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Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron

Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron

Titel: Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron
Autoren: Rick Riordan
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und Babi vertrieben hatte. Ich dachte an den albernen Schokoladenkopf Lenins, den er in Sankt Petersburg gekauft hatte, und wie er Walt und mich aus dem Portal im Roten Sand herausgezogen hatte. Er hatte einen gewaltiges, buntes, schräges, wundervolles Herz – und es schien mir unmöglich, dass er für immer verschwunden sein sollte. Er hatte sein unsterbliches Leben geopfert, nur um uns eine zusätzliche Stunde zu verschaffen.
    Ich konnte nicht aufhören zu schluchzen. Carter musste mich irgendwann wegziehen. Ich erinnere mich nicht, wie wir wieder nach Hause gekommen sind, aber ich erinnere mich daran, dass ich eher das Gefühl hatte zu fallen, als aufzusteigen – als hätte sich die Menschenwelt in einen Ort verwandelt, der tiefer und dunkler war als irgendein Ort in der Duat.
    An diesem Abend saß ich bei geöffneten Fenstern allein auf meinem Bett in meinem Zimmer. Die erste Nacht des Frühlings war überraschend warm und angenehm. Am Ufer funkelten Lichter. Die Bagel-Fabrik des Viertels erfüllte die Luft mit dem Duft frisch gebackenen Brotes. Ich hörte meine DEPRI -Playlist und überlegte, wie es sein konnte, dass mein Geburtstag erst ein paar Tage her war.
    Die Welt hatte sich verändert. Der Sonnengott war zurückgekehrt. Apophis hatte sich aus seinem Käfig befreit, und obwohl er wieder in irgendeinen tief gelegenen Teil des Abgrundes verbannt worden war, würde er sich sehr schnell erneut seinen Weg nach oben bahnen. Krieg stand bevor. Wir hatten so viel vor uns. Trotzdem saß ich hier und hörte mir dieselben Songs an wie früher, starrte auf mein Poster von Anubis und war in hoffnungslosen Grübeleien versunken, und zwar über etwas so Banales und Ärgerliches wie, ja, ihr habt richtig geraten: Jungs .
    Es klopfte an der Tür.
    »Komm rein«, sagte ich, wenig enthusiastisch. Ich nahm an, es wäre Carter. Wir plauderten oft am Ende des Tages, sozusagen als Einsatzbesprechung. Stattdessen kam Walt herein und mir war plötzlich sehr bewusst, dass ich ein zerfetztes altes T-Shirt und Pyjamahosen trug. Meine Haare sahen bestimmt mindestens so schrecklich aus wie die von Nechbet. Hätte Carter mich so gesehen, wäre mir das völlig egal gewesen. Aber Walt? Übel.
    »Was führt dich denn her?«, rief ich, einen Tick zu laut.
    Er blinzelte, offensichtlich überraschte ihn mein Mangel an Gastfreundschaft. »Sorry, ich kann auch wieder gehen.«
    »Nein! Ich meine … ist schon in Ordnung. Du hast mich bloß überrascht. Und – weißt du … wir haben hier Regeln, von wegen Jungs in Mädchenzimmern ohne, wie soll ich sagen, Aufsicht.«
    Ich weiß, das war superplump von mir, fast cartermäßig. Aber ich war nervös.
    Walt verschränkte die Arme. Es waren sehr ansprechende Arme. Er trug ein Basketballtrikot und Jogginghosen und um den Hals seine übliche Amulettsammlung. Er sah so gesund aus, so sportlich, dass man sich nur schwer vorstellen konnte, dass er an einem uralten Fluch starb.
    »Aber du bist doch die Lehrerin«, erwiderte er. »Kannst du nicht auf mich aufpassen?«
    Ich lief bestimmt knallrot an. »Klar. Wenn du die Tür angelehnt lässt … Äh, was führt dich her?«
    Er lehnte sich gegen die Schranktür. Zu meinem Schrecken bemerkte ich, dass sie noch immer offen stand und mein Poster von Anubis preisgab.
    »Es passieren so viele Dinge«, meinte Walt. »Du hast schon genug Sorgen. Ich möchte nicht, dass du dir auch noch meinetwegen Sorgen machst.«
    »Zu spät«, gab ich zu.
    Er nickte, als teile er meine Niedergeschlagenheit. »Dieser Tag in der Wüste, in Baharija … Würdest du mich für bescheuert halten, wenn ich dir erzählen würde, dass es der schönste Tag meines Lebens war?«
    Mein Herz schlug höher, aber ich versuchte ruhig zu bleiben. »Na ja, ägyptische öffentliche Verkehrsmittel, Straßenräuber, stinkende Kamele, psychotische römische Mumien und besessene Dattelfarmer … Mann, das war echt ein Tag.«
    »Und du«, sagte er.
    »Tja, ähm … ich gehöre vermutlich auch auf die lange Liste der Katastrophen.«
    »Das meinte ich nicht.«
    Ich kam mir wie eine ziemlich lausige Aufpasserin vor – nervös und verwirrt und mit sehr unaufpasserinnenmäßigen Gedanken beschäftigt. Mein Blick wanderte zur Schranktür, was Walt nicht entging.
    »Oh.« Er deutete auf Anubis. »Soll ich sie zumachen?«
    »Ja«, erwiderte ich. »Nein. Vielleicht. Eigentlich ist es nicht wichtig. Tja, nicht dass es nicht wichtig ist, aber –«
    Walt lachte, als sei ihm meine Verlegenheit völlig
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