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Die Jungfrau im Lavendel

Titel: Die Jungfrau im Lavendel
Autoren: Danella Utta
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daß ich hier bleiben möchte. Meine … meine Mutter«, sie stockte, es war sehr ungewohnt, dieses Wort auszusprechen.
    »Hm, ich verstehe«, sagte Clemens. »Hast du eigentlich heute mal so in Ruhe mit ihr gesprochen? Beim Frühstück oder so?«
    »Sie hat im Bett gefrühstückt. Aber sie wird morgen mit mir einkaufen gehen, hat sie gesagt.«
    »Das ist fein. Und sonst? Sonst hat sie nichts gesagt?«
    »Doch, sie freut sich, daß sie mich nun kennt. Und ich kann bei ihr bleiben, wenn ich will.«
    »Willst du?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen«, mischte Juschi sich ins Gespräch der beiden, nun wieder ganz gelassen, »daß Anita sich mit der Mutterrolle abfinden wird. Aber du kannst es ja mal versuchen, Virginia, wie es dir hier auf Dauer gefällt. Du kannst aber auch zu uns kommen nach München. Wir haben dort auch ein ganz hübsches Haus. Natürlich nicht so ein Prachtbau wie das hier, aber ich denke, daß wir in München eine Schule finden würden, in die du gehen kannst bis zum Abitur. Und sollte es Schwierigkeiten machen mit dem Wechsel der Schule, na, dann hängst du halt noch ein Jahr dran, das ist ja Wurscht. Bis dahin kannst du dir überlegen, ob du einen Beruf willst und welchen. Ich erkläre dir hiermit, daß ich dich sehr gern bei uns haben würde. Dein Vater, Ferdinand meine ich, war ein guter Freund von meinem Mann und mir, und ich habe daheim eine nette Familie. Den Burschen hier kennst du nun schon. Ich habe noch einen Sohn, der ist verheiratet und hat ein Baby, ein ganz kleines. Ich habe eine Tochter, die ist ebenfalls verheiratet und hat zwei Kinder. Weihnachten zum Beispiel sind sie immer alle bei uns. Das Baby ist noch ein bißchen klein, das wird dieses Jahr nichts davon haben. Aber die beiden anderen, die freuen sich wahrscheinlich jetzt schon auf Weihnachten.«
    »Was meine Mutter dir erklären will«, sagte Clemens, »heißt, wieder im Klartext gesprochen: Du könntest bei uns bekommen, was du nie gehabt hast, eine Familie. Und ich glaube, Liebe und Güte können wir dir auch offerieren. Aber natürlich will kein Mensch dich deiner neugefundenen Mutter wegnehmen. Du mußt das wirklich, so schwer es ist, allein entscheiden.«
    Eine Pause entstand. Virginia blickte Clemens an, der immer noch vor ihr stand, Hilflosigkeit, Unsicherheit lagen in ihrem Blick. Er legte den Arm um sie.
    »Na komm, reden wir mal einige Zeit nicht mehr darüber. Juschi reist morgen heimwärts. Ich bleibe noch eine Weile hier. Ich denke, wir sehen uns ab und zu, und du merkst dann auch, wie es dir hier im Hause so gefällt. Ehe ich dann abfahre, in einer Woche oder so, reden wir noch einmal in aller Ruhe darüber. Ja?«
    »Ich fliege morgen nach München«, sagte Juschi. »Dann fahr ich mit Ludwig nach Niederbayern und von dort in dein Kloster, um alles zu erklären, soweit es erklärbar ist. Vielleicht schreibst du auch noch mal einen Brief, ein bißchen ausführlicher als der erste. Kann ja auch sein, sie nehmen dich gar nicht mehr auf.«
    Womit Juschi, klarköpfig, wie sie war, den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Bei ihrem zweiten Gespräch mit der Oberin erfuhr sie, daß man eine Wiederaufnahme in die Klosterschule ablehne. Es würde doch zu viel Unruhe unter den anderen Schülerinnen verursachen, außerdem könne man Virginias Handlungsweise nach wie vor nicht billigen.
    Dafür brachte Juschi ein gutes Zeugnis für Virginia mit, die Nachricht, daß auch Teresa nicht mehr in die Schule kommen würde, sie hatte sich während der Ferien verlobt und würde noch in diesem Jahr heiraten, viele Grüße von den Zwillingen, die fragten, ob sie Virginia einmal besuchen dürften, wenn sie wieder daheim in Regensburg sein würden.
    Und die Kette mit den Opalen brachte Juschi auch mit nach München. Davon hatte Virginia noch gesprochen, an jenem Nachmittag im Garten des Mas Maurice.
    »Meine Kette … ich meine, die Kette, die mein … mein …«, sie stockte, »die er mir zum Geburtstag geschenkt hat, ob ich die wohl wieder haben darf? Sie stammt von seiner Mutter, hat er gesagt.«
    »Weißt du, Virginia«, sagte Juschi, »du kannst ruhig weiterhin sagen: mein Vater. Er war es doch für dich dein Leben lang. Gelegentlich werde ich dir einmal von ihm erzählen. Er hat wenig Glück in seinem Leben erfahren. Man sollte ihm nun nach seinem Tod nicht etwas wegnehmen. Du trägst seinen Namen, also kannst du ihn auch ruhig Vater nennen.«
    An diesem Punkt des Gesprächs war Anita gekommen, das Haar
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