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Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras

Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras

Titel: Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras
Autoren: Gisbert Haefs
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1. Kapitel
     
    Dante ließ den Hammer fallen und richtete sich auf. Knie und Rücken schmerzten. Der Bart war naß von Gischt. Grau war er ohnehin.
    In den letzten Zehntagen waren seine Hände zuerst wund, dann schwielig geworden. Er starrte mit zusammengekniffenen Augen aufs Meer hinaus und rollte eine Zigarette.
    Die wichtigsten Dinge waren provisorisch instand gesetzt; an diesem Morgen hatte Barakuda morsche Planken vom alten Bootssteg gelöst und ersetzt.
    Beim fünften Versuch gelang es ihm, die Zigarette anzuzünden. Er inhalierte tief und blickte auf das Kombigerät an seinem Arm.
     
    {1}
     
    »Vierzehn Minuten nach Mittag«, brummte er. »Zeit zum Essen.« Er blieb jedoch auf dem Steg stehen, sah aufs Meer, wo unter dem Frühjahrsdunst schwach erkennbar die Grup pe kleiner Inseln lag, lauschte seinem Magen und rauchte langsam.
    Nach Barakudas Schätzungen mußte die Gendarmerie des Autonomen Territoriums an die dreihundert Kilo Dynamit verwendet haben, um einen Zugang zur Bucht zu schaffen. Der Strand unter den steilen Klippen bestand aus grobem Sand; wenn alles fertig war, würde man dort baden und vom Steg aus segeln oder fischen können.
    Der Steg wäre nicht an der Reihe gewesen. Eigentlich hatte Barakuda zusammen mit Begheli Papiere sortieren und sich den Kopf über Finanzen zerbrechen wollen. Außerdem waren defekte Stühle zu reparieren, und einige Steine des Kamins im Sammelraum fielen regelmäßig zu Boden, sobald das Feuer erlosch. Aber Pa’aira war mit einem Karren nach Cadhras gefahren, um Besorgungen zu machen, und darum hatte René Nardini Küchendienst. Bei derlei Verrichtungen pflegte Nardini heftig zu singen. Er besaß eine herrliche und laute Tenorstimme, verfügte aber nur mangelhaft über sie. Man mußte ihr gegenüber eine gewisse Fluchtdistanz einhalten, denn Nardini hatte kein Rhythmusgefühl und intonierte außerhalb des harmonisch Erlaubten.
    »Herbe Sache«, knurrte Barakuda. Er schnippte den Rest der Zigarette ins Meer. Hammer, Zange und Nägel packte er in den Beutel, warf ihn über die Schulter. Dann nahm er sechs der morschen Planken und machte sich auf den steilen Weg.
    Abgesehen von den Folgen seiner alten Verletzungen – das feuchte Frühjahr hatte ihm einige Anfälle von Nervenschmerzen an Hüfte und Schulter beschert, wo die künstlichen Gelenke saßen – fühlte er sich fit. Er trabte die langen, flachen Stufen hinauf, die vermutlich von Rekruten der Gendarmerie angelegt worden waren. Ein anonymer Künstler hatte mit farbigen Steinchen ein Mosaik in der Felswand hinterlassen. Es stellte einen Kraken dar, dessen aufgerissener Rachen so beeindruckend war, daß man erst spät das wichtigste Detail erblickte. Ein an seiner Uniform kenntlicher Ausbildungs-Sergeant wand sich in rachenwärts strebenden Tentakeln des Ungeheuers.
    Leise pfeifend schritt Dante über die abfallende Wiese; sie war von Frühlingsblumen gesprenkelt und duftete intensiv. Hinter der Koppel mit Pferden und P’aodhus begann der Wald aus alten Laubbäumen: Shilgat-Eichen, kerzenförmige Saglodis, ausladende Blutweiden, Minz-Ulmen und einige Eisenbäume. Letztere wuchsen etwa einen Meter pro Jahrzehnt und wurden bis zu 100 Meter hoch; im Wald von Shontar gab es ein Dutzend solcher Riesen. Und die ehemaligen Gendarmerie-Baracken waren von leuchtenden Blutweiden umgeben; Barakuda freute sich auf herbstliche Abenddämmerungen.
    Er nahm die Abkürzung, watete den von Büschen und Farn bestandenen Abhang hinunter. Der flache Stapelplatz unterhalb des Hangs war leer. Nach der harten Arbeit an den Gebäuden wurde es Zeit, erste Aufträge für die TraPaSoc zu beschaffen. Dante hatte einige Ideen, die der Ausführung harrten.
    Die fünf zweigeschossigen Gebäude des ehemaligen Ausbildungslagers bildeten ein nach Osten offenes Recht eck. Die beiden »Baracken« an der Südseite hatten einmal in großen Schlafsälen eine Hundertschaft Gendarmerie beher bergt; die beiden an der Nordseite waren Schuppen, Lager und Waschräume gewesen. Das Einzelhaus am Westkopf hatte als Zentrale gedient, mit Kantine und Büro. Alle Gebäude waren über Betonfundamenten errichtet, aus Lehmziegeln und Fachwerk.
    Es war schlimme Arbeit gewesen. Außer Fundamenten und dem größten Teil der Außenwände hatten sie fast alles ersetzt oder ergänzt. Zeit, Regen und Seeluft hinterließen Trümmer. Alles, was die Frauen und Männer der TraPaSoc benötigten, mußte mit quietschenden Karren weither geholt werden – Bauholz, Möbel,
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