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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo
Autoren: Lion Feuchtwanger
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wiederholt auf einer sehr viel höheren geistigen Ebene das Schicksal des Jud Süß.«
    Seit Ende des zweiten Weltkrieges war Feuchtwanger zwischen die ideologischen Fronten geraten. In den westlichen Ländern begegnete man den meisten Exilautoren ohnehin zunächst mit Vorbehalten; Feuchtwanger hatte sich zudem als Sympathisant der Sowjetunion ausgewiesen. In den östlichen Ländern galt die Emigration zwar als Beweis antifaschistischer Gesinnung, die Wahl des Exillandes aber doch als Warnzeichen prokapitalistischer Infiltration. So jedenfalls verstand man den Roman »Die Füchse im Weinberg« (1947), der schon allein durch seinen ursprünglichen Titel »Waffen für Amerika« zu geradezu absurden Vorwürfen aus Moskaugeführt hatte. Seitdem rechnete Feuchtwanger bei jedem neuen Werk mit Mißverständnissen, diesmal neben politischen vorwiegend mit religionsbedingten, hatte es doch bereits nach Erscheinen des »Goya« wegen der Darstellung der Inquisition Attacken seitens der katholischen Kirche gegeben. »Da der Roman in einem Spanien spielt, in welchem Araber, Christen und Juden gegeneinander kämpfen und intrigieren«, schrieb er am 25. August 1953 an Katia Mann, »ist es sicher, daß ich mich diesmal sowohl bei Katholiken und Juden wie bei den Arabern in die Nesseln setzen werde.« Und an Arnold Zweig: »Der alte Hebbel hat zu Emil Kuh gesagt: Wenn man nicht immerzu sein Bild mit dem Stock erklärt, dann versteht der ewige Stumpfsinn überhaupt nichts.« Die Idee, daß ein gekochtes Ei im Frieden besser sei als ein gebratener Ochse im Krieg, werde ihm »hier und bei den Verfechtern der Kreuzzüge nicht viel Freunde machen« (1. Februar 1954). Eher amüsiert als verärgert berichtete er Brecht von einer Fehldeutung anderer Art: »In meinem neuen Roman kommt ein überaus streitbarer Minnesänger vor, Bertran de Born. Ich habe ein paar seiner wüsten Kriegslieder übersetzt; es ging mir darum, die verderbliche Anziehungskraft des Kriegerischen, des Tyrtäischen zu zeigen. Ein Leser, dem ich das Kapitel unlängst gab, ließ sich’s nicht ausreden, daß das Modell meines Bertran de Born der Friedenspreisträger Bertolt Brecht sei; das bewiesen schon die Initialen ›B. B.‹.« (8. Februar 1955)
    Ernsthafte Einwände gab es aber dann lediglich wegen des Titels: In den USA und in Westdeutschland fand man, er sei zu »controversial«. Und so erschienen 1955 zwei Erstausgaben, von denen die eine »Spanische Ballade« (Rowohlt Verlag Hamburg), die andere »Die Jüdin von Toledo« (Aufbau-Verlag Berlin) hieß. Für letztere verfaßte Feuchtwanger ein Nachwort, das in den vorliegenden Band aufgenommen wurde.
    Über seinen Roman »Die Füchse im Weinberg« hatte Feuchtwanger geschrieben, sein eigentlicher Held sei jener unsichtbare Lenker der Geschichte, der Fortschritt heißt.Auch die »Jüdin von Toledo« durchzieht ein solches Grundprinzip: Es ist die Toleranz, personifiziert in den von Vernunft statt Fanatismus geprägten Vertretern der drei Religionen, Jehuda Ibn Esra, Rodrigue und Musa Ibn Da’ud, als Voraussetzung einer Gesellschaft, die den Frieden zwischen den Völkern möglich macht.
    Entgegen allen vorausgegangenen Befürchtungen verstand und akzeptierte man das in West und Ost gleichermaßen. »Die Rezensionen sind sehr zahlreich, beinahe alle sehr günstig und zum Teil sogar verständnisvoll«, schrieb Feuchtwanger am 24. Dezember 1955 an Arnold Zweig. Katia Mann rechnete den Roman zu seinen »allerbesten, ich habe ihn, was mir Altersabgestumpften nicht leicht vorkommt …, von Anfang bis Ende mit gespanntestem Interesse gelesen« (14. Januar 1958). In ähnlichem Sinne, natürlich viel differenzierter, äußerte sich auch die Literaturkritik. »Ein neues Meisterwerk deutscher Prosa« überschrieb die Zeitschrift »Neue Deutsche Literatur« die Rezension von Marcel Reich-Ranicki (Heft 3/1956). Alle Vorzüge der Epik Feuchtwangers leuchteten in diesem Roman in hellstem Licht, hieß es da. Besonderer poetischer Reiz hafte den Liebesszenen an, die von glühender Leidenschaft und der heißen Sinnlichkeit südlicher Temperamente erfüllt seien. Die Dialoge seien kunstvoll aufgebaut und mit großer gedanklicher Präzision und psychologischer Konsequenz geformt. Jehuda Ibn Esra erweise sich als eine der vollendetsten Gestalten, die Feuchtwanger geschaffen habe. »Mit dem Roman ›Die Jüdin von Toledo‹ hat Feuchtwanger einen wichtigen Beitrag zur Enthüllung der faszinierenden und verderblichen Anziehungskraft
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