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Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Titel: Die Känguru-Offenbarung (German Edition)
Autoren: Marc-Uwe Kling
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er auf zu schreien und lächelt. So gut ein Pinguin, oder auch ein Shredder, eben lächeln kann.
    Ein Raunen geht durch die versammelten Kängurus. Ich höre ein paar heimliche »Ui! Wie niedlich!«-Ausrufe.
    »Das Böse dieses Küken ist!«, ruft Ken und steht auf. »Es töten wir müssen!«
    »Was?«, fragt das Känguru ungläubig und steckt den Shredder schnell wieder in seinen Beutel.
    »Es vernichte!«, ruft Ken.
    »Nein«, ruft das Känguru. »Mein Schatz!«
    »Mach schon! Los doch!«, ruft Ken. »Ins Feuer es wirf!«
    »Das Küken gehört mir!«, ruft das Känguru.
    Ken steht auf. »Worauf denn du noch wartest!«
    Seine Gestalt ragt bedrohlich über dem Känguru auf.
    Das Känguru seufzt. Dann greift es langsam in seinen Beutel.
    Ken setzt sich wieder.
    Das Känguru zieht einen Boxhandschuh aus seinem Beutel und schleudert ihn dem Guru ins Gesicht.
    »Ich fordere dich zum Duell!«, ruft es.
    Wieder geht ein Raunen durch die Anwesenden.
    »Mich du herausfordern willst?«, fragt Ken. »Verrückt du bist?«
    »Ja«, sagt das Känguru. »Aber das hat nichts damit zu tun.«
    Mühsam unterdrückte Wut spiegelt sich in Kens Gesicht.
    »Die Herausforderung ich annehme«, sagt er. 18
    18 Hier wäre die richtige Stelle für einen Cliffhanger. (Anm. des Lektors)
    »Nein, nein«, sage ich. »Ich nehme die Herausforderung an.«
    »Dich niemand hat herausgefordert«, sagt Ken.
    »Niemand hat mich herausgefordert«, sage ich.
    »Genau!«, sagt Ken. »Mich das Känguru hat herausgefordert.«
    »Nein!«, sage ich. »Das Känguru hat mich herausgefordert.«
    »Hab ich gar nicht«, sagt das Känguru. 19
    19 Alles überflüssig. Bitte streichen. (Anm. des Lektors)

»Wer sich seiner Vergangenheit nicht erinnert,
ist verurteilt, sie zu wiederholen.«
    Rocky Balboa
    Vor dem Känguru wird ausgebreitet: Boxhandschuhe, Katana-Schwerter, ein Bõ, zwei Sai, Nunchakus, eine Bazooka, eine Kettensäge, Paintballpistolen, American-Gladiator-Pads …
    Alle Anwesenden starren gespannt auf die Duellanten. Das Känguru hat mich zu seinem Adjutanten ernannt. Kens Adjutantin ist Victoria.
    »Der Herausforderer darf die Waffen wählen«, sagt sie.
    Ich nehme eine Streitaxt hoch und biete sie dem Känguru an.
    »Ich bin doch kein Zwerg«, sagt es.
    »Deine Waffe wähle«, sagt Ken arrogant. »Zögere nicht. Meine Zeit klein ist.«
    »Unter allem, was mir im Augenblick hier zur Verfügung steht, darf ich wählen?«, fragt das Känguru.
    Ken nickt.
    »Dann fordere ich dich zum Duell in einem herrschaftsfreien Diskurs nach den von Habermas aufgestellten Regeln: Wahrheit, Richtigkeit, Wahrhaftigkeit und Verständlichkeit und bitte darum, keine Witze über die Kombination Habermas und Verständlichkeit zu machen.«
    »Wie bitte?«, fragt Ken. »Was für ein Duell?«
    Das Känguru beginnt: »Du sagst, der Staat sei ein Werkzeug, das man den Kapitalisten entreißen könne, aber wenn du, nur mal angenommen, Kleinkünstler sein möchtest, was bringt es dir dann, dem Schmied den Amboss zu entreißen? Mit Ambossen kann man nicht jonglieren. Das Einzige, was man mit einem Amboss anfangen kann, ist: Schmied sein. Bedenke: Nicht nur der Arbeiter schleift das Werkzeug, auch das Werkzeug schleift den Arbeiter. Der Staat mag ein Werkzeug sein, aber er ist kein Schweizer Taschenmesser, kein Leatherman, kein Universalwerkzeug. Und wer die Geschichten, ich benutze hier bewusst den Plural, kennt, wird sich, ob der Probleme der revolutionären Staaten mit dem Staat, des Verdachtes nicht erwehren können, dass man sich schon mit dem Versuch, die Herrschaft zu übernehmen, so weit auf die Logik der Herrschaft eingelassen hat, dass man sie im Erfolgsfall fast zwangsläufig imitiert statt dekonstruiert.«
    Ein »Huh …« geht durch die Anwesenden.
    »Ich nicht verstehe«, sagt Ken irritiert.
    »Wer gegen den Triumph der repressiven Egalität in Reih und Glied demonstriert, hat ganz offensichtlich etwas sehr Wichtiges nicht verstanden«, sagt das Känguru.
    »Was hier vorgeht?«, fragt Ken verunsichert.
    »Wenn unser Ziel eine witzigere Welt ist, muss auch unser Widerstand schon witzig sein!«, ruft das Känguru.
    »Von so einem Duell noch nie ich gehört habe«, sagt Ken.
    »Wir können auch einfach Schnick, Schnack, Schnuck spielen«, sagt das Känguru.
    Ken macht große Augen.
    »Schnick, Schnack, Schnuck!«, ruft das Känguru.
    Ken hat einen Stein und das Känguru …
    »Ohne Brunnen!«, ruft Ken.
    »Das hättest du vorher sagen müssen«, sagt das Känguru.
    Ich nicke.
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