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Die Kalte Zeit

Die Kalte Zeit

Titel: Die Kalte Zeit
Autoren: Susanne Kliem
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Kruse. »Er geht von Brandstiftung mit Benzin aus. Die Feuerwehr hat beim Löschen einen Kanister gefunden. Und dann die Leiche. Nicht mehr viel zu erkennen.« Er räusperte sich. »Vermisst wird der Besitzer des Grundstücks, Konrad Verhoeven. Da hinten, das sind die Tochter und der Schwiegersohn.«
    »Wer ist der Einsatzleiter der Feuerwehr?«, fragte Zagrosek.
    »Er heißt Bräuer. Freiwillige Feuerwehr aus Kaarst. Sie bekämpfen noch immer die Glutherde. Die Brandwache soll bis morgen Mittag dauern.«
    Zagrosek beobachtete die Männer, die mit einem harten Wasserstrahl den Boden umpflügten. Er beneidete sie nicht um ihren Job. Stinkende Klumpen von Asche und Erde flogen ihnen um die Ohren.
    »Wir machen dann Feierabend«, sagte Kruse.
    Zagrosek dankte ihm und hauchte eine weiße Kondenswolke in seine Hände. »Mann, ist das kalt. Wieso läuft jemand mitten in der Nacht hier draußen durch die Tannenbäume?«
    Blessing zögerte. »Hattest du eigentlich schon geschlafen?«
    Ein prüfender Blick von der Seite. Blessing war sicher aufgefallen, wie schnell er nach ihrem Anruf beim Präsidium gewesen war. Von seiner Wohnung in der Tussmannstraße aus hätte er ein paar Minuten länger brauchen müssen.
    »Zum Glück nicht, und du?«, fragte er harmlos.
    Blessing verzog den Mund. »Konnte nicht einschlafen.«
    Zagrosek nickte. »Da kommt so ein Notruf doch gerade recht.«
    »Sehr witzig.« Blessing wandte sich ab. »Bringen wir es hinter uns«, sagte sie über die Schulter.
    Zagrosek folgte ihr. Blessing musste nicht erfahren, dass er gerade eine rauschende Liebesnacht abgebrochen hatte. Und schon gar nicht, dass es dabei um Vera ging. Niemand im Team musste das mitbekommen.
    Bräuer, der Löschzugführer, kam.
    »Wer hat denn den Brand gemeldet?«, fragte Zagrosek.
    »Herbert Graupner.«
    »Ein Anwohner?«
    Bräuer nickte. »Sein Haus liegt von hier aus gesehen hinter den Tannen.«
    »Wo habt ihr den Benzinkanister gefunden?«
    »Da oben, am Rand der Kultur. Durch den konstant starken Westwind hat sich eine Feuerwalze schnell vorgearbeitet. Diese Nordmanntannen sind sehr entzündlich wegen der ätherischen Öle in den Nadeln. Wir konnten nur von der windabgewandten Seite her löschen. Erst in der Mitte der Fläche haben meine Leute den Brand einigermaßen in den Griff gekriegt. Und die Leiche entdeckt.«
    »Na, dann zeigen Sie mal.« Zagrosek versuchte, locker zu klingen, aber sein Magen rebellierte. Er wollte diesen Toten nicht sehen.
    Die Kollegen vom Regionalkommissariat hatten bereits einen Trampelpfad mit Flatterband abgesteckt. Aber was sich hier an Spuren befunden haben mochte, war von dem Wasserstrahl der Feuerwehr umgepflügt worden. Ein Benzinstromaggregat brummte, mobile Leuchten erhellten den Weg.
    Bräuer ging voraus. »Ihre Klamotten können Sie hinterher wegschmeißen.«
    Zagrosek warf Wiebke einen Blick zu. Gut denkbar, dass sie ein nagelneues Jil-Sander-Kostüm unter ihrer Schutzkleidung trug, er hatte vorhin nicht darauf geachtet. Aber Blessing zuckte mit keiner Wimper, sie stapfte in ihren Gummistiefeln durch den Morast hinter Bräuer her. Der beißende Gestank der Asche kroch in jede Pore, setzte sich in das Haar. Es würde Tage dauern, bis sie ihn wieder los waren. Doch da drang der andere Geruch in Zagroseks Nase. Der, gegen den er versuchte, sich innerlich zu wappnen, seit er die Plantage betreten hatte. Es war der süßlich-würzige Duft nach gegrilltem Fleisch. Sofort hatte er das Gefühl, als drehe sich sein Magen um. Wie konnte es sein, dass ein toter Mensch, dessen Haut vom Feuer geröstet worden war, nicht anders roch als ein Spanferkel?
    Lennart Hage, der Rechtsmediziner, beugte sich über einen Körper, der auf dem schwarzen Boden kaum auszumachen war. Zagrosek zwang sich zu einem Blick. Ein zur Unkenntlichkeit entstelltes Gesicht, rote Stellen wie offene Wunden neben stark verkohlter Haut. Die Arme erhoben und angewinkelt, die Muskeln durch die Hitze zusammenzogen. Ein Mann zu einer Puppe geschrumpft. Regionalkommissar Kruse hatte Recht gehabt: nicht mehr viel zu erkennen.
    Lennart Hage nickte ihnen zu.
    »Kannst du schon etwas sagen?«, fragte Zagrosek ohne große Erwartungen.
    »Ein älterer Mann.« Der Rechtsmediziner richtete sich auf und fasste mit einer Hand in sein Kreuz. »Die Obduktion könnte interessant werden.«
    »Wieso?«, fragte Blessing.
    Hage blickte auf den Toten herab. „Nehmt mich noch nicht beim Wort, aber es gibt Anzeichen für Fremdeinwirkung. So wie es aussieht,
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