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Die Kameliendame

Die Kameliendame

Titel: Die Kameliendame
Autoren: Alexandre Dumas
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Ausschweifungen teilnahm. Ich hoffte, mich dadurch zu töten. Und ich glaube, diese Hoffnung wird nun bald Wirklichkeit. Meine Gesundheit verschlechtert sich naturgemäß immer mehr. An dem Tage, als ich Frau Duvernoy zu Ihnen schickte, war ich körperlich und seelisch am Ende meiner Kräfte.
Ich wiederhole nicht, Armand, wie Sie mir auf den letzten Beweis meiner Liebe geantwortet haben, durch welche Schmach Sie die Frau, die sterbend der Stimme, die sie um eine Liebesnacht bat, nicht widerstehen konnte, aus Paris vertrieben haben. Wie eine Umnachtete hatte sie geglaubt, die Gegenwart und die Vergangenheit vereinen zu können. Aber Sie, Armand, hatten das Recht, so zu handeln, wie Sie es taten. Man hat mir nicht immer meine Nächte so hoch bezahlt. Nun ist für mich alles zu Ende. Olympia ist jetzt an meiner Stelle beim Grafen von N... Sie hat ihn, wie man mir sagte, über die Gründe meiner plötzlichen Abreise aufgeklärt. Der Graf von G... war in London. Er ist einer der Männer, die den Mädchen meiner Art für ihre Liebe das geben, was sie wert ist. Wenn ihre Zeit vorbei ist, dann bleiben sie den Frauen, die sie besessen haben, ohne Haß und ohne Eifersucht, Freunde. Er ist einer der Edelmänner, die uns ihr Herz nur ein wenig, aber ihre Geldbörse ganz öffnen. An ihn erinnerte ich mich damals und fuhr zu ihm. Er nahm mich sehr freundlich auf. Aber er war dort der Geliebte einer vornehmen Dame und fürchtete, sich mit mir ins Gerede zu bringen. Er stellte mich seinen Freunden vor, man gab mir ein Essen, und anschließend nahm mich einer von ihnen mit.
Was sollte ich tun, mein Freund? Mich töten? Das hätte Sie nur belastet. Wer könnte mit furchtbaren Gewissensbissen glücklich leben? Und warum soll man sich töten, wenn man dem Tode so nahe ist wie ich? Ich wurde ein Körper ohne Seele, ein Wesen ohne Gedanken. Einige Zeit lebte ich so dahin. Dann kehrte ich nach Paris zurück. Ich fragte nach Ihnen und erfuhr, daß Sie sich auf eine weite Reise begeben hatten. Nichts hielt mich mehr. Mein Leben wurde wieder so, wie es zwei Jahre früher war, bevor ich Sie kennenlernte. Ich versuchte, den Herzog wiederzugewinnen. Aber erfolglos, denn ich hatte diesen Mann zu grausam verletzt. Und ältere Männer sind nicht sehr duldsam, vielleicht weil sie wissen, daß das Leben nicht ewig währt. Meine Krankheit wurde täglich schlimmer. Ich wurde blaß, traurig und noch viel magerer. Männer, die Liebe kaufen, prüfen das, was sie kaufen wollen, zuvor. Es gab in Paris Frauen, die sich besser fühlten und voller waren als ich. Man vergaß mich ein wenig. Das sind die Ereignisse bis gestern.
Jetzt bin ich ernstlich krank. Ich schrieb dem Herzog und bat ihn um Geld, weil ich nichts mehr habe und die Gläubiger unnachsichtig ihre Rechnungen bezahlt haben wollen. Wird der Herzog mir antworten? Warum sind Sie nicht in Paris, Sie würden zu mir kommen, Armand, und Ihre Besuche würden mir guttun.
20. Dezember Es ist sehr schlechtes Wetter, es schneit und ich bin allein. Seit drei Tagen habe ich so hohes Fieber, daß ich Ihnen nicht ein Wort schreiben konnte. Es gibt nichts Neues zu berichten, mein Freund. Ich hoffe eigentlich täglich auf einen Brief von Ihnen. Aber es kommt keiner, und es wird auch keiner kommen. Einsame Menschen haben die Kraft, nicht zu verzeihen. Der Herzog hat nicht geantwortet. Prudence hat ihren Weg zum Leihhaus wieder aufgenommen. Ich huste unentwegt Blut. Oh, Sie würden traurig sein, wenn Sie mich sähen. Wie glücklich müssen Sie sein, Sie leben in heißen Ländern und kennen keinen eisigen Winter, der Ihnen auf der Brust lastet wie mir. Heute bin ich ein wenig aufgestanden. Hinter meinen Vorhängen sah ich das Pariser Leben vorbeihasten. Ich glaube, damit habe ich für immer gebrochen. Einige bekannte Gesichter gingen vorüber, rasch, sorglos, fröhlich. Nicht einer hob die Augen zu meinem Fenster. Aber einige junge Leute hinterließen ihre Karte. Ich war schon einmal krank, und Sie, der Sie mich nicht kannten, und von mir unhöflich empfangen worden waren, als Sie zum erstenmal in meine Loge kamen, Sie fragten jeden Morgen nach meinem Befinden. Nun bin ich wieder krank. Wir haben sechs Monate zusammengelebt. Ich habe für Sie so viele Liebe
empfunden, wie ein Frauenherz nur schenken kann. Und nun sind Sie fern und denken schlecht von mir. Und nicht ein Trostwort haben Sie für mich. Aber es ist nur der Zufall, der uns trennt. Denn wären Sie in Paris, das fühle ich, würden Sie mein Zimmer und mein
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