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Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange

Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange

Titel: Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange
Autoren: Rick Riordan
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während er die Arme um den goldenen Schrein schlang.
    Jetzt oder nie: Ich musste die Ordnung wiederherstellen.
    Ich kanalisierte die Macht von Isis, schöpfte so tief aus meinen geheimen Magiereserven, dass ich meine Seele brennen spürte. Ich zwang mich zur Konzentration und sprach das mächtigste aller Göttlichen Worte: »Maat.«
    Die Hieroglyphe brannte vor mir – klein und hell wie eine Miniatursonne:

    »Gut!«, rief Walt. »Weiter so!« Irgendwie hatte er es geschafft, die Ketten festzuziehen und das Maul des Sphinx zu packen. Während das Geschöpf sich mit aller Kraft auf ihn stürzte, legte sich Walts seltsame graue Aura wie eine ansteckende Krankheit über den Körper des Ungeheuers.
    Der Criosphinx zischte und zuckte. Ich nahm Verwesungsgestank wahr, er ähnelte dem Geruch einer Gruft – und war so stark, dass ich mich kaum noch konzentrieren konnte.
    »Sadie«, drängte Walt. »Der Zauberspruch! Weiter!«
    Ich konzentrierte mich auf die Hieroglyphe. Ich leitete all meine Energie in dieses Symbol der Ordnung und Schöpfung. Das Wort leuchtete heller. Die Schlangenbewegungen lösten sich wie Nebel im Sonnenschein auf. Die zwei Criosphingen zerfielen zu Staub. Die Kanopengefäße krachten zu Boden und zerbrachen. Die Anubisstatue ließ Cheops los und er fiel kopfüber herunter. Die Uschebti-Armee erstarrte und Alyssas Erdmagie breitete sich im Raum aus, flickte Risse und stützte Wände.
    Ich spürte, wie Apophis sich vor Wut zischend tiefer in die Duat zurückzog.
    Und prompt kippte ich um.
    »Ich hab dir doch gesagt, dass sie es kann«, sagte eine freundliche Stimme.
    Die Stimme meiner Mutter … Das konnte natürlich nicht sein. Sie war tot, deshalb sprach ich nur selten mit ihr und wenn, dann in der Unterwelt.
    Ich konnte wieder sehen, verschwommen und schwach. Zwei Frauen beugten sich über mich. Eine von ihnen war meine Mutter – ihr blondes Haar war zurückgesteckt, ihre dunkelblauen Augen funkelten vor Stolz. Sie war durchsichtig, wie Götter es sind; doch ihre Stimme war warm und sehr lebendig. »Das Ende ist noch nicht gekommen, Sadie. Du musst weiterkämpfen.«
    Neben ihr stand Isis in ihrem weißen Seidenkleid, ihre Flügel aus Regenbogenlicht schimmerten. In ihr glänzendes schwarzes Haar waren Diamantfäden geflochten. Ihr Gesicht war ebenso schön wie das von Mom, allerdings majestätischer und nicht so liebevoll.
    Versteht mich nicht falsch. Nachdem ich meine Gedanken mit Isis geteilt hatte, wusste ich, dass sie sich auf ihre Art um mich sorgte, doch Götter sind eben keine Menschen. Sie haben Schwierigkeiten, in uns etwas anderes als nützliche Werkzeuge oder amüsante Spielzeuge zu sehen. Für einen Gott scheint ein Menschenleben nicht viel länger zu dauern als das einer durchschnittlichen Wüstenrennmaus.
    »Das hätte ich nicht gedacht«, sagte Isis. »Die letzte Magierin, die Maat herbeigerufen hat, war Hatschepsut persönlich und selbst sie konnte es nur, solange sie einen falschen Bart trug.«
    Ich hatte keine Ahnung, was das bedeuten sollte, und beschloss, dass ich es auch gar nicht wissen wollte.
    Ich versuchte mich zu bewegen, schaffte es jedoch nicht. Es war, als würde ich auf dem Boden einer Badewanne treiben, im warmen Wasser schweben, während die Gesichter der beiden Frauen sich auf der Wasseroberfläche über mir kräuselten.
    »Sadie, hör gut zu«, sagte meine Mutter. »Gib dir nicht die Schuld an den Todesfällen. Dein Vater wird Einspruch gegen deinen Plan erheben. Du musst ihn überzeugen. Erklär ihm, dass es der einzige Weg ist, die Seelen der Toten zu retten. Erklär ihm …« Ihr Gesichtsausdruck wurde düster. »Sag ihm, es ist der einzige Weg für ihn, mich je wiederzusehen. Es muss dir gelingen, meine Süße.«
    Ich hätte sie gern gefragt, was sie damit meinte, doch offenbar konnte ich nicht sprechen.
    Isis berührte meine Stirn. Ihre Finger waren eiskalt. »Wir dürfen sie nicht weiter belasten. Wir verabschieden uns jetzt von dir, Sadie. Doch die Zeit, dass wir uns wieder vereinen müssen, wird schon bald kommen. Du bist stark. Sogar stärker als deine Mutter. Gemeinsam werden wir die Welt regieren.«
    »Gemeinsam werden wir Apophis schlagen , wolltest du sagen«, verbesserte sie meine Mutter.
    »Natürlich«, sagte Isis. »Ich habe mich nur versprochen.«
    Ihre Gesichter verschwammen miteinander. Sie sprachen mit einer Stimme: »Ich hab dich lieb.«
    Ein Schneesturm fegte über meine Augen. Meine Umgebung veränderte sich und plötzlich stand ich
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