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Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange

Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange

Titel: Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange
Autoren: Rick Riordan
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mit Anubis auf einem Friedhof. Nicht mit dem modrigen alten schakalköpfigen Gott, als der er in ägyptischer Grabkunst auftaucht, sondern mit dem Anubis, als den ich ihn normalerweise sah – einem Jugendlichen mit warmen braunen Augen, verwuschelten schwarzen Haaren und einem Gesicht, das unglaublich und nervend schön war. Also ehrlich – als Gott war er einfach im Vorteil. Das war so unfair. Warum musste er immer in dieser Gestalt auftauchen, bei der sich meine Innereien zu Brezeln verdrehten?
    »Toll«, brachte ich heraus. »Wenn du hier bist, muss ich wohl tot sein.«
    Anubis lächelte. »Nicht tot, obwohl es dieses Mal ganz schön knapp war. Das war echt eine riskante Entscheidung.«
    Ich spürte ein Brennen auf meinem Gesicht, das bis zum Hals hinunterlief. Ich konnte nicht einordnen, ob es Verlegenheit, Wut oder Wiedersehensfreude war.
    »Wo hast du gesteckt?«, wollte ich wissen. »Ein halbes Jahr und kein einziges Wort von dir.«
    Sein Lächeln verschwand. »Sie haben mir nicht erlaubt, dich zu sehen.«
    »Wer hat das nicht erlaubt?«
    »Es gibt Gesetze«, sagte er. »Selbst jetzt beobachten sie uns; aber da du dem Tod nah genug bist, geht es ein paar Minuten. Was ich dir sagen muss: Du bist auf dem richtigen Weg. Schau auf das, was nicht da ist. Nur so kannst du vielleicht überleben.«
    »Aha«, brummte ich. »Danke, dass du nicht in Rätseln sprichst.«
    Die Wärme erreichte mein Herz. Es begann zu schlagen und plötzlich wurde mir klar, dass mein Herzschlag ausgesetzt hatte, als ich bewusstlos geworden war. Das war vermutlich nicht gut.
    »Sadie, da gibt es noch etwas.« Anubis’ Stimme wurde dünn. Sein Bild begann zu verblassen. »Ich muss dir sagen –«
    »Sag es mir persönlich«, erwiderte ich. »Lass diesen ›Todesvision‹-Blödsinn.«
    »Ich kann nicht. Sie erlauben es nicht.«
    »Du klingst immer noch wie ein kleiner Junge. Du bist doch ein Gott, oder? Du kannst verdammt noch mal tun und lassen, was dir beliebt.«
    Wut glomm in seinen Augen. Zu meiner Überraschung lachte er. »Ich habe vergessen, wie nervig du bist. Ich werde versuchen vorbeizukommen … kurz. Wir müssen etwas besprechen.« Er streckte die Hand aus und streichelte mir über die Wange. »Du wachst jetzt auf. Tschüs, Sadie.«
    »Geh nicht.« Ich packte seine Hand und presste sie gegen meine Wange.
    Die Wärme flutete durch meinen ganzen Körper. Anubis verblasste.
    Ich schlug die Augen auf. »Geh nicht!«
    Meine verbrannten Hände waren mit Verbänden umwickelt und ich hielt eine haarige Pavianpfote umklammert. Cheops sah zu mir herunter und schien eher verwirrt. »Agh?«
    Ganz toll. Ich flirtete mit einem Affen.
    Ich setzte mich zerschlagen auf. Carter und unsere Freunde scharten sich um mich. Der Saal war nicht eingestürzt, doch die König-Tut-Ausstellung lag in Trümmern. Irgendetwas sagte mir, dass wir nicht so schnell wieder zu den Freunden des Dallas Museum eingeladen werden würden.
    »W-was ist passiert?«, stammelte ich. »Wie lange –?«
    »Du warst zwei Minuten lang tot«, sagte Carter mit zittriger Stimme. »Das heißt kein Herzschlag , Sadie. Ich dachte … Ich hatte solche Angst …«
    Er verstummte. Armer Junge. Ohne mich wäre er echt verloren gewesen.
    [Aua, Carter! Hör auf, mich zu kneifen.]
    »Du hast Maat herbeigerufen«, sagte Alyssa verwundert. »Das ist … eigentlich unmöglich.«
    Offenbar war es ziemlich beeindruckend. Göttliche Worte zu benutzen, um etwas wie ein Tier oder einen Stuhl oder ein Schwert zu erschaffen – das ist schon schwer genug. Ein Element wie Feuer oder Wasser herbeizurufen ist noch wesentlich kniffliger. Aber ein Prinzip wie Ordnung herbeizurufen – das geht einfach nicht. In jenem Moment waren meine Schmerzen zu groß, um meine eigene Erstaunlichkeit zu bewundern. Mir kam es vor, als hätte ich einen Amboss herbeigerufen und ihn anschließend auf meinen Kopf fallen lassen.
    »Glück gehabt«, sagte ich. »Was ist mit dem goldenen Schrein?«
    »Agh!« Cheops deutete stolz auf das vergoldete Schränkchen, das wohlbehalten neben mir stand.
    »Braver Pavian«, sagte ich. »Heute Abend kriegst du eine Extraportion Cheerios.«
    Walt runzelte die Stirn. »Das Buch zur Niederwerfung des Apophis wurde zerstört. Wie soll uns der Schrein helfen? Du hast gesagt, er würde uns irgendeinen Hinweis geben …?«
    Es fiel mir schwer, Walt anzuschauen, ohne mich schuldig zu fühlen. Ich fühlte mich schon seit Monaten zwischen ihm und Anubis hin- und hergerissen und es war
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