser getrunken hast und du ein paar Schritte hineingegangen bist, um das Glück zu spüren, dann erinnere dich an meine Worte: Bleib in der Nähe des Ufers, wo das Wasser ruhig und tief ist, wo du ohne die Gefahr zu ertrinken schwimmen lernen kannst, und halte dich von den Stromschnellen fern. Denn zu viel Glück reißt ins Verderben.«
    Mit einem traurigen Lächeln nickte er. Seine Tränen funkelten im Licht der Flammen. Er ließ meine Hand nicht los, zog mich erneut an sich, um mich zu küssen. »Ich habe Angst, Caterina«, flüsterte er. »Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich Angst.«
    »Ich auch, Cesare. Furchtbare Angst«, gestand ich. »¡Vaya con Dios!« Ich riss mich von ihm los, verließ ihn – zum letzten Mal. Ich habe Cesare in meinem ganzen Leben nie wiedergesehen.
    Ich wandte mich um und machte den ersten Schritt auf einem langen Weg, dessen Ziel ich nicht kannte. Noch nicht.

    In Rom herrschte das Chaos. Der Vatikan, in dem sich nur noch Cesare und ein paar seiner Gefolgsleute aufhielten, wurde von den Orsini belagert. Das Tor war geschlossen, und ich entschied mich für den Weg durch den Passetto in die Engelsburg. Der Kommandant gab mir ein Pferd und öffnete das Tor, um mich entkommen zu lassen.
    Im Galopp überquerte ich den Tiber, bog in die Via dei Coronari ein, vorbei an der Piazza Navona, bis ich den Palazzo Medici erreichte. Ich stieg nicht ab, verharrte nur eine Weile und überlegte, ob Gianni meine Nachricht und die Büchertruhe wohl erhalten hatte.
    »Viel Glück im Konklave, Gianni!«, flüsterte ich. Dann wendete ich mein Pferd und trabte die Straße hinunter in Richtung Porta Flaminia, um Rom zu verlassen.
    Ich folgte dem Tiber stromaufwärts, galoppierte über die Wiesen am Flussufer, genoss den Wind auf meinem Gesicht, öffnete das Seidenband, das meine Haare bändigte, und schüttelte sie übermütig.
    Die Sonne stand im Zenit, als ich zum ersten Mal rastete. Ich legte mich in den Schatten eines Baumes und genoss die Ruhe. Die Grillen zirpten neben mir im Gras, die Vögel zwitscherten ein fröhliches Lied. Der Wind duftete nach trockener Erde, nach Gras … nach Leben. Ich lag auf dem Boden, sah hinauf in den indigofarbigen Himmel und fühlte mich so frei wie noch nie zuvor.
    Die Vergangenheit hatte aufgehört zu existieren, die Zukunft hatte noch nicht begonnen. Und niemand wusste, wo ich war. Ehrlich gesagt, wusste ich das selbst nicht, da ich mich entschlossen hatte, keiner Straße zu folgen, die irgendwohin führte.
    Nach einem kargen Mahl aus Brot und Wasser, das der Kommandant mir mitgegeben hatte, schwang ich mich wieder in den Sattel und folgte dem Tiber flussaufwärts, bis die Sonne unterging. Die warme Sommernacht verbrachte ich unter einem funkelnden Sternenhimmel.
    Die aufgehende Sonne fand mich schon wieder im Sattel. An diesem zweiten Tag erreichte ich Perugia, wo ich ein paar Stunden rastete. In einer Osteria erfuhr ich, dass Gian Paolo Baglioni in die Stadt zurückgekehrt war und wieder die Macht übernommen hatte. Als sich die Nachricht vom Tod Papst Alexanders wie ein Lauffeuer in Italien verbreitete, waren alle von den Borgia vertriebenen Machthaber aus dem Exil in ihre Herrschaftsgebiete zurückgekehrt, ohne auf nennenswerten Widerstand durch Cesares Heer zu stoßen. Herzog Guido war zwei Tage
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